Moni träumt vom großen Glück
ganz bestimmt recht ist?“
„Ist es, Marc, ganz bestimmt. Du“, ich sprach leiser – , „ich habe genau das gemacht, was ich dir versprochen hatte… am nächsten Tag. Ich habe Mutti alles erzählt – auch von dir, und sie sagte, du seiest bei uns sehr herzlich willkommen.“
Marc lächelte. „Ist aber nett, Moni. Ich freue mich darauf.“
Ich sah ihn an. Es war das erste Mal, daß ich ihm bei Tageslicht begegnete. An dem Abend, als wir uns kennenlernten, fiel es mir nicht auf, daß er in einem alten Pullover herumging und in einer Hose, die vielleicht zu Hause in der Einsamkeit berechtigt war. Jetzt trug er dieselbe Hose und denselben Pullover. Das Gesicht war blaß, und seine Hände trugen deutliche Spuren seiner nächtlichen harten Reinemache-Arbeit.
„Was tust du eigentlich hier, Marc?“ fragte ich.
„Oh, ich hole die Rente für meinen Opa. Er kann es nicht mehr selbst. Er ist eben zu alt geworden. Es geht ihm auch nicht besonders gut zur Zeit. Ach, das habe ich dir wohl nicht erzählt. Ich wohne mit meinem Großvater zusammen und kümmere mich ein bißchen um ihn.“
„Doch, das weiß ich, Marc“, sagte ich. „Mutti wußte das durch eine Bekannte. Sie kannte den Namen deines Großvaters. Ist er krank? Das tut mir aber leid.“
„Mir auch“, sagte Marc leise. „Aber nun laß deine Freundinnen nicht länger warten, Moni. Ich freue mich auf Dienstag. Ist es recht, wenn ich gegen halb acht komme?“
„Ja, wunderbar. Paßt großartig. Wir trinken um diese Zeit immer Tee, und dann sehen wir uns die Nachrichten an. Danach haben wir noch Zeit zum Plaudern, bevor du zu deinen ollen Eisenbahnwagen mußt.“
Ich reichte Marc die Hand. Seine war hart und rauh. Ich weiß nicht, woher das kam, aber plötzlich überkam mich eine große Zärtlichkeit bei seinem Händedruck. Ich wäre so gern recht nett zu ihm gewesen.
Ich drehte mich um, und jetzt erst bemerkte ich, daß Ruth und Melitta nur ein paar Meter weit weg standen. Sie hatten wahrscheinlich unser ganzes Gespräch mit angehört. Jedenfalls guckten sie Marc sehr aufmerksam an.
„War das dein Freund, Moni?“ fragte Melitta, als wir draußen auf der Straße waren.
„Ja“, sagte ich, „das war er.“
„Du hast jedenfalls einen sehr originellen Geschmack“, lächelte Melitta.
Vielleicht war es nicht boshaft gemeint, aber mir tat es weh.
„Wenn du ihn kenntest, würdest du mich direkt beneiden“, sagte ich. „Er ist ein durch und durch feiner Kerl, daß du es weißt.“
„O bewahre. Das habe ich doch keine Sekunde bezweifelt“, sagte Melitta. „Aber jetzt begreife ich, warum du nicht geneigt bist, mit ihm zum Tanzen zu gehen. Na, tschüß, Moni… und viel Vergnügen mit deinem Rentenempfänger!“
Die Tränen traten mir in die Augen. Ich war froh, daß ich mich auf und davon machen konnte, daß das roteWägelchen auf der anderen Straßenseite geparkt war. Ich lief schnurstracks nach Haus, und ich war wütend.
Sie konnten mir gestohlen bleiben, die mit ihren Wagen, mit ihren Freunden. Sie konnten mir überhaupt gestohlen bleiben. Ich wollte es ihnen schon zeigen! Ein bißchen Zeit noch, ein bißchen Zeit… dann wollte ich im eigenen Wagen angerollt kommen. Und was Marc betraf – ja, was ihn betraf, da war ich überzeugt, daß er eines Tages ganz anders aussehen würde als heute in seinem alten Pullover und seiner ungebügelten Hose.
Aber – verstehe es, wer kann – gerade so mochte ich ihn schrecklich gern. Gerade so – in der alten Hose und in dem abgetragenen Pullover – und mit den harten, rauhen, verarbeiteten Händen.
„Na, Moni, was hast du? Du siehst so… hast du was erlebt?“
„Ach“, sagte ich, „das auch, ja.“ Und dann platzte alles aus mir raus. Ich erzählte von Marc und Melitta und Ruth. Mutti lächelte ein bißchen. „Ach, Monikind, das solltest du nicht so furchtbar schwer nehmen. Melitta ist ein nettes Mädchen. Sie würde dich nie absichtlich verletzen. Denke doch daran, was für unvorsichtige, unüberlegte Sachen du selbst manchmal gesagt hast. Darüber kommst du schon hinweg. Glaub mir, das bedeutet wirklich gar nichts.“
Mutti hat eine wunderbare Fähigkeit, andere Menschen zu beruhigen und ihr Lächeln wieder hervorzulocken. Nach ein paar Stunden dachte ich auch wieder anders. Mutti hatte bestimmt recht. Melitta meinte es gar nicht so schlimm. Sie wollte mich bestimmt nicht verletzen.
Am folgenden Morgen regnete es in Strömen. Jetzt hatte ich wirklich Glück, daß ich mit dem kleinen
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