Moni träumt vom großen Glück
Ich war immer ausgeruht und ausgeschlafen, wenn ich freitags die Arbeit anpackte.
Mutti sah mich lächelnd an, als ich an einem Sonntagabend nach Hause kam.
„Weißt du was, Moni. Ich habe den Eindruck, daß dieser Job für Dich einfach eine Erholung ist. Du siehst zur Zeit sehr munter und frisch aus.“
„Aber Mutti, das ist kein Wunder. Ich mag die Arbeit. Sie macht mir viel Spaß. Ich kann nur eins nicht begreifen: In der letzten Zeit sind alle Leute netter, und sie sind wirklich zum großen Teil großzügig mit dem Trinkgeld. Kannst du begreifen, woran das liegt?“
„Gewiß kann ich das begreifen“, sagte Mutti. „Das liegt nicht an den Leuten, das liegt an dir.“
„An mir?“
„Na klar! Wenn eine junge Serviererin munter, fröhlich und hilfsbereit ist – denn das bist du bestimmt – , dann kriegt man Lust, ihr ein Trinkgeld zu geben.“
Die Worte „munter“ und „hilfsbereit“ schufen eine eigenartige Verbindung in meinem Kopf.
„Weißt du, Mutti, wer auch munter geworden ist, das ist Marc. Hast du nicht den Eindruck auch nach dem, was ich dir aus seinem letzten Brief vorlas?“
„Doch, Moni, ich habe den Eindruck, und es freut mich sosehr!“
„Und wo du doch alles verstehst, weißt du vielleicht auch dafür den Grund?“
„Oh, vielen Dank! Ich wünschte, ich könnte alles verstehen. Aber dies, glaube ich, verstehe ich doch. Wir sprachen einmal darüber, daß Marc sich immer wie ein Außenseiter gefühlt hat. Das hat sich geändert. Einmal durch die schöne Zeit bei seinem Großvater. Und dann hat er dich kennengelernt. Er weiß, daß wir ihn sehr gern mögen und das spielt gewiß eine große Rolle bei ihm. Vielleicht ist der Wunsch des Großvaters in Erfüllung gegangen und Marc betrachtet uns als festen Punkt in seinem Leben.“ Und ich dachte:
Ach, wenn ich für das ganze Leben der feste Punkt in Marcs Dasein bleiben könnte!
Walter
Als Jutta eines Tages Ende Juli bei mir vorbeikam, fand sie mich mit einer außerordentlich interessanten Arbeit beschäftigt. Ich ribbelte eine uralte Strickjacke auf. „Nanu“, sagte Jutta. „Was machst du denn?“
„Ich ribbele auf, wie du siehst, teure Freundin, mit der löblichen Absicht, nachher die Wolle zu waschen und mir einen neuen Pullover daraus zu stricken.“
„Mensch“, sagte Jutta. „Du bist ja auch ein Schaf! Wozu haben wir Muttis Strickapparat? Nun paß mal auf: Kannstdu bis morgen die Wolle gewaschen haben? Ich helfe dir beim Ribbeln. Dann komm zu mir, und wir werden eins – zwei – drei deinen Pullover fertig haben. Ich kenne mich mit Muttis Apparat aus, und morgen ist sie zufällig nicht da.“
„Ach Jutta, wie himmlisch! Denn wenn du denkst, daß ich mich auf das olle Stricken freue, dann irrst du dich.“
„Endlich kann ich dir einen kleinen Gefallen tun“, sagte Jutta, und sie strahlte förmlich.
Wir stellten das Fernsehen an, und während das lief, ribbelten wir alles auf, und Jutta zeigte mir, wie ich die Wolle am besten waschen konnte. Am folgenden Tag ging ich dann zu Jutta. Frau Brander war gerade dabei, sich fertigzumachen, um auszugehen. Sie hatte sich in der letzten Zeit richtig erholt. Die Sommersonne hatte ihr Farbe gegeben, und ihre Wangen waren auch etwas runder geworden.
„Sie sehen prächtig aus, Frau Brander!“ Da strahlte sie.
„Findest du? Ich habe es ja auch so gut, wie seit Jahren nicht mehr. Meine Jutta ist eine kleine Perle. Sie nimmt mir beinahe die ganze Hausarbeit ab. Und Walter… an dem habe ich eine ganz große Freude gehabt: Er ist im Geschäft schon befördert worden! Weißt du, Moni, so was ist nun mit das Schönste, was eine Mutter erleben kann.“ In dem Augenblick wurde mir klar, sonnenklar, daß ich an dem schrecklichen Apriltag richtig gehandelt hatte. Frau Brander setzte den Hut auf, nahm ihre Tasche und nickte uns freundlich zu:
„Dann viel Vergnügen, Mädchen! Jutta, du kennst dich ja ganz gut aus mit der Maschine. Wenn du vielleicht ein paar bunte Streifchen zu dem Weißen haben möchtest, Moni, dann könnt ihr euch aus dem Korb da bedienen. Da liegen so allerlei Reste. Du wirst bestimmt etwas Passendes finden.“
Dann ging sie. Jutta fing gleich an, die Maschen aufzuschlagen. Und dann ging das Stricken los. Nein, wie wunderbar schnell ging das, und wieviel Spaß müßte das machen!
„Jutta, darf ich mal selbst versuchen?“
„Natürlich, komm. Ich zeige es dir, setz dich mal her.“ Ich saß auf Juttas Platz und schob den Griff hin und zurück.
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