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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
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Stierle auf die Philippinen an Land gezogen hatte. Auch die Parteispenden-Affäre fand gebührende Erwähnung.
    Der Spiegel hatte sein Archiv gründlich durchforstet, und nicht nur das. Die Enthüllung weiterer ›pikanter Details‹ drohe, schrieb er, und schlug damit den Bogen zum Urgrund seiner enttäuschten Liebe: was da in den nächsten Wochen womöglich noch zutage gefördert werde, sei vielleicht die eigentliche Ursache für Spechts schmähliches Einknicken gegenüber Helmut Kohl. Der Mann habe einfach nicht den Rücken frei gehabt, um in den Angriff gehen zu können. Kein Zweifel: Der Spiegel präsentierte Oskar Specht die Rechnung; er legte auf ihn an.
    Specht nahm das Fax aus Hamburg fast kommentarlos zur Kenntnis. Man solle darauf hinweisen, daß er in jedem der genannten Fälle von einer privaten Einladung seines gewesenen Freundes Dr. Mohr ausgegangen sei, sagte er, und sich am Sonntag um fünfzehn Uhr in seiner Dienstvilla einfinden. Gundelach, Staatssekretär Dr. Behrens und Raible.
    Bevor sich Gundelach am Sonntag auf den Weg machte, rief der Chefredakteur eines Boulevardblattes bei ihm an und schlug folgendes Tauschgeschäft vor: Wenn Specht alles, was er auf der morgigen Pressekonferenz zu seiner Verteidigung vorzubringen gedenke, schon heute exklusiv der Zeitung berichte, so daß man Montag früh damit aufmachen könne, werde ihn die Redaktion so weit wie möglich schonen.
    Gundelach versprach, mit Specht darüber zu reden, war aber entschlossen, sich dem Ultimatum nicht zu beugen. Die Chance einer seriösen und überzeugenden Argumentation vor der gesamten Presse durfte nicht um einer Schlagzeile willen verspielt werden. Specht, der ihn an der Tür seines Hauses in offenem Hemd und Pullover empfing, sah es genauso.
    Während sie noch berieten, traf Raible ein und hielt eine Ausgabe von Bild am Sonntag in der Hand, die er am Kiosk gekauft hatte. In riesigen Lettern sprang ihnen die Überschrift entgegen: ›Die billigen Traumreisen des Oskar Specht‹.
    Im Wintergarten der Villa war eine größere Kaffeetafel gedeckt. Gundelach schloß daraus, daß noch mehr Teilnehmer zur Krisensitzung erwartet wurden. In der Tat erschienen nach Staatssekretär Behrens der Schatzmeister der Landes-CDU, Barner, Innenminister Schwind und Rechtsanwalt Dr. Stierle. Frau Specht folgte der Diskussion rauchend und meistenteils schweigend. Ab und zu schaute Tochter Christina vorbei und umarmte ihren Vater.
    Mein Gott, wie soll man hier offen reden? dachte Gundelach. Etwa im geselligen Plauderton fragen, was es mit den weiteren ›pikanten Details‹ auf sich hat? Wie die Andeutungen des Spiegel, vor allem Dr. Stierle habe Fernostreisen für Specht gebucht, zu verstehen sind? Ausgerechnet jetzt, da knallhartes Politikmanagement gefordert war, wich Specht in die wärmende Gemütlichkeit eines familiären Sonntagskaffees aus.
    Innenminister Schwind schien von ähnlichem Unbehagen erfüllt zu sein wie Gundelach. Alles muß auf den Tisch, drängte er. Alle Unterlagen müssen her!
    Doch Specht wollte durch das lockere Gruppenbild mit Freunden und Familie wohl demonstrieren, daß er absolut nichts zu verbergen habe. Alles ließ sich erklären. Jeder Vorgang war normal und harmlos.
    Die Reiterferien etwa. Christina wollte ja gar nicht. Man hat sie regelrecht überreden müssen, um nicht unhöflich zu erscheinen. Und Frau Mohr hat Frau Specht bedeutet, schon der Wunsch, die Kosten zu teilen, komme einer Beleidigung gleich. Oder die Ägäisreisen. Da ist der Einladungsbrief. ›Meine Frau und ich freuen uns sehr auf die gemeinsamen Tage mit Euch vor den Küsten Griechenlands‹. Sieht so ein Firmenschreiben aus?
    Selbstverständlich wird alles zurückbezahlt. Auf Heller und Pfennig. Das wird kein kleiner Brocken, und aus eigener Tasche hätten sich die Spechts das nie geleistet. Neunzigtausend geteilt durch zwei für eine Woche Rumschippern. Das wird er morgen auch sagen, daß es ihm nicht leicht fällt, das alles zu bezahlen. Die vierundachtziger Reise kommt ja auch noch hinzu und die war nicht viel billiger. Dann die Reiterferien. Und eine Stereoanlage, die Mohr ihm zum Fünfzigsten geschenkt hat, vermutlich auch auf Firmenkosten.
    Und ein paar Salzstreuer! wirft Frau Specht ohne den Versuch eines Lächelns ein.
    Das wird alles aufgelistet und dem Konzernvorstand oder dem Aufsichtsrat mit der Bitte zugeleitet, eine Rechnung über die zu erstattenden Kosten zu erstellen.
    Die DDR-Reise mit Sohn Ralf dagegen ist schon bezahlt. Da

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