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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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ändern können. Dann sah sie auf einmal die rasiermesserscharfen Widerhaken vor sich, nur wenige Zentimeter von der Brust entfernt. Als sie sie wie hypnotisiert anstarrte und zum erstenmal Furcht verspürte, drehte das Reittier den Kopf und schürzte die Lippen wie zu einem Lächeln; dieses Lächeln war so menschlich, daß sie darin Belustigung, Verachtung, aber auch Ermutigung erkannte. Dann galoppierte das Tier den anderen hinterher, und keuchend bot sie ihre gesamte Konzentration auf, um nicht in die Knochenblätter zu stürzen.
    Erst nachdem sie schon eine gewisse Strecke zurückgelegt hatten, kam sie auf die Idee, nach Sylvan Ausschau zu halten. Von hinten sahen alle Reiter gleich aus. Sie wußte nicht, ob er dabei war oder nicht. Der Reiter unmittelbar vor ihr war jedenfalls ihr Vater. Sie erkannte ihn am Schnitt des Mantels, der sich von den anderen unterschied.
    Dann wollte sie Sylvan suchen. Alle Reiter sahen gleich aus. Außer ihrem Vater. Sein Mantel unterschied sich von den anderen…
    Ihr Vater ritt immer geradeaus… geradeaus…
    Es war ein guter Tag für die Jagd. Obwohl der Sommer bereits vorbei war, waren die Wiesen durch die jüngsten Regenfälle immer noch grün. Die Farmer hatten einen Teil der Drahtzäune beseitigt, und die übriggebliebenen waren leicht auszumachen. Sie sah, wie die vornweg laufenden Hunde in vollem Lauf ein silberbeiges Stoppelfeld durchquerten und dann hinter der Anhöhe zu ihrer Linken verschwanden. Die leichte Brise trug das Kläffen der Hunde und den Klang des Jagdhorns heran. Dunkle Gestalten säumten den Hügelkamm und beschirmten die Augen mit den Händen vor der Sonne. Einer von ihnen wedelte mit dem Hut und gab die Richtung an, in welcher der Fuchs verschwunden war. Sie lenkte das Pferd nach links, umrundete ein Gehölz und ritt dann den Hügel hinauf. Vom Hügelkamm sah sie den Fuchs über die Wiese rennen, die Nase am Boden und die Rute aufgestellt, während er unter einem Zaun hindurchschlüpfte, dann auf einen hohen Baum kletterte und in Fullers Wäldchen untertauchte. Sie sprang über den Zaun. Es war ein sauberer Sprung, der ihr den Anschluß an einige Jäger verschaffte, die sich bereits vor dem Wäldchen versammelt hatten. Dann ertönte das Hufgetrappel der anderen. Der Jägermeister wies sie mit Gesten an, die Baumgruppe einzukreisen, und sie postierte sich in der Nähe eines Grabens, durch den der Fuchs vielleicht zu fliehen versuchen würde.
    Sie hörte die Hunde im Wäldchen. Der Jäger befand sich bei ihnen; mit lauter Stimme rief er die Hunde beim Namen und trieb sie an: »Bounder, komm raus hier. Dapple, hoch mit dir, Mädchen…«
    Dann ertönte ein Schrei, und die wilde Jagd ging weiter; der Bläser stieß ins Horn, und die Hunde gaben Laut…
    Sylvan.
    Jemand sollte heute mit ihnen reiten. Ein Gast? Jedenfalls kein reguläres Mitglied dieser Jagd.
    Sylvan. Hier war er. Neben ihr. Er drehte sich im Sattel um und schaute sie bewundernd an. Sie spürte, wie flammende Röte ihr ins Gesicht schoß und straffte sich stolz.
    Einige der Reiter waren zurückgefallen. Sie waren seit dem Morgen unterwegs, und nun war es schon Mittag; die Sonne stand im Zenit und brannte ihr auf die Mütze. Der Fuchs hatte sich in Brents Wald geflüchtet, und der Jäger und die Treiber befanden sich nun zwischen den Bäumen. Seltsamerweise war der Jägermeister auch dabei. Er stand auf dem Pferd wie ein Zirkusakrobat und warf mit irgendwelchen Gegenständen um sich.
    Und dann… verspürte sie eine Aufwallung, ein Gefühl purer Lust in der Lendengegend. Ein Orgasmus, der schier nicht enden wollte.
    Sylvan verspürte es auch. Alle verspürten es. Es stand ihnen in den Gesichtern geschrieben. Körper zuckten konvulsivisch, Köpfe wurden zurückgerissen, Unterkiefer klappten herunter.
    Schließlich gab der Jäger das Signal ›Fuchs tot‹. Er erschien mit der Fuchsmaske, und die Reittiere machten sich auf den Rückweg zur Estancia. Nun hatte sie die Sonne im Rücken. Es würde ein langer Ritt werden. Selbst wenn sie nur die kurze Route nahmen, vorbei an Magna Spinney und dann auf der Schotterstraße an der Alten Farm vorbei, war es ein langer Ritt zurück.
     
    Sie war todmüde, als sie auf Klive ankamen. Ihr Vater kam zu ihr herüber und packte sie so fest am Arm, daß es schmerzte. Dann gingen sie zusammen mit den anderen durch das Tor.
    »Was, in Gottes Namen, hast du nur getan?« fragte er, wobei er den Mund dicht an ihr Ohr führte. »Stella, du kleine Närrin!«
    Sie

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