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Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Titel: Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena Moser
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Brillengläsern, Zöpfen und Zahnspange. Nichts hatte damals vermuten lassen, dass hier ein zukünftiges Glamourmodel heranwuchs. So hatte sie ihren Berufswunsch formuliert, gestern beim Abendessen.
    «Was ist ein Glamourmodel?», hatte Marie gefragt.
    Stefanie hatte die Augen verdreht. Gion musste es ihr erklären: «Ein Unterwäschemodell.» Es schien ihn nicht zu stören. «Berühmt werden, ohne Rollen lernen zu müssen – Baby, du machst es besser als dein Alter!»
    An ihrem ersten gemeinsamen Wochenende hatten sie zusammen einen Schinkenkäsetoast mit Spiegelei seziert. Sauber das Eigelb aus dem Weiß gelöst und zur Seite gelegt, als sei es ein Organ. Die Brotscheiben aufgeklappt wie eine Bauchdecke, den Käse weggekratzt, den Schinken zerteilt. Stefanie hatte Marie genau beobachtet und ihr alles nachgemacht. Sie hatte die Namen der Muskeln nachgesprochen, Gluteus Minimus, Medius, Maximus, als handle es sich um ein Gebet. Damals hatte Stefanie Ärztin werden wollen, wie Marie. Sie hatte sich in ihren Arm geschmiegt, als sie ihr später eine Geschichte vorlas. Als Gion spätnachts nach Hause kam, hatte er sie so auf dem Sofa vorgefunden, zusammen unter eine Decke gekuschelt, das offene Buch noch in Maries Hand. Er hatte sich zu ihnen gekauert. Marie war aufgewacht. Er hatte sie nur angeschaut. Dann hatte er ihre Hand genommen und geküsst.
    Das hatte noch nie jemand getan. In genau diesem Moment würde sie die Zeit anhalten, da auf dem Sofa mit Gion und Stefanie. Sie, Marie, die dicke Marie, die beste Freundin, die verlässliche Kollegin, hatte den Mann gekriegt, den Mann, den alle wollten, und der nur sie liebte. Und seine Tochter liebte sie auch. Jetzt, wo Gion gesehen hatte, wie gut sie mit Kindern umgehen konnte, wie sehr sie für die Mutterrolle geschaffen war, würden sie bald eigene Kinder haben, sie würden aufs Land ziehen, Marie würde eine Hausarztpraxis übernehmen, Stefanie würde bei ihnen wohnen, sie würden einen Hund haben …
    «Danke», hatte er schließlich gesagt. «Du bist … du bist einfach … ich finde keine Worte, du bist …»
    … Unmöglich! Heute fand er ohne Schwierigkeiten Worte für sie, viele Worte. Unmöglich, irrational, nicht nachvollziehbar, kindisch, überemotional. Heute fürchtete sich Marie vor den Wochenenden mit Stefanie. Und ihre Phantasie von damals drohte wahr zu werden, jetzt, wo sie sich in einen Albtraum verwandelt hatte. Seit Eva ebenfalls mit einem neuen Mann zusammenlebte, verbrachte Stefanie mehr und mehr Zeit bei ihnen. Der Freund ihrer Mutter sei ein Wichser und ein Perverso – mehr sagte sie nicht, aber Gion schien es zu genügen. Und da er nicht arbeitete und ohnehin meist zu Hause war, hatte er Stefanie einen Schlüssel gegeben. «Komm einfach, wenn du es bei deiner Mutter nicht mehr aushältst. Jederzeit. Tag und Nacht. Du bist hier zu Hause.»
    Das ist mein Zuhause, hatte Marie gedacht. Mein Zuhause? Welche verheiratete Frau dachte so? Die glücklichste Frau der Schweiz?
    Stefanie benutzte ihren Schlüssel oft. Wenn Marie von der Arbeit kam, fand sie manchmal zwei oder drei junge Mädchen im Wohnzimmer vor, die gleichzeitig fernsahen, telefonierten, auf ihren Laptops chatteten und sich die Nägel lackierten. Maries Bettcouch war bereits mit so vielen Nagellackspuren überzogen, dass es wie ein Muster wirkte.
    «Scheiße, Mann!» Stefanie warf die Fernbedienung quer durch den Raum und brach in Tränen aus. «Nichts funktioniert in diesem Scheißloch!»
    «Stefanie, bitte!»
    «Stefanie, bitte!», äffte das Mädchen Marie nach. «Was weißt du denn schon, wie mein Leben aussieht! Nichts weißt du! Wo ist überhaupt Gion? Warum ist er nicht da? Ich muss mit ihm reden!»
    «Ich habe keine Ahnung.» Marie schaute sich um, als versteckte er sich in der verwinkelten alten Wohnung. «Ich bin auch erst nach Hause gekommen, wie du siehst.»
    Stefanie verschränkte die Arme vor der Brust. Marie konnte sehen, dass sich die kleinen Haare auf ihren Armen aufgestellt hatten. Sie musste frieren in dem seltsamen pinkfarbenen Anzug.
    «Magst du etwas essen?», fragte sie.
    Stefanie schüttelte den Kopf. «Ich bin auf Diät», sagte sie. Sie betonte das «ich», und ließ ihren Blick über Maries Hüften gleiten.
    «Auf Diät? Stefanie, das ist doch lächerlich. Das hast du doch nicht nötig!»
    «Du hast doch keine Ahnung! Schau dich doch an!»
    Aber ich habe so ein liebes Gesicht, wollte Marie sagen, ich habe so schöne Augen … «Stefanie, ich bin Ärztin. Ich

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