Monströse Welten 2: Hobbs Land
einmal eingenebelt worden, aber das letzte Mal lag bereits einige Jahre zurück.
»Du wirst sowieso nur wieder einen Bomber erwischen«, unkte Jep, als sie zum Pilzhaus gingen, um das halb verweste Fleisch zu holen. »Nur daß du die Ladung nicht selbst abbekommst, sondern sie mir zuwirfst.«
»Das habe ich nicht mehr getan, seit ich zehn war«, verwahrte Samstag sich. »Und es war auch keine Absicht gewesen.« Sie öffnete die Tür des Pilzhauses und nahm eine Taschenlampe vom Regal neben der Tür.
»Mit Willum R. hast du das auch gemacht.«
»Er hat mir längst verziehen. Er hält es mir nicht laufend vor, wie du es machst. Willum R. ist eben ein echter Freund«, sagte sie hochnäsig.
»Ich wollte dir nur raten, aufzupassen, Samstag Wilm.« Er folgte ihr ins Haus, wobei er sich im Lichtkegel der Taschenlampe hielt.
»Das mußt du gerade sagen«, entgegnete sie und warf ihm einen Pilz an den Kopf. »Deine Mam erzählt meiner Mam immer, du seist ein Döskopp.«
»Wer ist hier ein Döskopp?« Er sprang sie an, sie fiel hin, und er setzte sich auf sie. »Na, wer?«
»Du.«
»Nein.«
»Geh runter von mir, du Dicksack. Du wiegst ja eine Tonne.«
»Der Preis ist ein Kuß.«
»O nein, Jep.«
»Ein Kuß.«
»Dazu bin ich noch zu jung.«
»Kommt drauf an, wer den Kuß haben will.«
»Aber nur einen.«
Sie küßte ihn züchtig, wobei er darauf verzichtete, mehr zu fordern. Es machte ihm nämlich Spaß, Samstag zu küssen, und er wollte es sich nicht mit ihr verscherzen. Sie zu drücken gefiel ihm indes noch besser, denn an manchen Stellen war sie besonders weich und knuddelig. Also versuchte er sie nach dem Kuß noch zu drücken, und dann durfte sie aufstehen.
»Wenn meine Mom wüßte, daß du mich immer küßt, Jep Wilm, dann würde sie mir sofort die Pille geben…«
»Wir haben uns nur geküßt!« rief er mit rotem Gesicht. »Mehr war nicht.«
»Gut, dann komm nur nicht auf dumme Gedanken.«
Er schaute sie grimmig an. »Samstag Wilm, ich hatte solche Gedanken schon, seit ich neun war, aber vorerst werde ich gar nichts tun.« Er half ihr hoch. »Und wenn doch, dann nur, wenn du es auch willst, glaube mir.«
Sie wurde rot. Sie hatte nämlich auch schon mit diesem Gedanken gespielt; aber das verschwieg sie ihm. Sie war sogar schon so weit gegangen, vom Schulcomputer aus das Archiv zu befragen, ob in der Familie Wilm genetische Defekte aufgetreten waren; außerdem hatte sie ihren eigenen Stammbaum eingesehen, um zu ermitteln, ob sie und Jep nicht zufällig denselben Erzeuger hatten. Was nicht der Fall war. Jep war Sam Girats Sohn, was im Grunde auch allgemein bekannt war, und sie war die Tochter eines Mannes namens Spiggy Fettle, der in der Zentralverwaltung tätig war.
Africa hatte Spiggy als einen hochintelligenten, aber auch ziemlich häßlichen Mann geschildert. »Aber das macht nichts, denn offensichtlich hat meine Schönheit auf dich abgefärbt«, hatte sie gesagt und ihre Tochter naserümpfend gemustert. Außerdem war Spiggy noch manisch-depressiv, aber Africa hatte während der Schwangerschaft einen Gentest machen lassen, bei dem sich herausgestellt hatte, daß Samstag gesund war. Die Behebung einer manischen Depression war auch nicht schwieriger als die Korrektur anderer genetischer Störungen. Die Ärzte manipulierten nur die DNA und injizierten sie in den Fötus. Was Samstag indes nicht verstand, war, weshalb Spiggy mit diesem Defekt auf die Welt gekommen war; Africa sagte, es hätte religiöse Gründe gehabt.
An der nächsten Ecke bog sie nach links ab, wobei sie über irgend etwas stolperte und fast gestürzt wäre; im letzten Moment hielt sie sich am Rand eines Pilzbettes fest. Im Schein der Taschenlampe sah sie, daß eine der schweren Bodenplatten sich eine Handbreit gehoben hatte.
»Wie, zum Teufel, ist das passiert?« murmelte Jep.
Sie lugten unter die Platte und sahen einen bläßlichen Pilz unter dem Stein wuchern. »Das hätte ich nicht für möglich gehalten! So ein kleines Ding!« rief Samstag. »Wird die Platte sich wieder setzen, wenn der Pilz abstirbt?«
»Vielleicht wächst er auch weiter«, spekulierte Jep. »Vielleicht wird er die Platte noch durchs Dach drücken.« Er trat auf den angehobenen Stein und fragte: »Warum hast du den Creely- Köder auch hier drin gelagert?«
»Weil der Gestank hier nicht auffällt«, erwiderte sie. »Im ganzen Haus riecht es nämlich irgendwie verwest.« Schließlich fand sie den Sack und ging wieder zur Tür.
Beide seufzten erleichtert,
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