Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
wo …”
Am liebsten hätte Dylan den Kater von seinem Schoß genommen, um Kristy an sich zu ziehen und sie nach Kräften zu trösten, doch er rührte sich nicht. Sie hatte ihr altes Pferd Sugarfoot mit einer fast heiligen Treue geliebt.
So hatte sie
ihn
nie geliebt.
Als er nach einer Weile wieder etwas sagte, kam es ihm vor, als würde jedes Wort wie Stacheldraht in seinem Hals kratzen. “Angenommen, in Sugarfoots Grab wird tatsächlich eine menschliche Leiche gefunden. Ich meine, deine Eltern leben nicht mehr, Kristy, Sugarfoot ebenfalls. Das kann doch keinem von ihnen noch wehtun.”
Oh verdammt, fällt mir denn nichts Dümmeres ein?, fluchte Dylan im nächsten Augenblick innerlich und fuhr sich frustriert durchs Haar.
Natürlich würde das den Madisons und Sugarfoot jetzt nicht mehr wehtun – aber Kristy sehr wohl.
Sie hatte ihr ganzes Leben in Stillwater Springs verbracht. Das hier war ihr Zuhause, der einzige Ort, an dem sie sich wohlfühlte. Genau das war auch das Problem gewesen, das damals zwischen ihnen stand. Sie wollte dieses Zuhause nicht verlassen, während ihn hier nur wenig gehalten hatte.
War es da ein Wunder, dass sich ihre Wege unweigerlich getrennt hatten?
Kristy biss sich auf die Unterlippe, legte zaghaft ihre mit Farbe verschmierte Hand auf seine und wagte ein Lächeln. “Ich weiß, du hast es nicht so gemeint”, sagte sie so sanft, dass er zusammenzuckte. Er war an rauen Umgang gewöhnt, in seiner Kindheit und Jugend mit Jake und mit seinen Brüdern, später dann beim Rodeo. Er konnte auch sanft sein, vor allem bei Bonnie, oder wenn er ein verlassenes oder verletztes Tier auflas. Aber es war etwas ganz anderes, derjenige zu sein, der eine sanfte Behandlung erfuhr, und das empfand er als ausgesprochen unbehaglich.
Er räusperte sich und wappnete sich für einen neuen Anlauf. Immerhin war er ein Creed, und das bedeutete, dass er nicht so schnell aufgab. Und selbst wenn er sich bereits um Kopf und Kragen redete, konnte er einfach nicht aufhören.
“Warum hast du dir nach Sugarfoot nie ein neues Pferd zugelegt?”, hörte er sich fragen und verfluchte sich schon wieder, da er das auch nicht hatte sagen wollen. Es war ihm über die Lippen gekommen, bevor ihm bewusst wurde, was er da eigentlich redete.
Ein sehnsüchtiger Blick erfüllte Kristys unglaublich blaue Augen. “Man braucht Geld, um ein Pferd zu unterhalten”, antwortete sie nach sehr langem Schweigen. “Eine Menge Geld. Bibliothekarinnen zählen nicht gerade zu den Spitzenverdienerinnen, Dylan.”
“Du konntest doch auch dieses Haus kaufen”, hielt er dagegen.
“Als meine Großtante vor eineinhalb Jahren starb, habe ich etwas Geld geerbt”, antwortete sie in einem Tonfall, als wundere sie sich, warum sie ihm so etwas Persönliches eigentlich erzählte. “Damit habe ich das Haus angezahlt und bin dann eingezogen.”
Der Kater langweilte sich bereits. Da Dylans T-Shirt mit weißen Haaren übersät war, fand er wohl, dass er seine Arbeit getan hatte und er nun auf dem Küchenboden einer Spielzeugmaus nachjagen sollte.
“Du und der Kater deiner Großtante”, überlegte Dylan, als er sich daran erinnerte, dass Kristy immer eine große Familie und ein ganzes Rudel Haustiere haben wollte. Als Einzelkind hatte sie sich ständig viel zu einsam gefühlt.
“Oh, Winston gehörte nicht Tante Millie”, stellte Kristy klar. “Eigentlich gehört er Freida Turlow. Als sie hier auszog und ich einzog, stand der Kater Tag und Nacht vor der Tür. Freida ist darüber genauso sauer wie über die Tatsache, dass ich das Haus gekauft habe. Sie scheint zu glauben, ich hätte ihr auch den Kater abspenstig gemacht.”
Dylan erinnerte sich noch gut an Freida Turlow. An seinem sechzehnten Geburtstag hatte sie versucht, ihn zu verführen, und womöglich wäre er auf ihr Angebot eingegangen. Aber da war er bereits in Kristy verliebt gewesen.
“Freida ist immer auf irgendwen sauer”, betonte er, verkniff sich jedoch den Kommentar, dass er sich an Winstons Stelle auch für Kristy entschieden hätte.
Kristys Augen nahmen wieder diesen hoffnungslosen Ausdruck an. Für ein paar Minuten hatte sie vergessen, welcher mögliche Skandal auf sie zukam, aber nun sah Dylan ihr an, dass ihre Gedanken erneut darum kreisten. “Freida wird die Schlimmste von allen sein”, sagte sie leise, “wenn sich Floyds Verdacht bestätigen sollte.”
“Und was wirst du machen”, wagte Dylan zu fragen, “wenn es dazu kommt?” Ihn überraschte, welche
Weitere Kostenlose Bücher