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Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Titel: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Stagg
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    »Also gut«, sagte er schließlich. »Er ist etwa so groß, braun, und, na ja, er ist ein Stier, also seien Sie vorsichtig.«
    »Wir wissen«, erwiderte Paul. »Wir haben schon gesehen.«
    Lorna lachte bei der Erinnerung daran, und Christians Gesicht verfinsterte sich angesichts ihrer Unbekümmertheit in Bezug auf einen Vorfall, von dem er vermutete, dass sie ihn verschuldet hatten.
    Lorna, die dies gar nicht bemerkte, fuhr unbefangen fort. »Es war unglaublich. Der Mann öffnet Tor, und wuuuschhhhh!«
    Sie ahmte die Bewegung des flüchtenden Stiers nach, aber Christian war immer noch mit dem Anfang des Satzes beschäftigt.
    »Der Mann?«, fragte er mit schriller Stimme. »Welcher Mann?«
    »Mann mit orangefarbene Mütze. Sie kennen? Er sieht so aus …« Sie hielt die Arme von ihrem Körper weg, um einen fülligen Menschen zu beschreiben.
    Christian und sein Vater tauschten Blicke, und mit einem Mal machte es Klick bei Christian: ein orangefarbener Stofffetzen, der von einem Horn herabbaumelte, und ein Mann, der am Jagdtag ohne seine orangefarbene Baskenmütze herumgelaufen war …
    »Dieser verdammte Bernard! Ich werde ihn umbringen!«
    »Sie kennen Mann?«, fragte Paul. »Warum er öffnet Tor?«
    »Ja, das frage ich mich auch!« Christian rieb sich das Kinn und ließ seinen Blick über die Berggipfel am Horizont schweifen, als käme er zu einer bedeutsamen Entscheidung angesichts dieser neuen Faktenlage.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte er und wandte sich wieder Lorna und Paul zu. »Sie helfen uns bei der Suche nach Sarko, und ich werde Ihnen alles darüber beim Abendessen auf unserem Hof erzählen.«
    Sein Vater blickte entgeistert drein. Seiner Ansicht nach war eine Einladung zu einem Essen, das seine Frau gekocht hatte, der beste Weg, um zu verhindern, dass sie jemals Freunde werden würden.
    »Sarko?«, fragte Lorna, die nichts von diesen kleinen Familiendramen ahnen konnte. »Warum heißt er so? Sie mögen Präsident Sarkozy?«
    André Dupuy, der sein Leben lang Sozialist gewesen war, verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf.
    »Durchaus nicht. Er heißt Sarko, weil er klein ist und dickköpfig und sich für einen Herzensbrecher hält!«
    Auch wenn sie nicht jedes Wort verstanden hatten, so hatten Lorna und Paul doch den Sinn erfasst, und sie lachten noch, als sie sich in den Wald aufmachten, um nach dem vermissten Stier zu suchen.
    So ein Abendessen wie bei den Dupuys hatte Lorna noch nie erlebt. Nachdem Sarko nach ihrer zweistündigen Suche wieder wohlbehalten auf seiner Weide stand, waren sie bei Einbruch der Dunkelheit auf dem Hof eingetroffen. Fasziniert beobachteten Lorna und Paul, wie sich die Spitzen der Berge als dunkle Silhouetten gegen den letzten Rest Tageslicht abzeichneten.
    Josephine Dupuy, eine kleine, kräftige Frau, die Christian knapp bis zur Schulter reichte, schien keineswegs erschrocken über die ungeplanten Gäste, die zum Essen erschienen waren. Sie hatte sie herzlich willkommen geheißen und zwei weitere Gedecke am großen Tisch im Hauptraum aufgelegt, der gleichzeitig als Küche, Esszimmer und Wohnzimmerdiente. Innerhalb von wenigen Minuten fühlte sich Lorna in dem alten Lehnstuhl beim Holzofen und mit einer getigerten Katze auf dem Schoß schon ganz heimisch.
    André Dupuy hatte auf einem Aperitif bestanden und eine großzügige Menge Whisky für Paul sowie einen Kir für Lorna eingeschenkt, versehen mit dem rätselhaften Hinweis, dass sie die Stärkung brauchen würden, woraufhin Josephine mit dem Geschirrtuch nach ihrem Mann geschlagen hatte. Als die Neckereien am Feuer fortgesetzt wurden, spürte Lorna, wie sie sich entspannte, und ihr wurde bewusst, dass sie sich schon seit Wochen nicht mehr so zufrieden gefühlt hatte, was angesichts des Hauses, in dem sie sich befand, eigentlich merkwürdig war. Es war erstaunlich, dass sie sich hier derart willkommen fühlte, wo doch Christian Dupuy die Ursache für so viel Kummer war.
    »Sie sehen aus, als wären Sie in Gedanken ganz woanders«, bemerkte Christian, der zusah, wie Lorna gedankenverloren die Katze streichelte.
    Sie fühlte sich ertappt, aber der Alkohol machte sie mutig.
    »Ich frage mich, warum … warum Sie Prüfung in Auberge wollten.«
    »Ahhh!« Christian, der die Frage erwartet hatte, drehte das Whiskyglas in den Händen und betrachtete es aufmerksam, während er seine Gedanken ordnete.
    »Ich habe die Prüfung nicht angeordnet«, erwiderte er schließlich und warf ihr einen

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