Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
Zeit überhaupt an seine Heimat erinnert?« fragte er.
    »Ich bin sicher, daß er es noch weiß. Genauso, wie ich mich an meine Heimat erinnere.«
    »Wirklich, Jory?« Das war unvorstellbar für ihn. Wo er sich kaum an seine eigene Heimat erinnerte.
    Sie schaukelte im Stuhl und ließ sich die Frage durch den Kopf gehen. Zumindest glaubte sie, daß sie sich an die Erde erinnerte. In letzter Zeit geschah das sogar zwanghaft, als ob etwas neben ihr die Erinnerung aufriefe. Sie erinnerte sich an das Trällern der Lerchen in der Dämmerung, an das smaragdgrüne Gras und die silbrige Luft. Sie erinnerte sich an den Fisch, der aus dem Wasser eines Teichs sprang, die sich ausbreitenden Kreise aus Licht, das Glitzern der Schuppen, das funkelnde Auge. Sie erinnerte sich an hohe Bäume, das Rascheln der Blätter, das vom Laub gestreute Sonnenlicht, das Zirpen der Zikaden, das Kreischen und Keckem kleiner Pelztiere in den Ästen. Sie erinnerte sich an den Geruch des Grüns, das Gefühl des Wachstums, den Hauch der Erhabenheit.
    Sie erinnerte sich an Berge, das Kriechen und Knirschen aufeinandergeschichteter Steine, die bis ins Innere der Erde hinabreichenden Krater, in denen einst feuriges Magma gebrodelt hatte und die nun mit blauen Seen und sauberer Luft angefüllt waren, wobei Kontinente aus weißen Wolken über sie hinwegzogen wie die Segnung einer mächtigen Hand.
    Sie erinnerte sich an das weite Meer, das Wasser der Welt, das an die Küsten plätscherte, die mit Flossen ausgestatteten Kreaturen der See, die schwüle Flaute, den tosenden Sturm.
    War das ihre Heimat gewesen? Wahrscheinlich nicht, denn sie erinnerte sich, daß sie diesen Ort verlassen hatte, auf der Suche nach etwas anderem. Pflicht. Das war es gewesen: In Ausübung ihrer Pflicht.
    Sie erinnerte sich an Gras mit seinen endlosen Prärien, den prächtigen Gärten, dem majestätischen Wald und der bunten menschlichen und außerirdischen Bevölkerung. War das ihre Heimat gewesen? Sie hatte auch diesen Ort verlassen, um etwas zu suchen.
    Diesmal hatte es sich nicht um Pflicht gehandelt, doch sie hatte eine Welt gesucht…
    Sie war auf vielgestaltigen Welten gewesen, wo die Feuer der Schöpfung noch immer loderten. Sie hatte Sonnen im Reigen gesehen, deren Planeten wie ein Halsband aufgereiht waren. Sie hatte Welten besucht, die von Menschen und von Aliens bewohnt waren, erdähnliche und fremdartige Orte. Sie erinnerte sich an alle und erinnerte sich, daß sie alle verlassen hatte. Was war ihre Heimat gewesen?
    Vielleicht lief es am Ende darauf hinaus, daß man dort zu Hause war, wo die Liebe war.
    »Sieh«, flüsterte Asner und zeigte auf den Hain.
    Sie gingen über die Wiese: Nela tanzte leichtfüßig wie eine Prinzessin, frohgemut und schön, und Bertran folgte ihr in seiner ganzen Größe und Stärke. Ein kaum merkliches Lächeln erhellte sein Gesicht, und seine Augen glühten im Gefühl des Wunders, als er auf Jory zuging und ihre Hände ergriff.
    Endlich waren sie, was sie sein wollten. Frau. Mann. Ihre Freude strömte in Jory.
    Trotz allem war noch Zeit für ein kleines Glück. Auch wenn bald das Ende der Zeit kam, dies würden sie in die Dunkelheit hinüberretten müssen.
    »Fringe?« fragte sie. Sie würde es nur dann wissen, wenn sie fragte. Sie spürte Fringes Gefühle nicht.
    »Sie ist irgendwo hinter uns«, sagte Bertran.
    Sie gingen mit Asner auf die Suche, und bald kam Fringe aus dem Wald: ein Schatten, eine unbehagliche Präsenz.
    »Na, Kind?« rief Jory.
    »Na, Jory?« Sie ergriff die Hände der alten Frau.
    »Wie ich sehe, sind die Götter von Hobbs Land quitt mit dir.« Jory sah ihr tief in die Augen. »Oder du mit ihnen. Dann stehst du nun allein?«
    »Ich stehe allein, Jory.«
    »Bist du nun frei?«
    »Jedenfalls freier als in meiner Vergangenheit, Jory. Wie du schon sagtest, ich war damals versklavt. Auf die eine oder andere Art.«
    »Und nun fühlst du dich frei?«
    Fringe lächelte skeptisch und schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht sagen.«
    »Zu verschiedenen Zeiten in meinem Leben«, murmelte Jory, »hatte ich mich auch frei gefühlt – meistens kurz und nie völlig frei. Ich weiß aber noch, daß auch bedingte Freiheit beunruhigend sein kann. Selbst wenn man sie nur für kurze Zeit erlebt.«
    »Und wenn es auch nur für einen Augenblick wäre, Jory, würde ich diese Erfahrung nicht missen wollen. Ich würde ein längeres Leben woanders für diese Erfahrung tauschen.«
    Jory berührte ihr Gesicht. »Dann bist du eine Närrin, Kind. Aber

Weitere Kostenlose Bücher