Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Bergrücken gelegenen Dorf hinaufführte. Seine Ahnen und deren Nachbarn hätten La Rivière für das neue Rathaus wählen können, das, auf dem Talboden gelegen und zu der Zeit bereits mit einer kleinen Épicerie , einer Bar und einer Boulangerie ausgestattet, die naheliegendste Wahl gewesen wäre. Aber nein, trunken von der berauschenden Macht ihrer Errungenschaften hatten sie sich für Fogas entschieden und auf diese Weise dafür gesorgt, dass seither die Mehrheit der Gemeindemitglieder die umständliche Reise über die kurvenreiche, schmale Straße hinauf bewältigen musste.
Zu allem Übel führte die Straße einen nicht weit über das Dorf hinaus. Wenn man erst einmal in Fogas angekommen war, schlängelte sie sich einige Kilometer weiter, um sich dann in verschiedene, meist ungepflasterte Seitenstraßen aufzusplittern, die zu kleineren Nestern führten und meist Sackgassen waren. Es gab weder einen Laden noch eine Bar, und selbst die Post war vernünftig genug gewesen und hatte das Postamt der Gemeinde in La Rivière untergebracht. Abgesehen von der Ansammlung von Häusern, die das Dorf bildeten, und dem alten öffentlichen Waschplatz mit dem tropfenden Wasserhahn gab es in Fogas lediglich das Rathaus.
Als Christian den Wagen um die letzte Kurve steuerte und die Silhouette der Pyrenäen im sich verdunkelnden Himmel erblickte, musste er jedoch zugeben, dass die Aussicht grandios war.
»Endlich!«, rief er, als er den Wagen vor dem großen Steinbau zum Stehen brachte, dessen verwitterte Uhr an der Fassade im Winter immer eine Stunde nachging. Aufgrund des Beschlusses irgendeines Rats lange vor Christians Zeit war entschieden worden, dass es möglicherweise schädlich für die Uhr sein könnte, sie in jedem Frühjahr und Herbst umzustellen. Und nicht nur für sie, sondern auch für den betagten cantonnier , dessen Aufgabe es war, die Leiter zu erklimmen und die Zeiger vor- oder zurückzustellen. Diese Entscheidung war auch dann nicht gekippt worden, als der fette Bernard Mirouze vor einigen Jahren zum neuen cantonnier ernannt worden war, was der mit großer Erleichterung aufgenommen haben dürfte. Der Mann schaffte es ja kaum die wenigen Stufen zu seinem Haus hinauf, ohne zwischendurch zu pausieren, ganz zu schweigen von den Sprossen einer Leiter, die zum Dach des Rathauses hochführte. Daher ging die Uhr nur sieben Monateim Jahr richtig. Im Winter eilte sie eine Stunde vor, als versuchte sie, die Einwohner durch die dunkelsten Monate in Richtung der Verheißungen des Frühlings zu ziehen.
Christian wuchtete sich aus dem Wagen und bemühte sich, die unheilverkündenden Dampfmengen zu ignorieren, die unter der Motorhaube hervordrangen, als er zur Beifahrerseite schritt, um Josette mit der schwergängigen Tür zu helfen. Als sie sich bei ihm unterhakte und sie sich auf den Weg zum Rathaus machten, bemerkte er, dass ihre Hand zitterte und ihr Gesicht bleich war vor Anspannung.
»Du siehst ein wenig blass aus. Das liegt doch hoffentlich nicht an meinen Fahrkünsten?«
Josette brachte ein Lächeln zustande und tätschelte seinen Arm.
»Nein. Ich bin bloß nervös … Ich weiß, ich weiß …« Sie hob die Hand, um ihn von einer Antwort abzuhalten, da sie wusste, wie diese lauten würde.
»Ich weiß. Ich habe jedes Recht, hier zu sein. Ich wurde in einer demokratischen Abstimmung in den Gemeinderat gewählt, nachdem Jacques …« Sie geriet ein wenig ins Stocken, bevor sie sich räusperte und fortfuhr: »Aber es macht mich immer noch nervös. Und heute Abend werden wir einige Unruhe stiften, deshalb bin ich noch aufgeregter als sonst.«
»Jacques wäre stolz auf dich. Nur daran solltest du denken.«
Josette drückte zur Erwiderung seinen Arm, und sie stiegen die Stufen zu dem Licht und dem Lärm hinauf, die durch die Spalten der riesigen Holztüren nach draußen drangen.
»Hast du den Wagen abgeschlossen?«, fragte sie unvermittelt.
Christian warf ihr einen verschmitzten Blick zu.
»Den schließe ich nie ab. Und die Schlüssel stecken in der Zündung. Vielleicht habe ich ja Glück und jemand klaut ihn …«
Sie lachte, warf dabei den Kopf in den Nacken, wie er es schon sehr lange nicht mehr bei ihr gesehen hatte. Egal, was bei diesem ganzen Palaver herauskam, es war es auf jeden Fall wert, noch einmal Josettes Lachen gehört zu haben.
»Ich möchte mich zunächst einmal bei euch allen bedanken, dass ihr so kurzfristig erschienen seid …«
»Hm! Es sind aber gar nicht alle erschienen.«
Pascal Souquets
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