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Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden

Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden

Titel: Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PJ Tracy
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saß kerzengerade auf ihrem Stuhl, die Hände entspannt auf dem Schoß, einen Ellbogen leicht seitlich abgespreizt, um das leere Schulterhalfter auszugleichen. «Vor zehn Jahren waren wir alle Studenten im letzten Studienjahr an der University of Georgia in Atlanta.»
    «Verdammte Scheiße.» Harley schloss die Augen und schüttelte traurig den Kopf. Die restlichen Mitglieder der Monkeewrench-Crew schienen auf ihren Stühlen zusammenzusacken, als sei ihnen etwas Unwiederbringliches entglitten.
    «Fünf Menschen wurden in jenem Herbst auf dem Campus ermordet», fuhr Grace in brutal monotonem Tonfall fort, ohne Magozzis Gesicht aus den Augen zu lassen.
    «Guter Gott», murmelte Gino unwillkürlich. «Ich kann mich erinnern. Sie waren dabei?»
    «Aber ja.» Magozzi nickte, darauf bedacht, das Atmen nicht zu vergessen. Er hatte nicht genau gewusst, warum diese Leute in den Untergrund gegangen waren, aber mit einem derartigen Albtraum hatte er nie gerechnet. Er entsann sich an die Morde und den Feuersturm an Publicity, der darauf gefolgt war. «Das ist also der Fall, der in der FBI-Akte unter Verschluss gehalten wird?»
    «Richtig.»
    «Und welchen Sinn sollte das haben? Warum sollte man die Akte unter Verschluss halten? Wochenlang wurde doch in den Nachrichten fast über nichts anderes berichtet …»
    «Aber nicht über alles», sagte Annie trocken. «Es gab bestimmte Einzelheiten, die der Öffentlichkeit nie zugänglich gemacht wurden. Nicht einmal die Polizei von Atlanta erfuhr alles, und das FBI möchte es dabei belassen.» Magozzi äußerte sich nicht dazu. Sicher, es war durchaus möglich, dass das FBI eine Akte unter Verschluss hielt, um Fehler zu vertuschen, aber es war auch möglich, dass es geschah, um Beweismittel oder Zeugen zu schützen. «Okay.» Er sah Grace an. Sie war blass, offensichtlich angespannt, und sie blickte starr geradeaus. «Ich nehme an, Sie zählten zu den Verdächtigen oder waren zumindest mit den Opfern bekannt.» Grace sprach so emotionslos, als würde sie eine Einkaufsliste vorlesen. «Kathy Martin, Daniella Farcell, meine Mitbewohnerinnen. Professor Marian Amburson, meine Betreuerin und Kunstlehrerin. Johnny Bricker. Ich war eine Zeit lang mit Johnny ausgegangen, und wir blieben auch weiter eng befreundet, nachdem wir uns getrennt hatten.» Sie sah ihn zwar noch an, sagte aber nichts mehr.
    «Das wären vier», gab Magozzi ihr einen sanften Anstoß, und sie reagierte mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken.
    «Weil ich zu allen Opfern eine so enge Verbindung hatte, kamen die Polizei in Atlanta und das FBI nach dem vierten Mord zu der Überzeugung, ich sei das, was sie ein indirektes Opfer nannten. Dass wer immer die Morde beging, mich zu strafen versuchte, indem er Menschen auslöschte, an denen mir etwas lag, Menschen, auf die ich mich stützte. Also erfand man eine neue Freundin für mich, um den Killer in die Falle zu locken: Libbie Herold, FBI. Sie hatte zwei Jahre zuvor die Akademie verlassen und war sehr gut. Sehr professionell. An ihrem vierten Tag als meine Zimmergenossin brachte er sie ebenfalls um.» Magozzi behielt den Blickkontakt mit ihr bei, denn sie schien es so zu wollen. Alle anderen sahen auf die Füße oder den Boden oder die eigenen Hände, wo man typischerweise hinsah, wenn man sich von dem abgrenzen wollte, was um einen herum geschah. Nach einer höflichen Anstandspause ­ wenn man so wollte ­ fragte er sie: «Was ist mit dieser jetzigen Gruppe? Waren Sie damals auch schon befreundet?» Sie nickte, die Lippen zu einem wissenden Lächeln gewölbt, das mit guter Laune nichts zu tun hatte. «Mehr als das. Wir waren wie eine Familie. Und das sind wir noch immer. Und ja, das FBI hat uns alle überprüft …»
    «Gnadenlos unter die Lupe genommen», korrigierte Harley.
    Sein Gesicht war gerötet und sein Tonfall harsch und verbittert.
    «Und glauben Sie bloß nicht, uns entgeht, was Sie jetzt denken. Die Cops und die Feds haben uns auf dieselbe Schiene geschoben. Entweder ermordete Grace ihre Freunde, oder wahrscheinlicher noch, weil wir alle verschont geblieben waren, musste es einer von uns sein. Brach ihnen das Herz, als sie uns nichts anhängen konnten, oder hätte es zumindest getan, wenn die Drecksäcke ein Herz gehabt hätten.» Zum ersten Mal bemerkte Magozzi in Harley Davidson den Mann, dem er nicht gern in einer dunklen Gasse begegnet wäre. Er war nicht einfach nur verbittert, sondern in ihm tobte eine Wut, die im Laufe all dieser Jahre kein bisschen abgekühlt

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