Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Froschfressern gelandet sind.«
Lorna war dankbar für die Gelegenheit, dem Chaos zu entfliehen – wenn auch nur für einen Augenblick. Sie nickte und steuerte auf die Küche zu, um den Campingkessel hervorzukramen, wobei sie sich innerlich schon darauf vorbereitete, die Kiste, die sie deutlich mit KÜCHE beschriftet hatte, in einem der Gästezimmer zu finden.
Sie stieß die Küchentür auf und lächelte. Während der einen Woche, die sie bereits hier waren, hatten Paul und sie pausenlos gearbeitet, und nun war der Raum, bei dessenBetreten sie sich vor einem Monat noch vor Ekel geschüttelt hatte, nicht mehr wiederzuerkennen. Die Edelstahloberflächen glänzten, die Fritteuse war sauber und von toten Reptilien befreit, und der Kühlschrank erinnerte nicht mehr länger an das Labor von Alexander Fleming.
Die gleiche Mühe hatten sie sich mit dem Rest der Auberge gemacht, unzählige Mäuseköttel entfernt, sämtliche Oberflächen abgewischt und unerwünschte oder kaputte Möbel im Garten gestapelt, um sie dort zu verbrennen. Der einäugige Hirschkopf war als Erstes aussortiert worden, gefolgt von einem Großteil der grausigen Bilder, die den Treppenaufgang gesäumt hatten, und der Flur kam einem gleich viel heller vor.
Auf dem Dachboden waren die großen Konservenbüchsen, die als Ersatzeimer gedient hatten, durch große Plastikgefäße ersetzt worden, unter die sie als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme noch Abdeckplanen gelegt hatten. Aufgrund der für die Gegend vorhergesagten schweren Stürme wollte Paul kein Risiko eingehen, insbesondere da sie erst nach Weihnachten in der Lage sein würden, irgendwelche Arbeiten ausführen zu lassen. Selbst nach einigem Jonglieren ihrer Finanzen hatten sie es aufgrund des schlechten Wechselkurses gerade einmal geschafft, genug für die dringendsten Reparaturarbeiten am Dach zur Seite zu legen. Und das auch nur auf Kosten der Erneuerung der Zentralheizung. Bis sie genug für einen neuen Heizkessel und einen neuen Öltank verdient hatten, würde Paul einige Reparaturen, so gut es eben ging, selbst erledigen müssen.
Es stand ihnen ein hartes Jahr bevor, da waren sie sich einig. Aber nun, da sie endlich hier waren, fühlten sie sich optimistischer gestimmt. Und die Mäuseplage schienen sie auch endlich in den Griff zu bekommen. Die aufgestellten Fallen mit der dunklen Schokolade hatten schon zehn derNager das Leben gekostet. Tomate hatte vier weitere getötet und die Kadaver auf der Hintertreppe liegen lassen. Und Paul hatte instinktiv eine Maus mit der Schaufel plattgemacht, als sie versuchte, vor ihm über den Kellerboden zu huschen. Angesichts der Tatsache, dass sie sich durch seine Schuld in eine zweidimensionale Maus verwandelt hatte, wäre es wohl ungerecht, zu behaupten, Paul sei ebenso traumatisiert worden wie das Tier, aber die Sache hatte durchaus ihre Spuren bei ihm hinterlassen.
Fünfzehn Mäuse in weniger als einer Woche. Das musste ein Weltrekord sein, dachte Lorna, als sie eine der drei Kisten, die auf dem Boden standen, zu sich herüberzog. Nach dem vergeblichen Durchwühlen des einzigen mit KÜCHE beschrifteten Umzugskartons (und die anderen beiden mit SCHLAFZIMMER beschrifteten außer Acht lassend) griff Lorna auf den Kochtopf zurück, der ihr seit ihrer Ankunft als Ersatzkessel diente. Ihre Hand schwebte über der ungeöffneten Schachtel der Teemarke PG Tips, die sie zuvor ausgegraben hatte, entschied aber, dass sie zu kostbar war, um sie an die Umzugsleute zu verschwenden, und wandte sich – wenn auch mit etwas schlechtem Gewissen – dem Lipton’s Tee aus dem Supermarkt in St. Girons zu.
Tee gibt’s schon, aber nicht wie wir ihn kennen, dachte sie, als sie die Teebeutel in die vier Becher plumpsen ließ, und sie fragte sich, ob ihre Teebesessenheit wohl die letzte kulturelle Hürde sein würde, die es zu nehmen galt. Sie rührte die drei obligatorischen Löffel Zucker für die Umzugshelfer in den Tee, griff sich alle vier Becher und atmete ein Mal tief durch, bevor sie in den Speiseraum zurückkehrte.
Und tatsächlich stand ein Bett in der Ecke, Kistenstapel blockierten die Tür zum Flur, mittendrin Paul, der versuchte, die Männer anzuweisen, und sich dabei ebenso das Haar raufte, wie sie es vor wenigen Minuten getan hatte.
»Nein, dort rüber … dort … na schön, dann lassen Sie ihn stehen …«
Er erblickte die kichernde Lorna im Türrahmen zur Küche und vollführte ein typisch französisches Schulterzucken, als die Möbelpacker den Fernseher
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