Montana 04 - Vipernbrut
erwählten Frauen, waren körperlich perfekt, und - saftstrotzender Mann, der er war - er begehrte jede einzelne von ihnen, malte sich aus, was er im Bett mit ihnen anstellen würde.
Er musste sich schwer zusammenreißen, um sie nicht durchzuvögeln, dass ihnen Hören und Sehen verging, doch, das musste man ihm zugutehalten, hatte er bislang noch keine von ihnen bestiegen, hatte noch nicht seinen steinharten Schwanz in ihren engen, kleinen …
Nein! Denk nicht mal dran …
Er holte tief Luft, füllte seine Lungen, dann atmete er langsam aus. Sein Pulsschlag beruhigte sich wieder.
Er musste sich beherrschen.
Er würde sich beherrschen!
Schon deutlich gelassener richtete er die Fernbedienung auf den Fernseher, als wäre sie eine Pistole, dann drückte er den Aus-Knopf. Der Bildschirm wurde schwarz. Es gab viel zu tun. Es war definitiv an der Zeit, die Dinge ein wenig aufzumischen.
»Ich muss los«, sagte Pescoli, blieb an Alvarez’ Schreibtisch stehen und zog den Reißverschluss ihres Daunenmantels hoch. »Ich habe meine Kinder länger nicht gesehen, es sei denn, man zählt die unerfreuliche Begegnung mit Jeremy nach seiner durchgemachten Nacht dazu.«
»Es ist Samstagabend. Da werden sie doch bestimmt nicht zu Hause sein.«
Pescoli hängte sich die Riemen ihrer Handtasche über die Schulter und grinste müde. »Sie werden kurz vorbeischauen, um mir etwas Geld aus dem Kreuz zu leiern. Ich hoffe nur, dass sie mit dem Hund rausgehen.«
Sie stürmte aus dem Büro. Alvarez sah ihr nach, dann warf sie einen Blick auf die Uhr. Morgen war auch noch ein Tag, selbst wenn es ein Sonntag war. Trotzdem konnte sie sich des unguten Gefühls nicht erwehren, dass ihnen die Zeit davonlief. Jede verstrichene Minute verschaffte dem Killer weitere sechzig Sekunden, um seinen nächsten Schritt zu planen. Der größte Feind in ihrem Job war die Zeit, dachte Alvarez bitter.
Sie verglich noch einmal die Fotos der Opfer, vor und nach ihrem Tod, und verspürte einen Stich, als sie das Schmetterlingstattoo an Lara Sues Knöchel betrachtete. Was es wohl bedeuten mochte? Stand es für Freiheit? Schönheit? Oder war es nur die Laune eines bedauernswerten Mädchens, das, wie Taj Nayak von der Vermisstenabteilung bemerkt hatte, »durch die Maschen geschlüpft« und schon als Teenager auf sich selbst gestellt gewesen war? Lara war ganz anders als Opfer Nummer zwei, Lissa Parsons, eine gebildete Frau mit einem guten Job, die ab und an einen Freund hatte. Ihr Vater lebte mit ihrer sehr viel jüngeren Schwester in Pocatello, Idaho, beide waren am Boden zerstört.
Wer war die ominöse Person, die sie beide kannten und die sie auf so schicksalhafte Art und Weise miteinander verknüpft hatte? Und wo war Brenda Sutherland? Befand auch sie sich in den Fängen des Mörders, war sie von jemand anders entführt worden, oder hatte sie sich einfach aus dem Staub gemacht, wie ihr Ex-Mann behauptete, eine alleinstehende Mutter, die dem Druck nicht mehr standgehalten hatte? Niemals. Tief im Innern wusste Alvarez, dass Brenda demselben Irren über den Weg gelaufen war, der die beiden anderen Frauen auf dem Gewissen hatte.
Möge Gott ihr beistehen.
Sie legte ihr Schulterholster an, schlüpfte in Jacke und Handschuhe, dann nahm sie ihren Laptop und die Handtasche und ging durch den weihnachtlich geschmückten Gang zur Hintertür. Als sie am Aufenthaltsraum vorbeikam, fiel ihr Blick auf zwei Streifenpolizisten, Rule Kayan und Pete Watershed, die eifrig den Kühlschrank und die Regale nach Resten von Joelles Weihnachtsgebäck absuchten und lautstark bedauerten, dass man nicht ein einziges Plätzchen für sie übrig gelassen hatte. Rule war ein großer, kräftiger Afroamerikaner, der eher aussah wie ein Angriffsspieler beim Basketball als wie ein Polizist, und er war ein Mann, dem Alvarez vertraute. Watershed dagegen war nicht so ihr Fall. Er sah gut aus, was er durchaus wusste, und er stand auf derbe Witze. Als Polizist war er nicht schlecht, doch Alvarez konnte gut ohne ihn leben. Heute führten sich die beiden auf wie zwei hungrige Teenager, bereit, alles in sich hineinzustopfen, was halbwegs genießbar war.
»Schönen Abend noch«, wünschte Alvarez, ohne stehen zu bleiben.
Rule grinste sie an. »Bis dann!« Watershed blickte kaum auf und schimpfte weiter, weil nichts Essbares aufzutreiben war. Anscheinend, dachte Alvarez, als sie zur Hintertür hinaus-trat, war Pescoli die einzige Person im ganzen Department, die Joelles Bemühungen, für ein
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