Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
wie er ihn im Gesicht hatte, wohl gar nicht anders herumschauen konnte!
Als sie schließlich wieder ins Tageslicht hinausgestolpert waren und ihnen das Sonnenlicht wie Nadeln in die nun empfindlichen Netzhäute gestochen hatte, war ihnen der Segen des Bürgermeisters gewiss gewesen, der sich ihrer Pläne für die Auberge versichert hatte. Er hatte sie sogar hinausbegleitet, den Arm herzlich um Pauls Schultern gelegt, und ihn als neuen Sohn der Gemeinde begrüßt.
Mit einem Mal fiel Lorna ein, dass sie Paul in den Händen der Möbelpacker zurückgelassen hatte, und sie stieß sich rasch von der Mauer ab und ging weiter in Richtung Laden. Ein kleiner silberner Wagen stand davor. Er sah aus wie das Auto des Bürgermeisters. Lorna lächelte und beschleunigte ihren Schritt. Er würde sich bestimmt freuen, sie zu sehen.
»Und eine davon.« Serge Papon deutete mit einem dicken Finger auf eine der Wurstketten, und Josette durchschnitt die Schnur, mit der sie an der Decke aufgehängt war, um die Wurst dann geschickt mit einer Hand zu fangen und sie der mit Einkäufen gefüllten Tasche hinzuzufügen, die auf dem Boden stand.
»Ist eine Schande, dass mir Jacques nie erzählt hat, wo ihr sie herbekommt«, sagte Serge leichthin und überprüftedabei eifrig die Einkaufsliste, die seine Frau mit sauberer Handschrift erstellt hatte. »Er wollte es mir verraten, weißt du, bevor er …«
Josette lächelte nur und zog eine Augenbraue in die Höhe. Manchmal kam man fast nicht umhin, die Dreistigkeit dieses Mannes zu bewundern. Als ob Jacques ausgerechnet ihm das Geheimnis ihrer Saucisson verraten hätte! Es war gerade die Berühmtheit der würzigen Wurst, die Jacques’ Familie vor so vielen Generationen auf die Idee gebracht hatte, die Épicerie zu eröffnen. Und sie für ihren Teil hatte nicht vor, Serge Papon auch nur irgendetwas darüber zu verraten.
Nur über meine Leiche, dachte sie, als sie die Summe aufaddierte. Oder besser noch, über seine.
»Bonjour!«
Josette schaute von ihrem Notizblock auf und erblickte Madame Webster, die gerade den Laden betreten hatte und in eine Wolke Rasierwasser gehüllt wurde, als Serge sie auf die Wangen küsste.
» Bonjour, Madame Web Ster«, rief er begeistert, und die Art, wie er ihren Namen aussprach, betonte nur noch dessen Fremdheit. »Wie geht es Ihnen? Gut? Und Monsieur Web Ster?«
Josette sah zu, wie die arme Frau, die sich von seiner Jovialität täuschen ließ, sein Lächeln freundlich erwiderte.
»Es … geht … ihm … gut«, erwiderte sie mit ihrer bedächtigen Sprechweise, mit der sie die fremde Sprache zu meistern versuchte. »Alles hier. Betten. Tische. All unsere Sachen.«
»Aha! Ihre Möbel sind eingetroffen!«, fuhr Serge fort, so als hätte er nicht bereits den riesigen Möbelwagen mit britischen Nummernschildern gesehen, der draußen vor der Auberge parkte.
»Ja. Möbel. Wir … sind … sehr … beschäftigt.«
Madame Webster wedelte mit den Händen und schnitt dann eine Grimasse, um zu verdeutlichen, wie stressig das alles war, was Josette zum Lachen brachte. Auffallenderweise stimmte Serge nicht mit ein. Er beobachtete die Engländerin aufmerksam, und mit einem Mal war da ein verschlagener Ausdruck in seinen Augen. Aber Madame Webster bemerkte dies gar nicht. Sie war damit beschäftigt, Brot und einige Plätzchenschachteln zusammenzusuchen, die sie auf die Theke legte – ein gutes Stück von der Glasvitrine entfernt.
Josette nickte zufrieden. Die lernte ja schnell. Anders als so manche hier.
»Für die Männer, die Möbel tragen«, erklärte Madame Webster. »Mit eine Tasse Tee.«
»Hahaha! Wie typisch englisch!« Serge hielt sich tatsächlich den Bauch und tat so, als lachte er herzlich. »Einä Tassä Tää!«, wiederholte er in grauenhaftem Englisch.
Madame Webster lachte mit ihm, ganz offenbar erfreut über seine haarsträubenden Versuche, den kulturellen Graben zu überwinden, und Josette musste ein verächtliches Schnauben unterdrücken, als sie das Wechselgeld aushändigte.
»Okay. Vielen Dank. Auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedärsähn«, intonierte Serge in mühsamem Englisch, als sie den Laden verließ. Er erwärmte sich langsam für seine Sprachakrobatik.
Nachdem sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, wich das Lächeln sogleich von Serges Gesicht. Aber er griff nicht nach seiner Einkaufstasche, um sich auf den Nachhauseweg zu machen, sondern marschierte zielstrebig in die Bar und stopfte sich unterwegs den Einkaufszettel in seine
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