Montana Creeds - Soweit die Sehnsucht trägt (German Edition)
Stemmeisen, mit dem Freida diese Zerstörung angerichtet hatte, lag noch auf dem Boden, der mit einer feinen grauen Staubschicht überzogen war.
Unwillkürlich stellte sie sich Freida vor, wie die mit diesem Stemmeisen die Wand zertrümmert hatte. Und plötzlich stand die Frau vor Kristys innerem Auge nachts neben ihrem Bett, um ihr mit dem schweren metallenen Werkzeug den Schädel zu Brei zu schlagen.
“Oh mein Gott”, flüsterte sie und sank auf die Knie, da sie sich nicht länger auf den Beinen halten konnte. “Oh mein Gott!”
Winston strich an ihr vorbei und maunzte leise, als wolle er sie trösten.
Ruf den Sheriff an, dachte sie.
Freida hatte ganz offenbar nach etwas gesucht. Eine andere Erklärung gab es für diese Verwüstung nicht.
Aber was sollte es sein? Kristy hätte ihr nur zu gern alles übergeben, was sie hier vergessen hatte.
Sie hielt sich am Türrahmen fest, um sich aufzurichten, doch sie fühlte sich nach wie vor ein wenig wacklig auf den Beinen.
Nein, den Sheriff konnte sie nicht anrufen. Allein der
Gedanke
, mit diesem Mann allein zu sein, machte ihr schon Angst.
An den Türrahmen gelehnt, wartete sie, bis sie sich wieder einigermaßen sicher fühlte, dann ging sie mit langsamen Schritten in ihr Zimmer, setzte sich auf die Bettkante und wählte die Telefonnummer, die sie eigentlich aus ihrem Kopf hatte verbannen wollen.
Als er sich meldete, brachte sie nicht mehr heraus als: “D-Dylan?”
9. KAPITEL
I n dem Moment, da Kristy Dylans Namen aussprach, wünschte sie, sie hätte ihn gar nicht angerufen. Sekundenlang haderte sie mit sich. Sollte sie nicht besser gleich wieder auflegen?
Aber dafür war es natürlich längst zu spät.
“Kristy? Bist du das?”
Im Hintergrund waren fröhliche Musik zu hören, dazu Gelächter und Stimmen, das Klirren von Gläsern und Bierflaschen sowie das typische harte Klacken von Billardkugeln. Vor Kristys innerem Auge entstand das Bild von Skivvie’s Tavern.
“Ja … ich …” Sie hielt inne, fuhr sich durchs Haar und suchte krampfhaft nach einer Ausrede. “Tut mir leid, ich wollte nicht dich anrufen, sondern …”
Ihre Worte stießen auf eisiges Schweigen von Dylans Seite.
“Ich werde dann wieder auflegen und …” Was war nur los mit ihr? Warum konnte sie nicht einen einzigen Satz zu Ende führen?
Weil sie einen Einbrecher in ihrem Haus überrascht hatte. Und weil sich dieser Einbrecher als eine Frau entpuppte, die sie schon zeit ihres Lebens kannte und einfach die Rückwand ihres Wandschranks herausgerissen hatte.
Und
weil sie es nicht wagte, Sheriff Book anzurufen, solange sie allein zu Hause war.
“Hat der Kerl dir was angetan?”, fragte Dylan. Er klang nüchtern, aber er war der Sohn von Jake Creed, und er konnte das halbe Land unter den Tisch trinken und immer noch klar und deutlich sprechen.
“Welcher Kerl?”, gab sie verwirrt zurück, bis sie erkannte, dass er Zachary Spencer meinte. “Oh, nein, nein, mit ihm hat es nichts zu tun.” Sie hielt inne und rang mit sich, verlor dann jedoch den Kampf mit sich selbst. “Bist du im Skivvie’s?”
Den Laden hätte man schon vor langer Zeit schließen sollen, fand Kristy. Dieser Schuppen hatte mehr Ehen ruiniert, als sie an ihren Fingern abzählen konnte.
“Ja”, antwortete er in einem herausfordernden Tonfall, als hätte er erwidert:
Ist das für dich ein Problem?
“Okay”, sagte sie eine Spur zu munter.
“Jim Huntinghorse ist hier und macht Wahlkampf”, fuhr Dylan fort. “Logan und ich haben hier noch einen Zwischenstopp eingelegt, um über seine Politik zu reden. Briana passt auf die Kinder auf.”
Warum telefonierte sie eigentlich immer noch mit ihm? Es war ein Fehler gewesen, Dylan anzurufen. Er würde glauben, dass sie hysterisch war oder ihre Hormone mit ihr durchgingen.
“Na ja, wie ich schon sagte, ich hab versehentlich deine Nummer gewählt, darum …”
“Red keinen Blödsinn, Kristy”, fiel er ihr ins Wort. “Ich weiß, wenn du dich über etwas aufregst, und ich merke auch, wenn du lügst. Also: Was ist los?”
Sie kniff die Augen zu. “Du wirst mich für verrückt halten.”
“Das Risiko musst du eingehen.”
“Als ich heute Abend vom Café zurückkam, da traf ich in meinem Haus auf Freida Turlow. Sie sagte, sie wollte nur noch einmal ihr altes Zimmer sehen. Aber ich … das hat mir Angst gemacht, Dylan.”
“Hast du Floyd angerufen?” Dylan klang angespannt.
“Natürlich nicht”, flüsterte sie, als könnte Floyd Book draußen im Flur
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