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Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Titel: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Stagg
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Ahnung hätte, wer der Vater sein könnte.«
    Während sie dies sagte, richtete Thérèse Papon ihren Blick zum ersten Mal auf Annie, und als die den Schmerz und die Traurigkeit in den grauen Augen sah, begannen sie Schuldgefühle zu plagen.
    »Ich glaube, ich weiß es, nicht wahr, Annie?«
    Annie stöhnte, und die Mistgabel glitt ihr aus der Hand, denn ihre Gliedmaßen wurden mit einem Mal taub. Sie bekam weiche Knie und hielt sich nur noch mit Hilfe des Futtertrogs aufrecht.
    Wie lange wusste Thérèse es schon? Man konnte es nicht einmal als Affäre bezeichnen. In ihrer Welt, in der die Männer für gewöhnlich nur die Rundung eines Kuhhinterns oder den Gang eines Pferdes bei dessen Verkauf bemerkten, hatte sich Annie von den Aufmerksamkeiten des stellvertretenden Bürgermeisters geschmeichelt gefühlt. Aber das Ganze war nur ein Mal außer Kontrolle geraten. Nur ein einziges Mal. Und sie war schwanger geworden.
    »Schon gut. Ich verstehe das«, fuhr Thérèse leise fort. Sie lachte trocken. »Er kann sehr überzeugend sein.«
    Ihr Blick senkte sich wieder auf den Boden, als konzentriere sie sich darauf, Kraft für ihren nächsten Satz zu schöpfen, und für eine kleine Weile füllte eine lastende Stille den Stall.
    »Es tut mir leid, Annie. Es fällt mir nicht leicht, das zu sagen«, erklärte sie schließlich. »Aber ich glaube, ich habe keine andere Wahl. Du musst die Sache beenden.«
    »Ist schon längst vorbei … Hat ja nie wirklich angefangen… Tut mir leid«, stammelte Annie, beschämt von der würdevollen Art, wie Thérèse mit der Affäre umging, und verzweifelt bemüht, ihr zu versichern, dass das Ganze der Vergangenheit angehörte.
    »Das meinte ich nicht«, flüsterte sie. »Die Schwangerschaft. Du musst die Schwangerschaft beenden. Du musst … du musst abtreiben.«
    »NEIN!« Annie wich erschrocken zurück, und ihre Hände umklammerten unwillkürlich ihren Bauch, um ein Leben zu schützen, das sie vor zehn Minuten noch beklagt hatte. »Das kann ich nicht. DAS WERDE ICH NICHT TUN.«
    »Bitte, ich flehe dich an«, bettelte Thérèse, und ihre Gefasstheit begann zu schwinden. Ihre Hand umklammerte Annies Arm mit einer Kraft, die ihre zierliche Gestalt Lügen strafte. »Versteh doch. Wir konnten keine … Ich kann keine Kinder bekommen, und wir haben uns damit abgefunden. Aber wenn er erfahren sollte, dass du sein … sein Kind bekommst …«
    Bei den letzten Worten schnürte es ihr die Kehle zu, und sie verstummte mit einer Miene der Verzweiflung. Sie holte tief Luft und fuhr mit vor Erregung zitternder Stimme fort.
    »Er hat sich immer so sehr ein Kind gewünscht. Er wird mich verlassen, wenn er es erfährt. Wenn er herausfindet, dass er der Vater ist. Bitte, Annie, bitte. Tu mir das nicht an.«
    Sie nestelte an dem Verschluss ihrer Handtasche herum und zog einen Umschlag heraus, der dick gefüllt war mit Geldnoten.
    »Ich werde auch dafür zahlen«, sagte sie, packte Annies Hände und drückte den Umschlag hinein. »Nimm das hier und geh nach England. Dort ist es legal. Niemand muss jemals davon erfahren.«
    Annie zog ihre Hände weg, ließ den Umschlag fallen und trat entsetzt zurück, als Thérèse zu Boden sank, den letzten Rest ihrer Fassung verlor und mit vors Gesicht geschlagenen Händen offen weinte.
    Mit einer Ruhe, die sie gar nicht verspürte, sprach Annie die verzweifelte Frau an und traf eine schnelle Entscheidung über ihr Leben, zu der sie vor wenigen Momenten noch nicht in der Lage gewesen war.
    »Ich werde nicht abtreiben lassen«, sagte sie mit fester Stimme. »Aber ich verspreche, dass Serge niemals erfahren wird, dass er ein Kind hat.«
    Und damit drehte sie sich um und rannte zum Haus, während Thérèse auf dem Boden kniend zurückblieb, inmitten von 500-Franc-Scheinen, die auf dem Stroh um sie herum verstreut lagen.
    An jenem Abend hatte Annie ihren Eltern alles gestanden. Zutiefst schockiert und enttäuscht hatten sie ihre Geschichte von einer leichtsinnigen Liaison mit einem Arbeiter des Jahrmarktes, der längst weitergezogen war, geglaubt und nicht mehr auf weitere Einzelheiten gedrängt. Aber sie waren mit ihr übereingekommen, dass sie nicht in Fogas bleiben konnte, um das Kind zu bekommen. Sie war schon am nächsten Tag zu ihrer Cousine nach Perpignan gereist und ein Jahr dort geblieben.
    Es waren höllische zwölf Monate gewesen. Geplagt von einer schwierigen Schwangerschaft und ihrer allgegenwärtigen Scham hatte sie mit hängendem Kopf in der Hitze des mediterranen

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