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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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Parkettboden unter gut erhaltenen Orientteppichen quietschte bei jedem Schritt. Wir gingen weiter. Schweigen stand zwischen uns und verlieh der Ausstrahlung
der Räume eine besondere Intensität. Ein Empfangszimmer, ein Esszimmer, ein großer Salon, ein kleiner Salon. Die meisten Möbel waren im Empirestil, echt, soweit ich das beurteilen konnte, aber es gab auch moderne Sachen, und alles passte zusammen. Jeder Farbton, jeder Gegenstand trug zu einem wohltuenden Gefühl des Geborgenseins und des Behagens bei. Die Tapeten mit ihren verschiedenfarbigen Schattierungen, die Stiche, die in antiken Rahmen die Wände schmückten, die chinesischen Ziervasen in jeder Größe, die Lampen und Nippsachen, alle höchst kostspielig, bezeugten erlesenen Geschmack und große Sorgfalt. Viviane führte mich in einen Salon mit hohen Erkerfenstern, in die man rankenartig bunte Scheiben eingefügt hatte, die ein Blumenmuster bildeten – Wasserrosen und Lilien. Das Licht eines Kronleuchters verlieh den Farben etwas Mehrdimensionales, als ob sie in der Schwebe kaleidoskopisch schimmerten. Als Viviane mit leichten Schritten durch den Raum ging, schienen die Farben um sie herum zu schweben, wobei sie eine Art Lichtzelt bildeten, safranfarben, rosa und hellblau, wie in einer Kirche. Unter diesem Lichtzelt wandte Viviane sich um, deutete auf zwei große Gemälde.
    »Meine Großeltern.«
    Die Bilder, Acryl auf Papier, hingen neben dem Kamin, schräg gegenüber dem Fenster. Ich trat näher. Lavinia, die Großmutter, lehnte an einem Treppenpfeiler. Sie trug ein hellgrünes Kleid von unterkühlter Eleganz. Ihr blondes Haar war zu einem kunstvollen Chignon geschlungen. Bei aller Weichheit zeigten ihre ebenmäßigen Züge Mutwillen und etwas spielerisch Amüsiertes, als ob sie nahe daran war, in Lachen auszubrechen. Eine zarte, aber athletische Erscheinung, wirklich anmutig. Ein ganz besonderer Zauber ging von ihr aus, wobei die straffe Haltung, der feste Blick Intelligenz und Unerschrockenheit zeigten.
    »Sah sie wirklich so aus?«, fragte ich.

    Viviane nickte.
    »Ja, sie war eine berühmte Schönheit. Man kann sich nicht vorstellen, dass sie gelegentlich schmutzig und unfrisiert sein konnte, dass sie die Ställe ausmistete, im Garten arbeitete und sogar Schweine fütterte. Und Grandpa! Sah er nicht wie ein Filmstar aus?«
    Willbur Ogier war sehr groß und sehr langbeinig. Sein dichtes Haar hatte die Farbe verbrannten Holzes. Er trug einen dunklen Doppelreiher mit eng anliegendem Jackett. Dazu ein gepunktetes Halstuch. Er hielt einen grauen Hut in der Hand, von jener eleganten Sorte, die man Homburg nannte. Er zeigte eine feine, deutlich wahrnehmbare Energie, sehr beherrscht, aber vollkommen präsent. Sein Kopf war außerordentlich schön gebildet. Er hatte wirklich ein charaktervolles Gesicht, mit hoher Stirn, schmaler Nase und einem fest zusammengepressten, sinnlichen Mund. Es war ein aristokratisches Gesicht, das mit der Zeit einen intellektuellen Ausdruck angenommen hatte.
    »Wer hat die Porträts gemalt?«, fragte ich
    »Eine österreichische Malerin, die vor Hitler geflohen war. Meine Großeltern unterstützen sie. Ich finde die Bilder ziemlich gut.«
    Ich war fasziniert von den Farben, von der Reinheit der Malweise. Die Gesichter waren so ausdrucksstark, als ob sie lebten.
    »Sie sind wirklich wunderschön«, sagte ich.
    Viviane trat an den Barschrank, wo ihr ein ziemlich umfangreicher Vorrat an alkoholischen Getränken zur Verfügung stand, und hielt mir zwei Gläser entgegen.
    »Was möchtest du trinken? Whisky, Wodka? Gin, Mojito? Großvater trank zu jedem Anlass Burgunder. Wollen wir mal in den Weinkeller gehen?«
    »Nein, danke, keinen Wein«, sagte ich.
    »Etwas Gin vielleicht? Mit viel Soda?«

    »Ja, gerne.«
    »Setz dich!«, sagte Viviane. Ich ging auf einen Sessel zu. Sie zuckte leicht zusammen.
    »Nein, nicht da! Da sitzt Grandpa.«
    Ich wich zurück, entschuldigte mich.
    »War das sein Lieblingssessel?«
    »Er sitzt immer da, wenn ich Cembalo spiele. Er ist dann immer ganz glücklich und schaut mich so zärtlich an.«
    Ich setzte mich auf ein Sofa. Vivianes Vorstellungen waren für mich nichts Ungewöhnliches. Im gewissen Sinne teilte ich sie sogar.
    »Du spielst Cembalo?«, fragte ich.
    Sie deutete auf einen schönes, deutsches Cembalo, das auf einem Teppich in der Mitte des Raumes stand.
    »Ich war zwei Jahre auf der Musikschule. Da haben wir gelernt, verschiedene Instrumente zu spielen. Lavinia soll wunderbar gespielt haben.

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