Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
doch klüger, als er es für möglich gehalten hatte. Irgendwie musste ihr klargeworden sein, dass er dafür kämpfen würde, Bonnie zu behalten.
Sie wollte etwas von ihm.
Genauer gesagt: Sie wollte Geld.
Er hasste es, wenn man ihn aufs Kreuz zu legen versuchte. Aber es wäre viel schlimmer gewesen, seine Tochter zu verlieren.
“Spuck’s schon aus, Sharlene”, forderte er sie auf.
“Wenn wir ein paar tausend Dollar hätten, um die Zeit zu überbrücken, bis Clint bei einer der Ölfirmen einen Job bekommt …”
“Dann würdet ihr
was
machen?”
“Dann könnten wir uns ein kleines Haus mieten, uns einrichten und so. Und in ein paar Monaten würden wir dann Bonnie nach Hause holen …”
Bonnie ist zu Hause, dachte Dylan. Auf keinen Fall würde er zulassen, dass Sharlene sein Mädchen nach Texas bringt, um bei diesem Clint zu leben, wer auch immer der Typ sein mochte. Wer wusste schon, was Sharlene das nächste Mal tun würde, wenn sie seine Unterhaltszahlung verpulvert hatte und wieder auf die Idee kam, dass sie sich nicht um Bonnie kümmern konnte.
“Wie viel, Sharlene?”
Ob Bonnie klar war, mit wem er redete, war ihr nicht anzusehen. Sie beobachtete ihn nur weiter und lutschte am Daumen.
Er hörte, wie sich Sharlene mit ihrem Freund beratschlagte. Ihre Stimme klang gedämpft.
“Dreitausend”, sagte sie schließlich. “Du kannst das Geld gleich anweisen. Beeil dich, Dylan.”
“Und als Gegenleistung erhalte ich was?”
“Dafür darfst du Bonnie noch ein paar Monate bei dir behalten.”
Dieses elende Miststück! Sie hatte kein Problem damit, zwei oder drei Monate im Leben ihrer Tochter einfach zu verkaufen. Angesichts Sharlenes Vergangenheit hätte ihn das nicht überraschen sollen, dennoch hatte er so etwas nicht von ihr erwartet.
“Einverstanden”, erklärte er, nachdem er sekundenlang mit sich hatte ringen müssen, um nicht die Beherrschung zu verlieren. In einer Schublade fand er einen Bleistift und einen alten Umschlag. “Dann gib mir die Nummer.”
Das tat sie, und nachdem sie ihren Willen bekommen hatte, nahm ihre Stimme wieder einen lieblichen, melodischen Klang an.
“Beeil dich”, wiederholte sie, dann legte sie auf.
Er nahm Bonnie und fuhr mit ihr in die Stadt, um als Erstes die Zahlung anzuweisen.
Es kam nicht auf die paar tausend Dollar an. Die waren nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein, verglichen mit den Anteilen, die ihm an Logans Unternehmen gehörten. Wichtig war, dass er sich mit diesem Geld Zeit erkaufte, damit die Sorgerechtsklage auf den Weg gebracht werden konnte. Trotzdem ging es ihm gegen den Strich, sich auf eine so plumpe Weise erpressen zu lassen.
Nachdem das Geld angewiesen worden war, machte er sich auf den Weg zur Bibliothek. Er musste Kristy sehen, auch wenn es nur für eine Weile war. Und abgesehen davon würde Bonnie sonst keine Ruhe geben und nichts anderes als “Schichte” mehr sagen.
Kristy saß an der Information und sah sofort auf, als sie beide hereinkamen. Sie sah aus, als hätte sie seit Tagen kein Auge mehr zugetan, auch wenn sie das vor den Besuchern der Bibliothek zu überspielen versuchte. Dylan durchschaute sie jedoch sofort. Und er nahm ihren Zustand mit Sorge zur Kenntnis.
“Ich glaube, wir brauchen ein paar Bücher”, sagte er, als er an der Reihe war. “Bonnie will unbedingt eine Geschichte hören.”
Kristy hatte dunkle Ringe unter den Augen und sah so schmal und blass aus, als hätte sie über Nacht zehn Pfund abgenommen. Kein Wunder! Immerhin wollte der Sheriff im Grab ihres Pferdes nach einem menschlichen Leichnam suchen – dessen Tod angeblich auf das Konto ihres Vaters ging.
Er war so in seine eigenen Probleme mit Sharlene vertieft gewesen, dass ihm fast entgangen wäre, was Kristy momentan durchmachen musste.
“Ich glaube, da kann ich behilflich sein”, entgegnete sie mit aufgesetzter guter Laune.
Sie kam um die Theke herum, zwinkerte Bonnie zu, die die Arme um Dylans Hals geschlungen hatte, und führte sie in die Kinderbuchabteilung. Dort suchte sie “Coco, der neugierige Affe”, “Gute Nacht, sagt der Mond” und “Welcher Po passt auf dieses Klo?” aus.
Dylan wollte seinen Augen nicht trauen, als er den letzten Titel in der Hand hielt. “Das lese ich nicht laut vor”, erklärte er und spürte, wie sein Gesicht zu glühen begann. “Abgesehen davon weiß Bonnie längst, wie das geht. Glaub mir.”
Sie grinste amüsiert. “Feigling!”
Warum war er nicht einfach in seinem Truck
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