Montana 04 - Vipernbrut
einem Erwachsenen bewohnt, eher von einem Zwölfjährigen.
Was Bianca anbelangte, so war diese so dickköpfig wie ihre Eltern und in einem Alter, in dem sie ihre Grenzen austestete und versuchte, sich immer mehr Freiheiten herauszunehmen.
Pescolis Handy piepte. Bianca hatte eine SMS geschickt: Bin mit Michelle unterwegs. Weihnachtsshopping. Bin bald zu Hause. Xoxo
Xoxo. Umarmung und Küsschen. Nun, darüber konnte sie sich nicht beschweren, dachte sie, obwohl sie es gern getan hätte. Michelle war genau genommen die Stiefmutter von Bianca und Jeremy, obwohl Regan die Vorstellung von der Mitte Zwanzigjährigen als Elternteil überhaupt nicht gefiel, schon gar nicht, wenn es um ihre Kinder ging. Michelle war Luckys aktuelle Ehefrau, hatte lange blonde Haare, eine mörderische Figur und war trotz ihres unschuldig-naiven Aussehens eine äußerst clevere Frau, die es - aus Gründen, die Pescoli nicht nachvollziehen konnte - auf Luke abgesehen und ihn gleich nach dem College geheiratet hatte.
Michelle spielte ihre Weibchenrolle mit Bravour, doch es steckte weit mehr in ihr, als auf den ersten Blick zu erkennen war. Zähneknirschend musste Pescoli zugeben, dass sie sich bei Bianca um den »Mädchenkram« kümmerte. Sie gingen zusammen zur Kosmetikerin und Maniküre, trafen sich zum Mittagessen oder zum Kaffee und shoppten bis zum Umfallen. Kein Ausverkauf war vor ihnen sicher.
Zumindest blieben Regan diese Dinge erspart. Sie half Bianca bei den Haus auf gaben und meldete sie gern bei jeder nur erdenklichen Sportart von Fußball über Tennis bis hin zum Reiten an, doch Bianca hatte von Anfang an all die Dinge geliebt, die Pescoli am Frausein verabscheute.
Mit DIR stimmt etwas nicht, Mom, nicht mit Michelle, hatte Bianca ihr einst vorgeworfen. Was ist bloß los mit dir? Du tust ja fast so, als müsstest du beweisen, dass du mehr Mann als Frau bist, und das ist ekelhaft!
»Bingo«, sagte Regan jetzt und schrieb ein einzelnes K zurück, Biancas SMS-Kürzel für »okay«.
Jeremy, erwachsen, wie er war, machte sich natürlich nicht die Mühe, ihr zu antworten.
Sie hätte Santanas Einladung wirklich annehmen sollen!
Stattdessen nahm sie das Geschirr in Angriff, räumte die Spülmaschine aus, brachte die überquellenden Mülleimer und die leere Pizzaschachtel nach draußen in die Tonne, auf deren Deckel der Schnee gute zehn Zentimeter hoch lag. Es war eine stille Nacht, der Schnee rieselte leise - eine durch und durch »joellige« Stimmung, dachte Pescoli und stöhnte leise bei dem Gedanken an die Weihnachtsgeschenke, die sie fürs Wichteln besorgen musste.
Gerade als sie ins Haus zurückkehrte, klingelte ihr Handy.
Sie lächelte, als Biancas Foto auf dem Display erschien.
»He«, sagte sie und ging ins Wohnzimmer. Der noch kahle Christbaum, ohne Schmuck oder Lichter, stand bereits in der Ecke.
»Hi, Mom!« Bianca klang atemlos.
»Wo bist du?«
»Noch immer im Einkaufszentrum. Michelle und ich haben gerade zu Abend gegessen, und ich habe noch jede Menge Einkäufe zu erledigen, deshalb dachte ich, es wäre leichter für Michelle, wenn wir … ähm, zu Ende shoppten und ich bei Dad bleiben würde.«
»Über Nacht?«
»Ja. Michelle sagt, sie fährt mich morgen früh zur Schule.«
Pescoli versuchte, den Stich im Herzen zu ignorieren. »Du musst doch noch deine Hausaufgaben erledigen.«
»Was denkst du denn?«, fragte Bianca mit gespielter Empörung, bevor sie rasch hinzufügte: »Ich habe mein Englischreferat schon fertig und muss nur noch ein bisschen Algebra machen.«
»Was ist mit Spanisch?«
»Fertig.«
Sie wollte nein sagen, wollte ihr befehlen, nach Hause zu kommen, doch das wäre selbstsüchtig und herrisch und würde ihr den Umgang mit Bianca nicht gerade erleichtern.
»Na schön.« Nein, sie wollte das Loch in ihrem Herzen nicht spüren, also fuhr sie schnell fort: »Dann sehe ich dich … wann? He, warte mal, wird Michelle dich auch rechtzeitig zum Tanztraining bringen?«
»Ja. Sie findet, das dürfte ich auf keinen Fall verpassen. Du weißt doch, dass sie auf der Highschool das Cheerleaderteam angeführt hat!«
Ja, ja, vor ungefähr zwei fahren, hätte Pescoli am liebsten erwidert, doch sie biss sich auf die Zunge, obwohl es sie immer noch schrecklich ärgerte, dass Lukes Neue so jung war. »Na schön, dann essen wir eben morgen zusammen zu Abend. Um sieben. Einverstanden?«
»Einverstanden.«
»Vielleicht haben wir Glück, und Jeremy leistet uns Gesellschaft.«
»Wenn du glaubst … «
»Ich
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