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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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wart also unten in der alten Kaserne? Du und das Mädchen, das getötet wurde? Und der Junge, der verschwunden ist?«
    Jacent wollte schon alles abstreiten, doch dann sagte er wider Willen die Wahrheit.
    »Sag’s mir«, knirschte der Kommandeur und preßte mit beiden Händen den Kopf des jungen Manns zusammen. »Keinen Laut! Flüster es mir zu!«
     
    Fringe bewältigte den Vorfall mit dem Kind im Korb, wie sie auch vergleichbare Vorfälle schon bewältigt hatte. Sie hatte als Kind das Nicht-Denken gelernt und machte auch jetzt davon Gebrauch. Sie würde nicht mehr an die Kinder und die Körbe denken, sie würde sie nicht wieder sehen. Sie widmete sich eifrig anderen Dingen.
    Obwohl Danivon nach einer Gelegenheit gesucht hatte, als Auftakt – das gestand er sich durchaus ein - zu einem weiteren intimen Beisammensein mit ihr über das Leben eines Beauftragten zu sprechen, nahm er nach einem Blick auf das desolate Gesicht von diesem Vorhaben Abstand. Er würde sie bekommen, aber nicht sofort. Es hatte keinen Sinn, sich umsonst zu bemühen.
    Zumal er auch gar keine Zeit dafür gehabt hätte, denn nun tauchten Fischteiche am Ufer auf, die durch begehbare Deiche vom Fluß und den anderen Teichen abgetrennt waren. Auf den Deichkronen gingen die Fischer von Salzmarsch mit ihren Speeren und Netzen. Hinter den Teichen, in Lichtungen, die man ins Schilf geschlagen hatte, standen rauchumwaberte Trockengestelle mit eigenartig riechender Bestückung. Als die Taube um eine Flußbiegung fuhr, erkannten die Reisenden die Pfahlbauten des Dorfs. Storchenähnliche Leute mit kahlgeschorenen Schädeln kamen aus den Hütten, als die Taube sich näherte, wobei die luftigen Schilfhütten einen filigranen Hintergrund für die merkwürdig starren Gestalten abgaben.
    »Das Fischer-Volk zeugt keine Kinder«, sagte Danivon zu den Zwillingen, während er den Beauftragten-Federbusch im richtigen Winkel neigte und den Mantel glattstrich. »Ihre Religion gebietet ihnen, sich sterilisieren zu lassen und der Sinnlichkeit zu entsagen.«
    »Sie führen ein spirituelles Leben«, sagte Curvis zynisch, »und werden von den Stimmen ihrer Verwandten auf den Höhen inspiriert.« Er trug ebenfalls die Kluft eines Beauftragten.
    »Dann sind es also die Kinder von Chor, welche die Bevölkerung auffrischen«, sagte Fringe.
    Danivon nickte. »Chor behält nur die Kinder mit den schönsten Stimmen und schickt die anderen als Fischer hierher. Das Fischer-Volk hat sich beschwert, daß Chor seit kurzem viel zu viele Kinder schicken würde.«
    Er hob grüßend die Hand. Die Ober-Fischer erwiderten den Gruß mit grimmigem Gesicht. Die Taube machte an einem Poller fest, der in den Grund neben dem Pfahldorf gerammt war.
    Die Planke war kaum hinabgelassen worden, als Danivon und Curvis auch schon zur Dorfplattform gingen, wo man ihnen Kelche mit einem lokalen Getränk reichte und einen Beschwerdekatalog vorlegte, der mehrmals mit leichten Variationen wiederholt wurde. Nachdem die Litanei beendet war, winkten die beiden Beauftragten Fringe von ihrem Lauschposten an der Reling herüber und wiesen ihr die Rolle der ›Peitsche‹ in den anstehenden Verhandlungen zu. Dann begleitete Fringe die beiden, während sie die überzähligen Kinder für die Rückkehr zu den Höhen zusammentrieben.
    »Wo?« fragte Danivon den Ober-Fischer, der auf einem Bein neben ihnen stand. Das andere hatte er eingezogen und hielt den Fuß in der Hand.
    »Dort«, sagte der Fischer und wies auf das Schilf hinter den Fischteichen. »Wir sagten ihnen, sie sollten sich selbst Hütten bauen.«
    »Wie gastfreundlich von euch«, grunzte Fringe und zog den glänzenden Stiefel mit einiger Mühe aus dem Schlick. »Etwas sumpfig dort draußen, was?«
    »Wir haben nicht unbegrenzt Platz im Dorf«, schnaubte der Ober-Fischer. Das stimmte allerdings. Das Dorf über ihnen war sichtlich übervölkert. »Sie sind alt genug, um allein zurechtzukommen. Gehen Sie dort entlang«, sagte er und wies auf eine Schneise im Schilf, einen leicht begehbaren Pfad.
    Schimpfend ging Danivon auf dem Deich zwischen den Teichen entlang, gefolgt von den anderen beiden Beauftragten. Der Pfad war offensichtlich stark begangen. Auf dem sumpfigen Boden waren mehrere Lagen Schilf kreuzweise verlegt, um das Vorankommen zu erleichtern. Allerdings war der Pfad nicht gerade, und binnen kurzem hatten sie das Dorf aus dem Blick verloren und waren von dunklen Rohren umgeben, die eine undurchdringliche Wand bildeten.
    Danivon ging auf

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