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Moni träumt vom großen Glück

Moni träumt vom großen Glück

Titel: Moni träumt vom großen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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jugendlichen Übermut, von der jugendlichen Lebensfreude, die er in dem Alter haben sollte. Dann hat er Sie getroffen, und da hat er sich geändert. Er hat das Lächeln gelernt. Irgendwie wurde er jünger und fröhlicher. Ich habe mich darüber so gefreut. Sein Leben ist ja ganz unnormal verlaufen. Es ist auch nicht richtig und nicht normal, daß er jetzt keinen Menschen außer seinem alten, kranken Opa hat. Verstehen Sie mich richtig: Wir mögen uns sehr gut leiden! Wir sind beide glücklich, daß wir uns gefunden haben, nur leider viel zu spät. Aber Marc soll doch mit jungen Menschen verkehren! Er hat immer nur gearbeitet, gearbeitet und geschuftet. Das ist verkehrt! Und sehen Sie, Moni, das was ich Ihnen nun schnell sagen wollte… nein, ich muß Sie erst etwas fragen, und bitte, antworten Sie ehrlich! Antworten Sie ohne Umschweife. Bedenken Sie, es ist ein alter, ein todkranker Mann, der Sie fragt. Versprechen Sie mir, meine Frage ehrlich zu beantworten?“
    Ich konnte kaum die Tränen zurückhalten. Ich nickte und schluckte. Dann sagte ich:
    „Ja, Herr Becker. Ich verspreche Ihnen, ganz ehrlich zu antworten, welche Frage es auch ist.“
    „Moni, mögen Sie Marc gern leiden?“
    „Ja, Herr Becker, diese Frage kann ich leicht beantworten. Ich mag ihn ganz schrecklich gern, und ich bin dankbar und glücklich, weil ich ihn kennengelernt habe.“
    Da zitterte der weiße Bart einen Moment so sonderbar, und ich glaube, jetzt mußte Opa einen Kloß runterschlucken.
    „Wie schön, daß Sie das sagen, Moni! Dann ist es auch viel leichter für mich, meine zweite Frage zu stellen: Wenn ich einmal nicht mehr da bin – und Moni, das wird nicht mehr lange dauern – , wollen Sie den Kontakt mit Marc aufrechterhalten? Würden Sie versuchen, ihn nicht aus den Augen zu verlieren? Wollen Sie versuchen – jedenfalls für einige Zeit – , der feste Punkt in seinem Leben zu sein? Sie sind so jung. Wir wissen nicht, wie das Leben für Sie weitergehen wird und wie für Marc. Aber in der ersten Zeit, wenn Marc allein ist? – Er braucht einen festen Punkt. Er braucht jemanden, zu dem er kommen kann. Verstehen Sie, was ich meine?“
    „Oh, Herr Becker, und ob ich das verstehe!“ So, nun mußte ich tatsächlich das Taschentuch zu Hilfe nehmen.
    „Aber Moni, weinen Sie doch nicht!“
    „Ich kann nichts dafür! Es ist so schrecklich, daran zu denken, daß Sie eines Tages…“
    „Moni, sterben müssen wir alle, und ich habe wenigstens diese große, große Freude gehabt in meinem letzten Lebensjahr. Ich habe meinen Enkel gefunden, oder vielmehr er hat mich gefunden. Sie können sich nicht denken, was das für mich bedeutet: Dies, was mir auf dem Herzen lag, bin ich losgeworden. Ich bin jetzt beruhigt und sehr glücklich. Ich danke Ihnen, kleine Moni!“
    Die magere alte Hand wurde mir quer über den Kaffeetisch gereicht. Ich weiß nicht, wieso es mich überkam, aber plötzlich beugte ich den Kopf und küßte die alte Hand.
    Dann wischte ich noch schnell mit dem Taschentuch über die Augen. Ich stand auf und ging im Zimmer auf und ab.
    Dann hatte ich mich wieder gefaßt, und als wir Marc im Flur hörten, saß ich wieder ganz ruhig dem Großvater gegenüber, und wir unterhielten uns über Weihnachten und den Schnee, der gar nicht kommen wollte, und über ganz alltägliche Dinge…
    Ich war tief bewegt und in Gedanken versunken, als ich kurz darauf die Treppe runterging. Als ich aus der Haustür trat, stieß ich mit einem Manne zusammen.
    „Oh, entschuldigen Sie – ach, Herr Clausen. Guten Tag!“
    „Oh, Fräulein… ach, wie heißen Sie doch gleich? Sie sind doch unser Babysitter?“
    „Hasseldorf“, half ich ihm.
    „Richtig, Fräulein Hasseldorf. Na, wie geht’s Ihnen? Sind Sie mir noch böse?“
    „I wo! Gar nicht. Ich glaube, ich habe mich nicht richtig bedankt für das fürstliche Honorar damals.“
    „Bitte, bitte. Hätten Sie nicht Lust zu noch einem fürstlichen Honorar?“
    „Das hätte ich.“
    „Ich fürchte aber, daß Sie es trotz allem abschlagen werden; denn am Heiligen Abend machen Sie wohl kein Babysitten?“
    „Nein, das allerdings nicht, Herr Clausen, das tue ich nicht. Am Heiligen Abend will ich zu Hause bei meiner Mutter feiern.“
    „Na ja, das kann man auch verstehen. Sagen Sie, Sie kennen wohl keinen Menschen, der am Heiligen Abend babysitten würde? – Natürlich nicht nachmittags, sondern… ja, es ist nämlich so, wenn wir mit unserem Jungen gefeiert haben und ihn gegen acht oder vielleicht

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