Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Lippen zuckten verärgert. Wäre es nicht wirklich großartig, wenn er ein Mal, nur ein einziges Mal, eine Ratsversammlung hinter sich bringen könnte, ohne dass ihn der Pöbel unterbrach? Er riss sich die Lesebrille von der Nase und starrte entlang seiner aristokratischen Nase zornigen Blickes auf den Verursacher seiner Verärgerung herab.
René Piquemal. Natürlich. Wer auch sonst.
»Bedauerlicherweise werden zwei unserer Mitglieder am heutigen Abend durch einen Vertreter wählen, da es ihnen nicht möglich ist, an der Sitzung teilzunehmen«, sagte Pascal mit einem gezwungenen Lächeln.
Aber so leicht ließ ihn René nicht vom Haken.
»Ich möchte fürs Protokoll anmerken, dass ich zwei Stunden früher Feierabend gemacht habe, um hier teilzunehmen«, blaffte er. »Und ich wüsste rein interessehalber gern mal, wie lange es heutzutage dauert, von Toulouse herzukommen. Anderthalb Stunden?«
»Ich finde das auch ein wenig irritierend, um ehrlich zu sein«, warf Monique Sentenac ein. »Ich habe meinen Salon extra früher geschlossen. Wie kommt es, dass die anderen es nicht geschafft haben?«
»Was haben die überhaupt in unserem Gemeinderat verloren, wenn sie nicht einmal an den Sitzungen teilnehmen?«, heizte René die Stimmung mit Begeisterung weiter an.
»René hat nicht ganz unrecht. Sie wohnen ja nicht einmal hier …«
»Das ist doch albern! Sie haben jedes Recht, im Conseil Municipal zu sitzen. Ihre Familien haben seit Generationen hier gelebt.«
Und plötzlich, ohne dass sich Pascal wirklich erklären konnte, wie es geschehen war, hatte er die Kontrolle über die Sitzung verloren. Aus dem ganzen Raum ertönten mit einem Mal Stimmen, während Fatima still im Hintergrund vor sich hin kochte. Allein ihre finstere Miene verdeutlichte ihre Wut über die Unzulänglichkeiten ihres Mannes.
»… haben hier gelebt. Sehr richtig, Bernard. Vergangenheitsform! Heute leben sie nicht mehr hier.«
»Aber das haben wir doch schon alles durchgekaut. Wir sollten dankbar sein, dass sie überhaupt bereit sind, im Rat zu sitzen.«
»DANKBAR? Wofür denn? Dass sie uns an Festtagen und Feiertagen mit ihrer Anwesenheit beglücken?«
»Du liebe Güte, René.«
Gerade als die Sitzung kurz davorstand, in ein völliges Durcheinander auszuarten, stemmte Serge Papon seine kräftige Gestalt aus dem Stuhl in die Höhe und hielt Ruhe gebietend die Hand in die Höhe.
»Jetzt beruhigt euch mal wieder! Kommt runter! Diejenigen von uns, die es heute in der Tat hierher geschafft haben, wollen doch nicht die ganze Nacht hier verbringen, oder?« Er wartete, bis die Ratsmitglieder und eine Handvoll Zuschauer verstummten, und wandte sich dann mit einer hochgezogenen Augenbraue und einem sarkastischen Lächeln seinem Stellvertreter zu.
»Meinst du, du bist in der Lage, die Sitzung jetzt allein weiterzuführen, Pascal?«
Ein leises Lachen auf Pascals Kosten ging durch den Raum und ließ Fatimas Gesicht nur noch finsterer dreinblicken. Pascal setzte sich mit roten Wangen seine Brille wieder auf und begann den Antrag vorzulesen, über den in dieser Dringlichkeitssitzung abgestimmt werden sollte.
»Angesichts der Umstände des Verkaufs der Auberge des Deux Vallées und des möglichen Schadens, der sich aus diesem Verkauf für die Gemeinde von Fogas ergeben könnte, stelle ich, Pascal Souquet, stellvertretender Bürgermeister von Fogas, hiermit den Antrag auf eine zwangsweise Enteignung der Auberge durch die Gemeinde von Fogas aufgrund der von der französischen Republik erlassenen Verordnung …«
Langsam erfüllte aufgeregtes Stimmengewirr den Raum und übertönte Pascals Vortrag über die maßgeblichen Gesetze und Erlasse, da die Anwesenden zum ersten Mal das volle Ausmaß der Intrige des Bürgermeisters vernahmen.
Er hatte vor, die Auberge zu kaufen.
Mit Hilfe einer außergewöhnlichen Maßnahme, die jeder Gemeinde das Vorkaufsrecht eines Besitzes einräumte, der innerhalb ihrer Grenzen zum Verkauf angeboten wurde, beabsichtigte der Bürgermeister dem englischen Ehepaar die Auberge vor der Nase wegzuschnappen und seinen Schwager als Verwalter einzusetzen. Etwas Derartiges hatte es in der langen Geschichte von Fogas noch niemals zuvor gegeben. Und das alles im Namen der Gemeinde.
Es war ein genialer Plan, das musste Christian einräumen, während er dem erregten Geplapper lauschte und abzuschätzen versuchte, ob die Reaktionen positiv oder negativ ausfielen. Der Bürgermeister hatte sich sogar ein Argument ausgedacht, um die Klausel
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