Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
knallte die Tasse auf den Unterteller. »Es ist schon schlimm genug mit meinen Eltern, da musst du nicht auch noch anfangen.«
»Was ist denn mit deinen Eltern?«, fragte Josette, die gerade in den Laden zurückkam und die Tür zur Bar leise hinter sich schloss.
»Nichts«, murmelte Christian und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Wie geht’s ihr?«
»Sie schläft. Wir werden sie eine halbe Stunde in Ruhe lassen, und dann kannst du sie nach Hause bringen. Die Ärmste ist völlig erschöpft.«
»Geht klar. Was ist mit Chloé?«
»Sie ist bei Maman«, sagte Véronique. »Ich habe es geschafft, sie telefonisch zu erreichen, und sie haben auch wieder Strom, also ist sie für den Moment gut aufgehoben.«
Christian nickte. Er war immer noch nicht in der Lage, Véronique in die Augen zu blicken. Komisch, dass es ihm so viel bedeutete, was sie von ihm hielt.
»Also, was werden wir jetzt machen?«, wollte Josette wissen, die ihren Lappen zum Glasreinigen zusammenfaltete und in eine Schublade legte.
Christian seufzte. »Wir können nicht viel tun. Der Bürgermeisterhat uns alle zum Narren gehalten und dafür gesorgt, dass wir uns in die Haare geraten. Und es gibt rein gar nichts, was wir dagegen unternehmen können.«
»Blödsinn!«
Da war etwas im Klang von Josettes Stimme, das Véronique und Christian kerzengerade stehen ließ.
»Er hat uns also für dumm verkauft, na und? Willst du etwa allen Ernstes behaupten, dass wir diese Angelegenheit nicht unter uns klären können?«
Christian starrte aus dem Fenster, wo die Auberge nach dem Schneegestöber wieder zu sehen war.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihnen immer noch helfen will«, gestand er, während er sich Josette wieder zuwandte. »Nicht nach dem, was mit Sarko passiert ist.«
»Du weißt doch gar nicht, ob das ihre Schuld gewesen ist«, protestierte sie.
»Nein, aber mehrere Leute haben gesehen, wie sie nach seinem Ausbruch aus Richtung Picarets spaziert kamen, und jetzt wissen wir, dass sie einen Grund hatten. Laut Stephanie dachten sie, ich sei Schuld an der Prüfung.«
Josette nickte zustimmend. »Mag sein, dass sie dich für diesen Schlamassel verantwortlich machen, aber das heißt doch nicht, dass sie Sarkos Gatter geöffnet haben.«
»Aber wer denn dann?«
Josette gab einen verärgerten Laut von sich. »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass dies eine sehr belastende Situation ist, die die Gemeinde auseinanderreißen könnte. Und soweit ich das sehe, besteht die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, darin, zu versuchen, einander zu helfen.«
»Aber selbst wenn wir dazu bereit wären, Josette«, sagte Véronique, »woher sollten wir das Geld bekommen, das sie brauchen, damit sie die Auberge wieder öffnen können?«
Dieses scheinbar unüberwindbare Hindernis versetzteJosette einen schmerzlichen Dämpfer, und die Energie, die sie zum ersten Mal seit Tagen wieder verspürte hatte, verpuffte.
Sie ging entmutigt in die Bar hinüber und schaute nach Stephanie, die am Tisch saß, den Kopf auf die Arme gelegt, und fest schlief. Jacques stand dahinter und strich ihr mit der Hand über das Haar, wie er es früher, kurz nach ihrer Hochzeit, immer bei Josette getan hatte. Er lächelte sie an und hielt einen Finger an die Lippen, was sie beinahe zum Lachen gebracht hätte.
Ein Geist forderte sie auf, still zu sein.
Sie schüttelte den Kopf angesichts dieser Absurdität und schlenderte zum Fenster hinüber.
Dort stand die Auberge . Sie war mit Schnee bedeckt und lag im Dunkeln, kein Licht war an ihren Fenstern zu sehen.
Josette lehnte sich gegen das kalte Glas. Ihr Atem ließ das Fenster beschlagen und verschleierte die Sicht.
Sie musste sich unbedingt etwas einfallen lassen.
Im Augenblick war das das Einzige, was sie weitermachen ließ. Sie starrte, ohne wirklich etwas zu sehen, aus dem Fenster des Ladens, bis der Schnee wieder zu fallen begann. Er glich einem schweren Vorhang, den jemand quer durch die Gemeinde zugezogen hatte und die Auberge hinter seinen Falten aufs Neue verhüllte.
Kapitel 11
Als es endlich aufhörte zu schneien, war das Weihnachtsfest für die Einwohner von Fogas fast unbemerkt vorübergegangen. Sie waren so beschäftigt gewesen mit den Stromausfällen, dem schlechten Zustand der Straßen, ihren rasch dahinschwindenden Holzvorräten und der Gefahr, Bernard auf seinem Schneepflug zu begegnen, dass der besondere Tag vergangen war, ehe die Festlichkeiten überhaupt begonnen hatten.
Der Weihnachtsbaum der Gemeinde war, wie
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