Montags sind die Eichhörnchen traurig: Roman (German Edition)
Existenzminimum reduziert haben.
Er hat gesagt, diese Zeiten seien vorbei.
Niemals, niemals wieder!, versprach sie, während sie zum ersten Mal seit langen Monaten wieder die Sterne betrachtete.
Ich bin eine Schriftstellerin, ich bin eine fantastische Schriftstellerin, und ich verdiene es, zu schreiben. Ich höre auf, zu glauben, alle anderen seien besser als ich, klüger als ich, brillanter als ich, ich höre auf zu glauben, ich sei bloß ein armseliges Ding … Ich werde ein neues Buch schreiben.
Ganz allein. So, wie ich Die demütige Königin geschrieben habe. Mit meinen Worten. Meinen alltäglichen Worten, die so einzigartig sind. Das hat er auch gesagt.
Sie hielt nach dem kleinen Stern Ausschau, ihrem kleinen Stern am Ende der Deichsel des Großen Wagens, um zu sehen, ob er zurückgekehrt war, ob er funkelte, um ihr mitzuteilen, dass er sie hörte und verstand.
Weil, verstehst du, Papa, wenn ich es nicht schaffe, stolz auf mich zu sein, wer soll es denn dann sein?
Niemand.
Wenn ich kein Vertrauen zu mir habe, wer soll dann Vertrauen zu mir haben?
Niemand.
Und ich werde mein Leben lang immer wieder auf die Nase fallen …
Und das ist doch wohl kein Lebensziel, immer wieder und wieder auf die Nase zu fallen.
Ich will nicht mehr als Trantüte bezeichnet werden, und ich will mich nicht länger für ein Nichts halten.
Ich will keinem Chef mehr gehorchen. Iris, Antoine, meinen Vorgesetzten beim CNRS , den Kollegen an der Uni.
Ich will mich ernst nehmen. Mir vertrauen.
Ich verspreche dir feierlich, aufrecht zu stehen und vorwärtszugehen.
Sie schaute lange zu den Sternen auf, aber keiner von ihnen funkelte.
Sie bat sie, ihr beim Einstieg in das Buch zu helfen.
Sie versprach, dass sie ihren Kopf, ihre Augen und ihre Ohren weit öffnen würde, um jede Anregung aufzuschnappen, die vorbeihuschte.
Hey, ihr Sterne, sagte sie noch, schickt mir, was ich brauche, um voranzukommen! Schickt mir das passende Werkzeug, und ich verspreche euch, es gut zu nutzen.
Sie betrachtete die Wohnungen hinter den Bäumen. In manchen Wohnzimmern hatten die Leute Weihnachtsbäume aufgestellt. Sie leuchteten wie bunte Taschenlampen. Sie fixierte die Lichter, bis sie zu zittern und Girlanden zu bilden begannen.
Die schrägen grauen Dächer, die hohen schwarzen Bäume, die regelmäßigen Fassaden, dies alles sagte ihr, ohne dass sie wusste, warum, dass sie in Paris lebte und glücklich darüber war. Es war wie eine unstillbare, heimliche Liebe.
Sie war an ihrem Platz, und sie war glücklich.
Und sie würde ein Buch schreiben.
Es fühlte sich an, als explodierte die Freude regelrecht in ihrem Inneren.
Es regnete Freude in ihrem Herzen. Wogen der Freude, Sturzbäche der Gelassenheit, Sintfluten der Kraft. Sie lachte in der Dunkelheit laut auf und zog das Federbett fester um sich, um sich vor den Spritzern zu schützen.
Da wusste sie, dass sie ihren Vater wiedergefunden hatte. Er funkelte nicht am Ende einer Wagendeichsel am Himmel, sondern schüttete ihr eimerweise Glück ins Herz.
Eine Flutwelle aus Glück.
Es war zwei Uhr morgens. Sie verspürte den Drang, Shirley anzurufen.
Und sie rief Shirley an.
»Wann kommst du nach London?«
»Morgen«, sagte Joséphine. »Ich komme morgen.«
Morgen war Freitag. Zoé würde eine Woche bei Emma verbringen, um dort zu lernen. Joséphine hatte vorgehabt, zu Hause zu bleiben, zu putzen und zu bügeln. Iphigénie hatte einen Korb voller Bügelwäsche zurückgelassen.
»Im Ernst?«, wunderte sich Shirley.
»Im Ernst … Du kannst dich darauf verlassen!«
Sie hatten beide je einen Becher Ben & Jerry’s gegessen und rieben sich den Bauch, während sie in Shirleys Küche auf dem Boden lagen und jetzt schon all das Fett, all den Zucker, all die Haselnüsse, all das Karamell und all die Schokolade bereuten, die sie wieder würden abtrainieren müssen. Lachend stellten sie eine Liste mit köstlichen, aber gefährlichen Dingen auf, die sie nie wieder essen dürften, wenn sie nicht als zwei dicke Damen in Antibes enden wollten.
»Als dicke Dame in Antibes könnte ich keinen Bauchtanz mehr für Oliver aufführen, und das wäre doch schade …«
Oliver? Joséphine richtete sich auf, legte den Kopf in eine Hand und öffnete den Mund.
Shirley hielt sie auf, bevor sie die Frage stellen konnte.
»Sei still, sag nichts, hör zu und sprich mich nie wieder darauf an, nie wieder, versprochen? Warte ab, bis ich von mir aus davon erzähle …«
Joséphine nickte und legte einen Finger an die
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