Montana 04 - Vipernbrut
dahinterstecken könnte … es muss jemand sein, den ich kenne … aber … « Sie zuckte die Achseln. »Bislang will mir einfach niemand einfallen.«
»Dann arbeiten wir eben zusammen daran.«
»Sicher. Deshalb ziehst du ja auch bei mir ein.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
»Nur vorübergehend. Bis wir den Irren hinter Schloss und Riegel gebracht haben.« Er versuchte, weder panisch noch verzweifelt zu klingen, wollte sie nicht noch mehr verängstigen, doch sie wussten beide, dass sie in Gefahr war. Der Killer geriet langsam in Wut darüber, dass er nicht die Aufmerksamkeit bekam, nach der er so sehr verlangte, deshalb hatte er ihr die Karte geschickt. Doch wer wusste schon, wie sein nächster Schritt aussehen würde?
»Habe ich in der Angelegenheit auch etwas zu sagen?«, fragte sie.
»Nicht wirklich.«
»So geht es mir bei allem. Dann bist du also … was? Mein selbsternannter Bodyguard oder so was Ähnliches?«
»So was Ähnliches.« Er öffnete eine Plastiktüte mit Einkäufen, die er im Eisenwarenladen getätigt hatte, und zog einen neuen Türknauf und ein Bolzenschloss heraus. »Ich nehme an, du hast mitbekommen, dass Gabe morgen früh nach Helena überstellt wird.«
»Nein.« Sie zuckte die Achseln, doch er konnte ihr ansehen, wie sehr ihr das zu schaffen machte. »Noch ein Fall, aus dem ich definitiv draußen bin.«
Ihm war klar, dass es sie verrückt machte, dass ausgerechnet eine Mordserie, in der sie im Mittelpunkt stand, ohne sie aufgeklärt werden sollte, und dann enthielt man ihr auch noch Informationen ihren Sohn betreff end vor.
»Glaubst du, ich kann ihn vorher noch einmal sehen?«
»Aggie möchte nicht, dass du Kontakt zu ihm aufnimmst. Das Gleiche gilt übrigens für mich, auch ich bin aus dem Fall draußen.«
»Dann sind wir also beide gefeuert.«
»Könnte man so sagen.«
»Weißt du was? Aggie kann mir mal den Buckel runterrutschen!« Ihre Wangen röteten sich leicht, ihre Augen blitzten zornig auf. Vermutlich hatte sie sich seit langem nicht mehr so hilflos gefühlt.
»Hat jemand Gabe gefragt, was er möchte?«
»Das glaube ich kaum.«
»Verdammt.« Selena stand auf, ging in die Küche und holte eine Flasche Mineralwasser aus dem Kühlschrank. Sie öffnete sie und nahm einen großen Schluck.
»Schmeckt’s?«, fragte er und betrachtete sie vom Wohnzimmer aus.
»Nein, aber das muss im Augenblick genügen.«
»Ich lade dich zum Abendessen ein«, schlug er vor.
»Jetzt?«
»Nein, jetzt nicht, aber sobald ich fertig bin.«
»Fertig womit?«
»Ich tausche die Schlösser aus. Dachte, das wäre schon mal ein Anfang. Nur für den Fall, dass doch jemand einen Schlüssel hat.«
»Ist das nicht ein bisschen aufwendig?«, fragte sie, doch sie erhob weiter keine Einwände. Obwohl sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, war sie nervös und zwang sich, gelassener zu erscheinen, als sie wirklich war.
»Die Schiebetür zur Terrasse hat ein Schloss, oder?«
Sie nickte. »Ein im Fußboden verankertes Bolzenschloss an der Schiene, das von außen nicht geöffnet werden kann.«
»Gut.« Trotzdem überprüfte er die Tür und vergewisserte sich, dass sie richtig schloss, dann richtete er sich auf. »Dann werde ich mal das Schloss an der Haustür anbringen und anschließend einen Blick auf die Fenster werfen. Du«, er deutete mit dem Schraubenzieher auf sie, »möchtest dir vielleicht etwas weniger Legeres anziehen. Abendessen, erinnerst du dich?«
»Oh, richtig.« Sie wollte schon die Treppe hinaufeilen, doch dann blieb sie auf der zweiten Stufe stehen. »Ich glaube nicht, dass der Mörder noch einmal herkommen wird.«
O’Keefe öffnete seine Werkzeugkiste und sagte: »Vielleicht nicht, aber ich möchte einfach sichergehen, nur für den Fall, dass er doch noch mal auftaucht. Mist. Ich brauche einen Kreuzschlitzschraubenzieher. Hast du zufällig einen?«
»In der Garage, auf der Werkbank.«
»Super. Bin gleich wieder da!« Er machte sich auf den Weg in die Garage, nicht ohne zuvor ein Lächeln in ihre Richtung zu schicken. »Der Kerl wird hier nicht mehr reinkommen.«
Wer? Wer? Wer?
Pescoli bekam den Fall nicht aus dem Kopf, auch nicht, während sie zu Hause auf J eremy wartete und Bianca im Badezimmer rumoren hörte, die scheinbar den Weltrekord im Langzeitduschen brechen wollte. Pescoli brauchte höchstens zehn Minuten im Bad, um zu duschen, Haare zu waschen und Zähne zu putzen, ihre Tochter dagegen mindestens eine Stunde, mitunter sogar anderthalb. Das
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