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Monströse Welten 3: Toleranz

Monströse Welten 3: Toleranz

Titel: Monströse Welten 3: Toleranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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sie den Glauben daran nicht aufgegeben, zumindest noch nicht. Vielleicht war sie für einen bestimmten Zweck auserkoren, und wenn das zutraf, dann würde ihr, im Gegensatz zu normalen Menschen, bei ihren Streifzügen durch den Swale nichts geschehen. Daß sie sich hier befand, war im Grunde ein Test!
    »Mein Name ist Zasper Ertigon«, sagte er. »Und wie heißt du?«
    »Fringe«, sagte sie. »Fringe Dorwalk.«
    »Es gibt bessere Orte als den hier, Fringe«, sagte er.
    »Wo denn?« fragte sie neugierig. Sie hatte nach besseren Orten gesucht, so weit ihre Erinnerung zurückreichte.
    Ihre Freundschaft begann mit dieser Frage. Weil er sich noch an seine eigene Jugend erinnerte, vergeudete er keine Zeit mit Ermahnungen. Statt dessen zeigte er ihr bessere, zumindest sicherere Orte, wie sie zum Beispiel von der Tyme Street in Ahl Dibai Blooms Spielsalon gelangte, ohne durch den Swale zu gehen. Ahl Dibai Bloom, der immer auf den Teleskopbeinen auf und ab fuhr, wenn er sich über etwas amüsierte, sagte, er könne eine Aushilfe für das Ausfegen der Spielräume und Sortieren der Flaschen gebrauchen und blinzelte Zasper über ihren Kopf hinweg zu, als er sie einstellte.
    Fringe verbrachte viel Zeit in Blooms Salon und lauschte seinen Gesprächen mit Zasper. Zasper erzählte ihr eine jugendfreie Version seines Lebens als Beauftragter, und sie erzählte so unpersönlich von sich, als ob sie über eine Fremde sprechen würde. Allmählich erfuhr er, wer und was sie war, obwohl er ihr kaum helfen konnte. So war das eben mit Beauftragten, die sich vom Rats-Beauftragten zum Provinz-Beauftragten hatten zurückstufen lassen. Sie hatten keinen besonderen Status mehr, außer bei alten Kollegen. Dennoch genossen sie eine gewisse Reputation und wurden nur selten behelligt. Auf jeden Fall hatten die Bewohner des Swale bald begriffen, daß Fringe unter Zaspers Schutz stand und daß man sie besser in Ruhe ließ.
     
    Kuriositäten wurden auch am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts noch auf der Erde gezeigt, obwohl sie im Vergleich zu früheren Zeiten viel von ihrer Faszination eingebüßt hatten. Durch das Fernsehen waren Kuriositäten alltäglich geworden; der National Enquirer und andere Blätter hatten schon so oft Abweichungen gebracht, daß sie nur noch einen punktuellen Unterhaltungswert besaßen und ihre Aktualität auf eine Schlagzeile beschränkt war. Die dickste Frau der Welt war nur eine Person mit einer Drüsenstörung. Menschliche Skelette waren nur magersüchtig. Die Robbenfrau war ein Contergan-Kind. Bärtige Damen und Riesen waren keine Ausgeburten der Phantasie mehr, sondern litten an einer endokrinen Fehlfunktion. Einem Kind mit einem dritten Bein, dem Resultat mißlungener Zwillingsbildung, wurde das überzählige Anhängsel nach der Geburt amputiert. Elefantenmänner wurden im Theater und im Kino imitiert. Zwerge waren nur kleinwüchsige Menschen, welche in die Rolle von Zeit-Banditen oder den Ewoks in Krieg der Sterne schlüpften. An kosmopolitischen Orten, in Städten, wo das Abnorme normal war, staunte niemand mehr über das Bizarre.
    In ländlichen Gegenden indes gafften die Leute noch immer mit großen Augen und offenem Mund. Dort bot die Geburt eines doppelköpfigen Kalbs noch immer Anlaß zum Besuch der Nachbarn, war Hexerei eine alltägliche Gefahr und der böse Blick eine Tatsache. Die Leute waren leichtgläubig, und jede Minute wurde einer von ihnen geboren, dankbares Objekt für einen Wanderzirkus, unter dessen Zeltdach noch immer die Hund-und-Pony-Shows stattfanden, dessen oft klapprige, aber grellbunte Zugmaschinen von einer Kleinstadt zur anderen zuckelten und dessen Vorführungen nur von kleineren Tieren und Akrobaten bestritten wurden und nicht von Elefanten und Tigern. Dort war der Schlangenbeschwörer noch für einen Drei-Dollar-Eintritt gut, und die phantasievoll kostümierten Tänzerinnen lockten die Jungs an, die keine Oben-ohne-Bar hatten, die ihnen den Feierabend versüßte. Dort, wo der Glanz verblaßt war, der Ruhm vergangen und das Budget für Reparaturen immer im Minus war, hatte die authentische Zirkusaura sich noch erhalten.
    Mulhollan hatte alles, was dazugehörte, wenn auch auf kleinem Raum: beschwingte Musik vom Band, das Surren einer Zuckerwatte-Maschine, die Rufe des mit einem Strohhut gekrönten Kartenverkäufers, der Sermon des Ausrufers vor dem Nebenzelt, das Gemurmel der Menge; der Geruch nach feuchter Leinwand, warmer Schmiere und Karamellen, Pferdeäpfel, Sägespäne und Heu; ein

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