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Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition)

Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition)

Titel: Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jäckel
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wirst das doch nicht etwa ernst nehmen, Inge? Du wirst ihr doch wohl nicht eine Sekunde lang geglaubt haben? Du weißt doch, dass sie spinnt! Und du kennst mich doch gut genug, um zu wissen, dass ich nicht so ein Schwein bin. Schließlich bist du meine Schwester, schließlich hast du mich ja mit erzogen.«
    »Schon«, sagte meine Tante und schaute nervös auf mich, die ich darauf wartete, mich endlich in Luft aufzulösen. »Aber wie kommt sie darauf? Sie ist doch noch ein Kind. Woher kann sie solche Sachen wissen?«
    »Was weiß ich?«, rief mein Vater und fuchtelte mit den Armen in der Luft herum. »Wo sollen Kinder solche Sauereien schon aufschnappen? Auf der Straße, in der Schule – irgendwo.«
    »Vielleicht hat sie es gesehen?«, murmelte meine Tante. »Bist du sicher ... Ich meine, dass ... vielleicht hat sie Lena und ... dich ...«
    »Nie!«, sagte mein Vater, und er klang regelrecht empört. »Bei uns kriegt keines von den Gören etwas mit. Könnten wir ja gar nicht verantworten. Menschenskind, Inge, wofür hältst du mich denn? Weißt du überhaupt, was du da von dir gibst?«
    »Ich hab’s ja gar nicht so gemeint«, beschwichtigte Tante Inge ihn. »Aber es ist unerhört, ungeheuerlich – jawohl, das ist es! Du musst etwas unternehmen, Mani! Stell dir vor, sie trägt so etwas unter die Leute. Nicht auszudenken, was alles passieren könnte!«
    »Was sollte schon passieren?«, sagte mein Vater und sah mich dabei fest an. »Die Leute hier kennen mich doch. Die wissen doch, dass ich kein Kinderschänder bin. Die Monika saugt sich den Schwachsinn aus den Fingern. In dem Alter sind Mädchen nun mal irgendwie eifersüchtig und wollen den Papa für sich allein haben, und dann fantasieren sie eben rum – das ist alles. Musst du doch von dir selbst noch wissen. Du warst schließlich auch mal ein Kind.«
    »Stimmt schon«, sagte Tante Inge. »Trotzdem solltest du deiner Tochter mal ins Gewissen reden. Sie ist zwar noch ein Kind, aber schließlich alt genug, um zu wissen, was sie macht.«
    »Mach ich!«, nickte mein Vater und nahm seine Schwester in den Arm. »Bist doch meine Beste. Wenn ich dich nicht hätte, Schwesterherz!«
    Tante Inge strich sich die Haare aus dem Gesicht. »Sei aber nicht zu streng mit ihr«, bat sie. »Ich glaube, ihr ist inzwischen klar, was für einen Unsinn sie verzapft hat.«
    Mein Vater wollte nach Hause. Er winkte Georg und mich heran. »Den Kopf wird’s sie schon nicht kosten«, antwortete er seiner Schwester. »Aber eine anständige Tracht Prügel hat noch niemandem geschadet. Ich habe zu Hause schon ein schönes Stöckchen im Salz.«
    Tante Inge begleitete uns zur Tür. Mein Vater und Georg bekamen einen Händedruck, ich nicht. Ich wagte nicht einmal, mich umzudrehen und ihr wie Georg zum Abschied zuzuwinken.
    »Warte nur ab, bis wir zu Hause sind«, zischte mein Vater mir zu. »Du kannst dich schon mal vorfreuen, Engelchen.«
    Ich glaube, ohne Georgs Hand in meiner hätte ich den Heimweg nicht überstanden.
    Als wir zu Hause ankamen, war es schon dunkel. Meine Mutter machte uns die Tür auf. »Ist was?«, fragte sie, als mein Vater sich mürrisch an ihr vorbeischob und sie nicht wie sonst abknutschte.
    »Was soll schon sein?«, sagte er und stieß mich vor sich her. »Ärger mit der Alten natürlich.«
    Der Stoß, den er mir in den Rücken versetzte, ließ mich stolpern. Mein Vater riss mich an den Haaren hoch. »Der Teufel soll dich holen!«, schrie er, und ehe ich mich’s versah, war die Kinderzimmertür hinter mir zugeknallt.
    Einen Augenblick wusste ich nicht, wie mir geschah. Ich war regelrecht überrascht, dass die Schläge und die Beschimpfungen ausgeblieben waren, die ich erwartet hatte. Angestrengt lauschte ich an der geschlossenen Tür. Nur unverständliches Murmeln drang an mein Ohr. Einmal glaubte ich, eine Schranktür quietschen zu hören. Packten sie etwa meine Sachen schon? Wollten sie mich fortschicken, jetzt, mitten in der Nacht? Die Ungewissheit war schlimmer als eine Tracht Prügel. Mit angezogenen Beinen suchte ich in einer Zimmerecke Schutz. Ich wagte kaum, meine Nachtlampe anzuknipsen.
    Als meine Brüder einige Zeit später ins Kinderzimmer stürmten und mein Vater noch immer keine Anstalten traf, mich zu bestrafen, konnte ich mein Glück kaum fassen. Alle hatten Recht: Ich hatte den liebsten, den besten Papa der Welt! Vielleicht stimmte es ja, was Tante Inge gesagt hatte: dass ich mir die Spielchen mit ihm nur ausgedacht hatte. Hatte ich sie vielleicht

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