Monkeewrench - 02 - Der Köder
wenn die Polizei um Informationen bat. Es wollte ihr nicht einleuchten, dass die Polizei einen Beschluss brauchte, die Telemarketer aber nicht, und daher hackte sie sich regelmäßig und voller Schadenfreude in diese Sites. Außerdem wusste Magozzi verdammt gut, dass sie zu diesem Mittel greifen würde, wenn er sie um Hilfe bat, ob darüber nun ausdrücklich gesprochen wurde oder nicht.
Bei den anderen Sites, zu denen sie sich Zugang verschaffen wollte – Steuerbehörde, Kreditkarteninstitute und FBI –, war die Rechtfertigung prekärer, aber das verlangsamte nicht das Tempo, mit dem sie zu dem großen IBM rollte und gut gelaunt die Finger über ihre Tastatur tanzen ließ. Sie war noch immer sauer auf das FBI, und manchmal hackte sie sich einfach aus reiner Bosheit in deren Sites. Aber diesmal war es etwas anderes. Sie tat es für Magozzi. Sie würde es ihm natürlich nicht erzählen. Es gab keinen Grund, den Mann damit zu quälen, dass er persönlich von Computerkriminalität Kenntnis hatte.
Das Telefon klingelte in dem Moment, als ihr Drucker kleine Tintentropfen in Form von Sternchen auszuspucken begann. Grace nahm ab und schmunzelte, als sie im Hintergrund Countrymusic und heiseres Gelächter hörte. «He, Annie. Was tust du denn schon morgens in einer Bar?»
Eine warme Stimme antwortete ihr schleppend und honigsüß. «Ich bin in keiner Bar, sondern in einer Cantina, und hier haben sie die besten huevos rancheros der Stadt.»
«Hört sich aber an wie eine Bar.»
«Liebes, hier unten hört sich sogar die öffentliche Leihbücherei an wie eine Bar. Die Leute wissen das Leben zu genießen. Grace, du musst deinen jämmerlich mageren Hintern dringend hier runterschaffen. Du wirst es nicht glauben. Ich blicke auf einen Raum voller Männer in Stiefeln und mit wahrhaftig echten Cowboyhüten, und weißt du was?»
Grace' Grinsen wurde breiter. «Ich wage nicht zu fragen.»
«Diese eingeborenen Jungs ziehen einem den Stuhl zurecht, lüften zur Begrüßung den Hut und sind überhaupt so aufmerksam, dass es dich vom höchsten Hocker haut. Und das Allerbeste ist, dass ich die dickste Frau in Arizona bin.»
«Darauf musst du ja sehr stolz sein.»
«Für Männer, die barocke Frauen mögen, bin ich das einzige Angebot im Regal. Was zum Teufel habe ich so lange in Minnesota gesucht? Da oben war ich nur ein Flusspferd unter vielen bei der Tanzgruppe in Fantasia, hier unten bin ich die große, üppige Pfingstrose in einer Reihe von verhärmten Gänseblümchen. Mein Gott, wie ich den Südwesten liebe, aber ich vermisse dein Gesicht. Zum Teufel, ich vermisse sogar Harley und Roadrunner.»
«Ich vermisse dich auch, Annie. Du könntest ein bisschen öfter anrufen.»
«Ich mache noch was viel Besseres. Ich komme dieses Wochenende angeflogen. Ich habe gestern Abend mit Harley gesprochen. Er sagt, das Wohnmobil müsste dieser Tage fahrbereit sein.»
«Du willst den Trip mitmachen?»
Annies Lachen kam aus tiefster Kehle. «Würde ihn niemals verpassen. Außerdem werden wir die Gelegenheit haben, das durchzugehen, was ich hier unten bisher zusammensammeln konnte. Du hast Magozzi doch gesagt, dass du fährst, oder?»
«Ich hab's ihm gesagt.»
«Hat er geweint?»
«Eigentlich… habe ich ihm nur von Arizona erzählt.»
Einen Augenblick lang konnte Grace am anderen Ende der Leitung nur einen schnulzigen Cowboysänger hören, der klagte, sein Herz am Busbahnhof von Tulsa verloren zu haben. «Du kleine Schlange», sagte Annie schließlich. «Du darfst den armen Mann doch nicht derart an der Nase herumführen. Wir haben bereits zusagt, bei dem Fall der vermissten Kinder in Texas zu helfen, und Harley sagt, die Anfragen häufen sich. Wir werden lange unterwegs sein, Grace. Du musst es ihm sagen… es sei denn, du denkst daran, da oben zu bleiben, den Mann zu heiraten und dir ein Haus ohne Gitterstäbe vor den Fenstern zu suchen, damit deine Kinder nicht wie Tiere im Zoo aufwachsen.»
«Sei bitte nicht albern, Annie. Eine solche Beziehung haben Magozzi und ich ganz und gar nicht.»
«Erzähl mir keinen Unsinn. Jedes Mal, wenn ihr beide euch anseht, habt ihr Sex, und miteinander zu schlafen ist nichts als eine Formalität, zu der ihr noch nicht gekommen seid.»
Grace blieb zwei Sekunden lang stumm, und das war ein großer Fehler.
«Mein Gott», sagte Annie. «Du denkst tatsächlich drüber nach, stimmt's?»
«Ich denke in letzter Zeit über vieles nach. Aber ich komme mit nach Arizona.»
Nach dem Telefongespräch mit Annie
Weitere Kostenlose Bücher