Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
tun.«
    Die Sicht des Wesens wurde durch einen zitternden Hautlappen vor den Augen behindert. Es hatte bläulich schimmernde Reißzähne wie aus Elfenbein, falls es denn Reißzähne waren. Behaarte Schwingen wuchsen ihm aus dem Körper, der in eine zweifache violette Aurora gehüllt war, aus der elektrostatische Blitze zuckten.
    »Man erweist uns die Ehre«, sagte Bruder Mainoa mit gesenktem Kopf, als ob er einem Hierarchen gegenüberstünde.
    Das Wesen duckte sich; es hatte den Anschein, als ob es nickte. Die Pfoten – nein, Hände krümmten sich auf dem verzierten Steg. Virtuelle Hände mit drei Fingern und pelzbedeckten Daumen. Hinter den Schultern tauchte streiflichtartig ein Panzer aus gefleckter Haut und schwieligen Platten auf. Die Impressionen waren zu flüchtig, um sie zu beschreiben. Sie wußten nur so viel, daß sie ein derartiges Wesen noch nie gesehen hatten, weder auf der Erde noch auf Gras. Die Proportionen waren völlig verzerrt. Die Beine entsprachen auch nicht dem, was man sich normalerweise unter Beinen vorstellte.
    Bruder Mainoa begegnete dieser Vision mit einem Ausdruck aus Interesse und Ehrfurcht; sie blinzelten, um den Blick zu klären. »Ich sehe dich nun zum erstenmal und frage mich, welchen verschlungenen Pfad die Evolution bei der Erschaffung eines derart wilden Wesens beschritten hat«, murmelte er mit gesenktem Blick.
    Die großen Augen schienen sich zu weiten. Eine lange, gekrümmte Klaue stach aus dem halb pelzigen, halb schuppigen Finger und wies auf Bruder Mainoas Kehle.
    Der Bruder lächelte, als ob er einen Witz gemacht hätte. »Das ist doch nicht dein Ernst. Ich stelle keine Gefahr für dich dar. Auch die Menschheit wird dir nicht gefährlich; es sei denn, sie setzte schwere Waffen gegen dich ein, und dann würde der Panzer dir auch nichts mehr nützen. Wenn die Menschen etwas können, dann töten.«
    Die Augen schienen sich zu verengen, und Bruder Mainoa nahm den Kopf in beide Hände. Die anderen fielen auf die Knie und hielten sich ebenfalls den Kopf, bis auf Sylvan, der tollkühn vortrat, zornig und ängstlich zugleich.
    »Whoa. Whoa.« Mainoa richtete sich auf und rang nach Atem. »Ich wünschte, sie würden das nicht tun.« Nun wußte er, weshalb die Evolution einen solchen Panzer kreiert hatte. Dieses Wesen hatte einst einen Feind gehabt, einen großen, unerbittlichen Feind. Es hatte Bruder Mainoa ein gestochen scharfes Bild von einem Wesen übermittelt, das umherstreifte und Hippae und Hunde fraß. Er hatte Kopfschmerzen von der Wucht der Darstellung.
    »Ausgerottet?« fragte er, worauf er ein zustimmendes Echo spürte. »Hast du sie getötet?«
    Sie verspürten Verblüffung, dann Gewißheit. Nein. Die Arbai hatten sie getötet. Die gepanzerten Ungeheuer hatten keine Intelligenz besessen. Sie waren nur wandelnde Mägen gewesen. Die Arbai hatten sie ausgelöscht, um die Hippae zu beschützen. Und seitdem hatten die Hippae sich ungestört vermehrt.
    Erschöpft setzte Bruder Mainoa sich auf den Steg. »Dieses Wesen ist mein Freund«, erklärte er den anderen Menschen. »Wir stehen schon seit einiger Zeit in Verbindung.« Nun, da er das Wesen mehr oder weniger deutlich gesehen hatte, bekam er noch im nachhinein weiche Knie, wenn er an die bisherigen Gespräche dachte. Wenn er es damals schon gesehen hätte, was hätte er wohl gesagt? Gar nichts. In diesem Fall hätte es ihm schlicht die Sprache verschlagen. Man konnte nur solange zu Göttern und Engeln sprechen, wie sie nicht wie Götter und Engel aussahen, sagte er sich. Um Kontakt mit ihnen aufzunehmen, mußte man sie sich auch als Menschen vorstellen, was bei den Füchsen jedoch ein Ding der Unmöglichkeit war…
    »Füchse«, sagte Tony atemlos. Er kniete noch immer, genauso wie die anderen.
    »Füchse«, bestätigte Mainoa. »Ihm oder ihnen ist es gelungen, uns die Hippae so lange vom Hals zu halten, bis wir hier ankamen. Er und seine Freunde wollten, daß wir herkommen, um uns in Augenschein zu nehmen.«
    »Weiß er vielleicht, wo Stella…?« fragte Marjorie.
    Sie hatte die Impression eines großen Kopfes, der sich auf sie richtete.
    »Ich verstehe. Natürlich. Ja«, sagte sie schaudernd.
    »Marjorie?« fragte Sylvan.
    »Ich verstehe ihn«, rief sie. »Sylvan, ich verstehe ihn. Sie auch?«
    Er schüttelte den Kopf und warf einen verstohlenen Blick auf den Ort, wo er die Füchse vermutete. »Nein. Ich höre nichts.«
    »Sie sind schon zu lange Jäger«, sagte Mainoa. »Die Hippae haben Sie desensibilisiert.«
    »Spricht

Weitere Kostenlose Bücher