Monsterkopf
Suko.
»Sicher.« Ich schlenderte zurück zum Wagen. Dabei fiel mir auf, dass der Jäger noch immer neben seinem Pick-up stand, den er eigentlich hatte verlassen wollen, und bereits telefonierte.
Unser Ziel war von nun an leicht zu finden. Wir mussten in eine schmale Straße einbiegen, die nicht gepflastert war und mehr einer Zufahrt glich. Mittlerweile leuchteten beim BMW auch die Scheinwerfer, und sie sorgten dafür, dass auf dem Weg liegender Split manchmal glitzerte wie kleine Diamanten. Unter dem Fahrzeug hinterließ der Split seine typische Musik.
Den Ort Egerton hatten wir rasch hinter uns gelassen. Jetzt überwogen Wiesen und Buschland, wobei einige Wiesen eingezäunt waren. Rinder weideten dort, oft nicht weit von den Ställen entfernt, in die sie in der kalten Jahreszeit standen.
Das Gartencenter lag an der linken Seite. Es war gut zu finden. Ich zählte zwei flache Gebäude. Sie waren durch ein überglastes Dach miteinander verbunden.
Von der Straße her gab es eine Zufahrt. Wir nahmen den breiten Weg. Wo er endete, standen einige Autos, die wohl Besuchern gehörten.
Es sah schon nach Feierabend aus. Die meisten Kunden hatten die Gärtnerei verlassen. An den Kassen zählten die Verkäuferinnen bereits ihre Einnahmen, und eine Frau schob eine Reihe ineinander steckender Transportwagen als Schlange vor sich her.
Unter dem schrägen Glasdach verteilte sich das Licht in der Verkaufshalle, die mehr einem Treibhaus ähnelte.
Als die Frau zurückkehrte, um weitere Wagen zu sammeln, sprachen wir sie an. Dabei lächelte ich so freundlich wie möglich, als ich mich nach Mabel Ramsey erkundigte.
Scharf wurde ich angeschaut. »Was wollen Sie denn von ihr?«
»Mit ihr sprechen.«
»Ich bin es!«
Damit hatte ich nicht gerechnet, zeigte mich allerdings erfreut. Ich schaute sie mir näher an. Sie trug einen grünen Kittel mit der Aufschrift des Gartencenters. Ihr Haar war grau und hätte einen Friseur vertragen können. Das Gesicht zeigte einen harten Zug. Diese Person war vom Leben gezeichnet.
In ihren Augen stand keine Freundlichkeit, als sie fragte: »Was wollen Sie von mir? Oder geht es um meinen Bruder?«
»Genau um ihn.«
Sie verkrampfte beide Hände um den Haltegriff eines Wagens. »Ich kann Ihnen nichts sagen.« Sie fragte nicht mal, wer wir waren, und wollte sich wieder an die Arbeit machen, doch ich stoppte sie zunächst, indem ich Suko’s und meinen Namen nannte.
»Ist mir egal, wie Sie heißen, Mister. Ich kann Ihnen nichts sagen. Und Reportern erst recht nicht.«
»Die sind wir nicht.«
»Ach, was dann?«
Ich behielt meine Notlüge bei. »Wir arbeiten für eine Versicherung. Es geht darum, dass Ihr Bruder...«
Die Frau lachte in meinen Satz hinein. »Hören Sie doch auf zu reden, Mr. Sinclair. Mein Bruder hat keine Versicherung abgeschlossen. Das müsste ich wissen, denn ich habe alles Schriftliche für ihn erledigt. Ist das klar genug?«
»Schon. Aber was wissen Sie über ihn?«
»Nichts sonst. Oder nicht viel. Er hat zwar hier gewohnt, aber er ist auch viel unterwegs gewesen. Wie Ihnen sicherlich bekannt sein dürfte, ist er LKW-Fahrer gewesen. Er war nur äußerst selten hier im Ort. Die meiste Zeit fuhr er quer durch das Land.«
»Er hat sich umgebracht...«
»Ja, leider.«
»Können Sie sich ein Motiv vorstellen?«
Mabel Ramsey schnappte nach Luft. Bisher hatte sie sich recht zugänglich verhalten. Das war nun vorbei. »Lassen Sie mich mit Ihren dämlichen Fragen in Ruhe! Ich will davon nichts mehr hören. Mein Bruder ist tot, und damit hat es sich!« Sie drehte sich von uns weg und beschäftigte sich wieder mit ihren Wagen.
Einem Mann im hellen Kittel waren wir bereits aufgefallen. Er schaute böse zu uns herüber, weil wir seine Mitarbeiterin von der Arbeit abgehalten hatten.
Als Mabel Ramsey außer Hörweite war, fragte Suko: »Glaubst du ihr? Oder hast du deine Zweifel?«
»Mehr Zweifel.«
»Richtig. Sie weiß etwas, und ich habe das Gefühl, John, dass alle hier im Ort mehr wissen, es aber nicht sagen wollen. Die halten gewisse Dinge unter der Decke.«
»Wie kommst du darauf?«
Er hob die Schultern. »Genau kann ich es dir nicht sagen. Es liegt an den Blicken, an ihrem Verhalten. Viele Bewohner haben wir nicht gesehen, aber diejenigen, die ich sah, kamen mir schon recht bedrückt vor. Als wären sie mit Sorgen beladen.«
»Dann könnte das Motiv des Selbstmords hier liegen?«
»Ich schließe es nicht aus, John.«
»Dann werden wir hier die Nacht verbringen und uns
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