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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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zusammenzusuchen, was ihr vielleicht am Herzen lag. Er verharrte vor der geschnitzten Täfelung, die er für sie angefertigt hatte; das Motiv zeigte eine Dame, die durch ein Wäldchen streifte, manchmal deutlich sichtbar, manchmal nur schemenhaft, wobei sie das liebliche Gesicht etwas zur Seite gedreht hatte. Zum Greifen nahe, aber doch nur ein Traum. Vögel flatterten zwischen den Bäumen umher. Er strich mit der Hand über das Schnitzwerk und fragte sich, ob die Zeit noch reichen würde, die Täfelung abzumontieren und in Sicherheit zu bringen. Natürlich war keine Zeit mehr.
    Als er soviel aufgesammelt hatte, wie er tragen konnte, rief er Sebastian und die anderen zusammen und flog mit dem Gleiter zum Krankenhaus in der Nähe des Raumhafenhotels. Die Ärzte brachten Rigo fort; dann gingen Andrea, ihre Schwester und Vater Sandoval zum Hotel.
    Dort wurden sie schon von Asmir erwartet. »Wo ist Eugenie?« fragte Persun.
    »Ich weiß nicht. War sie denn nicht bei Ihnen?« gab Asmir die Frage zurück.
    »Sie wollte heute morgen nach Commons kommen.«
    »Mir sagte sie, sie hätte es sich anders überlegt. Ich bin nur gekommen, um ein paar Vorräte zu besorgen.«
    Persun zählte seine Passagiere an den Fingern ab und fragte sie, wo Eugenie steckte. Niemand wußte es. Er flog nach Opal Hill zurück; er stand unter Zeitdruck, denn es würde bald dunkel werden. Im Dorf wurden bereits die Lastengleiter beladen: mit Menschen, Nutzvieh und Ausrüstung. Dann traf ein weiterer Gleiter ein, der von Sebastian geflogen wurde.
    »Ich finde Eugenie nicht!« rief Persun ihm zu.
    »Die Freundin Seiner Exzellenz? Ist sie denn nicht in Commons? Ich dachte, Asmir hätte sie hingebracht.«
    »Sie ist nicht dort, Sebastian. Sie hat es sich anders überlegt.«
    »Frag Linea. Sie hatte sich um Eugenie gekümmert.«
    Persun ging zu besagter Frau und erkundigte sich nach Eugenie. Linea wußte auch nicht, wo sie war. Sie hatte sie seit diesem Morgen nicht mehr gesehen. Sie vermutete, daß Eugenie in ihrem Haus oder im Garten war.
    Keuchend rannte Persun den Pfad zur Estancia zurück, zu Eugenies Haus. Er fluchte. Dort war sie auch nicht. Die schleierartigen, pinkfarbenen Vorhänge bauschten sich im Wind. Das Haus roch nach Blumen, die Persun unbekannt waren. Die Frau war nicht da. Er ging in den Grasgarten hinaus und suchte sie dort, wobei er alle möglichen Pfade abschritt. Die laue Frühlingsluft umfächelte ihn, und er sog den Duft der Gräser ein wie eine Droge.
    »Eugenie!« rief er. Es schien ihm zwar ziemlich unangemessen, im Garten umherzulaufen und ihren Vornamen zu rufen, aber wie hätte er sie sonst nennen sollen. Jeder rief sie bei diesem Namen. »Eugenie!«
    Mit tosenden Triebwerken starteten die Gleiter. Er ging wieder zum Dorf zurück. Es waren nur noch wenige Leute dort, zusammen mit ein paar Schweinen, Hühnern und einer einsamen Kuh, die in den Himmel schaute. Die im Westen untergehende Sonne blendete ihn.
    »Kommen sie noch einmal zurück?« fragte er. »Die Lastengleiter?«
    »Du glaubst doch wohl nicht, daß wir hier zurückbleiben, wo alle anderen fort sind?« fragte eine alte Frau in ruppigem Ton. »Ich weiß nur, daß die Hippae uns abschlachten wollen.«
    Ohne weiter darauf einzugehen, lief Persun noch einmal zum Haupthaus zurück. Ein letzter Versuch. Er durchsuchte jeden Raum. Sie war nicht da. Auch nicht in ihrem Haus.
    An die Kapelle dachte er indessen nicht. Das war auch nicht weiter verwunderlich. Kapellen waren für die Bewohner von Commons kein Begriff. Manche von ihnen bezeichneten sich zwar als religiös, aber sie kannten keine religiösen Bauten.
    Dann lief er wieder zum Gleiter, half der alten Frau beim Einsteigen, verstaute die Kiste mit ihren Hühnern an Bord und startete. Im Tiefflug flog er über die Gärten und hielt Ausschau nach Eugenie. In Commons angekommen, setzte er die Suche nach ihr fort; vielleicht hatte sie sich in einem der Lastengleiter befunden.
    Die Dunkelheit brach herein. »Ich muß noch einmal zurück«, rief er Sebastian zu, der gerade seinen letzten Flug beendet hatte. »Sie muß noch dort draußen sein.«
    »Ich komme mit dir«, sagte der. »Die Gleiter sind alle ausgeladen. Die Leute richten sich in den Winterquartieren ein.«
    »Hast du etwas von Seiner Exzellenz gehört?«
    Sebastian schüttelte den Kopf. »Ich hatte keine Zeit, mich nach ihm zu erkundigen. Wie schwer ist er überhaupt verletzt?«
    »Seine Beine wurden zerschmettert. Und er hat einen Schlag auf den Kopf bekommen.

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