Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
anderen Farbe, einem anderen Modell, kam mit glühenden Wangen und Sturmfrisur wieder heraus und legte ihre Beute an die Kasse. Chaval präsentierte seine Kreditkarte, bezahlte. Trug die Tüten zum Auto. Hortense brauchte nur den geringsten Wunsch zu äußern, schon wurde er erfüllt. Im Gegenzug verlangte er nur das Recht, diesen wie von Sinnen begehrten Körper zu streicheln oder, wenn sie großzügig gestimmt war, den schmalen Tunnel zur Glückseligkeit zu durchschreiten.
» H & M …«, wiederholte er versonnen und reinigte unter dem Tisch seine Finger.
»Chaval!«, donnerte die Matrone und schlug mit dem langen Löffel, mit dem sie den Zucker in ihrem frisch gepressten Zitronensaft umrührte, gegen das Glas. »Wo sind Sie gerade?«
»Hier bei Ihnen, Madame, hier bei Ihnen …«
»Lügen Sie nicht! Ich hasse es, wenn man mich für dumm verkaufen will! Sie denken an sie, stimmt’s?«
»Nein, ich versuchte, H und M zu verstehen …«
»Aber das ist doch klar wie Quellwasser, mein armer Junge.«
Sie bedachte den Mann, der ihr gegenübersaß, mit einem entnervten Blick. Er war spindeldürr. Er trug eine schwarze Jeans, ein Jackett, das aussah, als käme es gerade aus der Reinigung, verschlissene Cowboystiefel, und seine markanten, scharf gezeichneten Gesichtszüge wirkten beinahe durchsichtig, so sehr war alles Leben daraus gewichen. Ein bleicher, kastrierter Statist. Was sollte sie bloß mit einem derart nichtssagenden Partner ausrichten? Doch dann verscheuchte sie diese düsteren Gedanken und fuhr entschlossen fort: »Ob Sie mit einem H oder einem M unterschreiben, kann man leicht verwechseln … Ich kann also, ohne den geringsten Verdacht zu erregen, Bestellungen im Namen von Casamia aufgeben, die von Marcel Grobz unterschrieben sind, Marcel Grobz in Rechnung gestellt und von seinem Konto abgebucht werden. Dann kann ich die Waren umleiten und sie in ein Lager liefern lassen, von wo aus sie günstig an skrupellose Einrichtungsketten weiterverkauft werden, die sich vom Gewinn locken lassen und auf die Gelegenheit stürzen werden. Und an diesem Punkt kommen Sie ins Spiel. Sie stellen die Verbindung zwischen diesen Ketten und mir her. Sie kennen die Einkäufer, Sie kennen die Preise, die Margen, die Bestellmengen, Sie werden den gesamten kaufmännischen Part übernehmen, während ich mich um Organisation und Verwaltung kümmere …«
»Aber das ist kriminell, Madame Grobz!«, rief Chaval, der mit einem Schlag das gewaltige Ausmaß des Betrugs erfasste.
»Das ist nicht kriminell, ich hole mir nur zurück, was mir gehört! Ich wurde beraubt, Chaval, beraubt … Ich sollte die Hälfte der Firma erben, aber ich habe nichts bekommen. Nichts.«
Sie schnippte mit den Fingern, um die Unermesslichkeit dieses Raubs zu verdeutlichen.
»Finden Sie das etwa anständig?«
»Hören Sie … was zwischen Ihnen und Ihrem Mann vorgefallen ist, geht mich nichts an … Ich habe mit dieser Geschichte nichts zu tun. Ich wäre um ein Haar wegen Umbuchungen und finanzieller Luftnummern im Gefängnis gelandet … Das Schicksal war mir gnädig. Aber wenn ich mich ein zweites Mal erwischen lasse, gehe ich hinter Gitter, und zwar für eine ganze Weile …«
»Nicht einmal, wenn Sie dabei ebenfalls auf Ihre Kosten kommen und ich Sie großzügig entschädige? Ich übernehme alle Kosten und Risiken, ich miete das Lager an, ich unterschreibe die Bestellungen, Sie erscheinen auf keiner einzigen Abrechnung, in keinem Schreiben, nirgends … Sie dienen mir lediglich als Fassade. Und für diese Statistenrolle werden Sie sehr gut bezahlt!«
»Aber, Madame, in dieser Branche kennt jeder jeden, das fliegt doch in null Komma nichts auf! Die werden uns einkassieren wie zwei blutige Anfänger …«
Henriette entging nicht, dass er sich verraten hatte. Er hatte »uns einkassieren« gesagt. Also, schloss sie, und warf sich unter ihrem großen Hut in die Brust, hat er nichts gegen die Vorstellung, ein Komplott zu schmieden. Er will nur nicht ins Gefängnis. Was beweist, dass ihm doch noch ein paar funktionstüchtige Neuronen geblieben sind. Der Mann war nicht so sehr geschwächt, wie es den Anschein hatte. Seine Gier war zurückgekehrt.
Sie dachte eine Weile nach. Er hatte nicht unrecht. Die Möbelbranche war nicht sehr groß, man würde sie rasch bemerken. Es sei denn, sie verkauften nur in kleinen Mengen weiter. Und wer »kleine Mengen« sagt, meint kleine Gewinne. Das kam nicht infrage. Sie musste also einen anderen Weg finden, den alten Grobz
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