Monkeewrench 04 - Memento
und das hat im Mutterland eingeschlagen wie eine Bombe. Die sind in Horden aus Skandinavien hierhergekommen.»
Gino musterte skeptisch die öde Landschaft ringsum mit ihren Schneewehen, ihren zugefrorenen Seen und kahlen Baumskeletten und dachte an das tote Pferd, den toten Ochsen oder was es auch immer gewesen war. «Die waren bestimmt ganz schön sauer, als sie dann hier waren. Woher weißt du das eigentlich alles? Du hörst dich an wie ein wandelndes Lexikon.»
«Ich habe halt im Geschichtsunterricht aufgepasst. Warum weißt du das alles nicht? Ich dachte, Rolseth ist ein skandinavischer Name.»
«Ich dachte immer, ein deutscher, aber was weiß denn ich? Außerdem, wenn man sich die Geschichte der Wikinger so anschaut, muss man sowieso annehmen, dass jeder irgendwie ein bisschen skandinavisches Blut in sich hat.»
«Auch wieder wahr.»
Am Straßenrand tauchten Kneipen, Tankstellen und undefinierbare Pfahlbauten auf. Sie näherten sich einem weiteren Fixpunkt auf der Landkarte. Gino schaute angestrengt nach vorn und gab dann ein eigenartiges Schnauben von sich.
«Was denn?», fragte Magozzi.
Mit einem dümmlichen Grinsen deutete Gino nach draußen. «Da hängt eine Teekanne am Himmel.»
Magozzi schaute in die angegebene Richtung und entdeckte einen Wasserturm in Form einer altmodischen Teekanne. Er war mit skandinavischen Blumenintarsien verziert und trug die Botschaft: VÄLKOMMEN IM KLEIN-SCHWEDEN AMERIKAS. Magozzi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. «In der Tat.»
«Der ist wahrscheinlich einzigartig auf der ganzen Welt.» «Das will ich hoffen.»
«Jetzt sei doch kein solcher Spaßverderber. Das hat bestimmt irgendeine tiefere Bedeutung.»
«Oder auch nicht.»
«Stimmt, oder auch nicht. Aber einzigartig ist er, das muss man ihm lassen. Und wie viele Wassertürme mit Blumen hast du in deinem Leben schon gesehen? Da trinkt man das Wasser doch gleich viel lieber. Überleg mal, in White Bear Lake haben sie diesen Bären auf dem Wasserturm, da muss man die ganze Zeit an die Indianerlegende mit dem Bären im Wald denken.» Ein gedämpftes Piepsen erklang, und Gino zog sein Handy aus der Tasche. «Halleluja! Das Mistding hat endlich wieder ein Netz gefunden.»
«Dann wird das Wetter wohl besser. Oder wir befinden uns gerade in Reichweite des einzigen Funkmasts in der Gegend. Am besten beeilst du dich mit Reden.»
Gino nickte und drückte die Kurzwahltaste. «Ein Haufen Anrufe aus dem Büro, während das Ding im Koma lag. Vielleicht haben Tinker und McLaren den Fall ja schon gelöst, und wir können in Ferien fahren. Hey, Tinker, wir sind jetzt auf dem Rückweg. Was gibt's Neues? Wie, umdrehen? Wir sind gerade da weg, das ist das reinste Dritte-Welt-Land, ich kann dir sagen. Statt Funkmasten haben die hier Teekannen am Himmel und Häuser mitten auf dem See ... ja, schon gut, schon gut, warte kurz.» Gino zog sein Notizbuch und einen Stift aus der Tasche und schrieb dann schweigend mit.
Das Telefonat dauerte erstaunlich lange, und Gino schwieg die meiste Zeit, was Magozzi zunächst einmal als gutes Zeichen deutete. Offenbar hatte es in Minneapolis tatsächlich einen Durchbruch gegeben. Als er auf den Parkplatz des schwedischen Grillhauses einbog, erzählte Gino Tinker gerade von dem Schneemann auf dem See.«... aber wir können noch nicht sagen, ob es derselbe Täter ist. Der Typ hat ein Riesenloch in der Brust, es war also sicher keine .22er wie bei Deaton und Myerson. Und das Opfer ist auch kein Polizist, aber immerhin Vollzugsbeamter. Ein Bewährungshelfer aus Minneapolis, Steve Doyle heißt er. Tinker? Hey, Tinker, bist du noch da?» Dann schwieg Gino wieder und hörte zu, und seine Miene wurde immer grimmiger. «Wir kümmern uns hier darum», sagte er schließlich. «Und ihr findet in der Zwischenzeit heraus, wo Weinbeck am Freitagabend war, als es Deaton und Myerson erwischt hat. Ich rufe wieder an.» Er klappte das Handy zu und sah Magozzi an. «Wir müssen zurück zum Sheriff.»
Magozzi zog die Augenbrauen hoch. «Willst du vorher nichts essen?»
«Dafür bleibt keine Zeit. Du fährst, ich rede.» Gino setzte das Blaulicht aufs Dach, während Magozzi den Wagen schlingernd vom Parkplatz steuerte und dann so schnell, wie es ging, zum Lake Kittering zurückfuhr.
«Steve Doyle wird seit gestern Abend vermisst. Seinen letzten Termin hatte er mit einem gewissen Kurt Weinbeck, der gerade aus Stillwater entlassen worden ist, nachdem er seine schwangere Frau fast umgebracht hat. Weinbeck ist nie
Weitere Kostenlose Bücher