Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
mir den Knöchel verstaucht.”
“Setzen Sie sich hin”, forderte Kristy sie auf.
Die Frau ließ sich auf den Stuhl sinken. “Ich weiß, das wirkt sonderbar …”
“Das
wirkt
sonderbar?”, entgegnete sie aufgebracht, auch wenn sie inzwischen schon ein wenig ruhiger geworden war. “Freida, ich wäre vor Angst fast gestorben!”
“Es tut mir leid”, schniefte Freida “Ich hatte nur …”
“Was hatten Sie nur?”
“Heimweh, glaube ich. Ich wollte mein altes Zimmer sehen.”
“Sie hätten auch anklopfen und mich darum bitten können, anstatt sich wie ein … wie ein Einbrecher ins Haus zu schleichen.”
Freida lächelte auf eine eigenartige, versonnene Weise. “Sie haben mein Zimmer verändert. Die Sitzbank am Fenster ist weg, den Teppichboden haben Sie herausgerissen …”
Sie war bei Weitem nicht so ruhig, wie sie eben noch gedacht hatte. Um sich mit irgendetwas zu beschäftigen, stellte Kristy den Wasserkocher an und holte Teebeutel und Tassen aus dem Schrank. “Sie wussten, dass ich hier renoviere, Freida. Sie hätten fragen können, dann hätte ich Sie durchs Haus geführt.”
Wieder schniefte Freida und ließ die breiten Schultern etwas sinken. Sie war schon immer ein athletischer Typ gewesen, lief Marathons und trainierte mit Gewichten. “Es tut mir leid”, wiederholte sie. “Oh, Kristy, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, dass ich … dass ich …”
Kristys Wut verrauchte allmählich. Ihr Herz schlug wieder normal, und sie atmete jetzt auch ruhiger und gleichmäßiger durch. “Ich schätze, Sie hatten in der letzten Zeit viel Stress wegen der Probleme mit Brett und alledem.”
Freidas Miene verhärtete sich. “Oh ja, mein kleiner Bruder Brett. Er lässt sich jetzt in Billings behandeln, müssen Sie wissen.”
“Davon habe ich gehört”, entgegnete Kristy. “Es muss doch erleichternd sein, zu wissen, dass er die nötige Hilfe bekommt.”
“Ich hätte Briana Creed beim Treffen des Leseclubs nicht so behandeln sollen”, murmelte Freida, auch wenn ihr Gesichtsausdruck das nicht unterstrich.
Kristy sagte dazu nichts, sondern verteilte die Teebeutel auf die Tassen und wartete, dass das Wasser kochte.
“Sie finden sie sympathisch, nicht wahr?”, hakte Freida nach.
“Ja.” Kristy sah durch das Fenster über der Spüle nach draußen, ob sie irgendwo Winston ausmachen konnte. Ihr blieb nur zu hoffen, dass er nicht davongelaufen oder gar von einem Auto angefahren worden war.
“Finden Sie mich auch sympathisch?”
Die Frage war so ungewöhnlich, dass Kristy sich umdrehte und Freida grübelnd ansehen musste. Fand sie Freida Turlow sympathisch? Die Antwort war ein klares Nein. Allerdings fand sie sie auch nicht unsympathisch. Sie beide hatten kaum etwas gemeinsam, hinzu kam ein beträchtlicher Altersunterschied.
“Ich kenne Sie schon mein ganzes Leben, Freida”, wich sie aus.
Freida wirkte ruhig. “Alles ändert sich”, merkte sie an. “Mommy und Daddy sind nicht mehr da, ich lebe nicht mehr in diesem Haus, und Brett …”
Der Wasserkocher summte lautstark und ließ Freida verstummen. Dankbar und erleichtert goss Kristy heißes Wasser in die beiden Tassen, die sie auf den Küchentisch stellte, ehe sie Platz nahm.
“Ich habe gehört, dass sich noch jemand für die Ranch interessiert”, wechselte Kristy das Thema. “Nicht nur Zachary Spencer.”
Einen Moment lang verhärtete sich Freidas Miene ein weiteres Mal. Kristy glaubte schon, sie würde keine Antwort bekommen.
Doch nach einer Weile entgegnete sie: “Immobilien sind ein Spiel ums Geld. Ein Unternehmen namens Tri-Star Cattle Company hat ein Gebot abgegeben.”
“Tri-Star Cattle Company?”, wiederholte Kristy. “Noch nie gehört.”
“Ich auch nicht. Deren Anwalt hat aus Las Vegas angerufen und Zacks letztes Gebot verdoppelt.”
Zack?
Ach so, Zachary Spencer.
Offenbar waren Freida und der Filmstar nicht nur geschäftlich miteinander verbunden, sondern auch gute Freunde. Kristy merkte sich diese Erkenntnis; vielleicht war sie noch mal für irgendetwas gut.
“Warum haben Sie mir davon nichts gesagt?”
“Weil es mir leidtat, dass ich zuvor so gemein gewesen bin”, antwortete Freida seufzend. “Sicher, ich habe meine Eltern und mein Zuhause verloren, aber Ihnen ist es nicht anders ergangen, Kristy. Ich hätte Sie nicht zum Sündenbock für meine eigenen Probleme machen dürfen.”
Das klang gar nicht nach der Freida Turlow, die sie seit Jahrzehnten kannte. “Hat die Bank das Angebot von
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