Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte
aufzubekommen.
»Sie wollen wohl heute noch kräftig zu Werke gehen«, sagte der Mann und grinste.
Mike nickte. Er wurde gebeten, den Metalldetektor noch einmal ohne den Schraubenzieher zu passieren. Diesmal ertönte kein Warnsignal.
»Schönen Tag noch!« wünschte ihm der Uniformierte und gab ihm den Schraubenzieher zurück.
Mike fiel ein Stein vom Herzen, daß der Mann vom Sicherheitsdienst ihn nicht gefragt hatte, wohin er wolle. Er bestieg den Fahrstuhl und fuhr in den zweiten Stock. Als er ausstieg, nahm er ein dumpfes Dröhnen und das Vibrieren aus dem Maschinenraum wahr. Er ging den Flur entlang und steuerte weisungsgemäß direkt auf die Herrentoilette zu. Curts Beschreibung stimmte exakt. Rasch öffnete er die Tür.
Leider war die letzte Kabine besetzt, so daß ihm nichts anderes übrigblieb, als sich zu gedulden. Da er nicht wußte, was er sonst tun sollte, wusch er sich die Hände und stand eine Weile herum. Schließlich verließ ein Mann die Kabine. Er warf Mike einen kurzen Blick zu, wusch sich ebenfalls die Hände und verschwand.
Mike huschte in die Kabine und schloß hinter sich ab. Der Luftschacht befand sich knapp über seinem Kopf. Mit Hilfe des Schraubenziehers hatte er die Abdeckung im Nu gelöst. Er stellte sich auf die Toilette und sah in den Luftkanal. Dieser verlief etwa einen Meter schnurgerade und machte dann einen Knick.
Er hielt sich genau an Curts Anweisungen: Nachdem er die Rauchbombe hervorgeholt hatte, zündete er ein Streichholz an und hielt es an den Docht. Es fing sofort Feuer. Im nächsten Augenblick schleuderte er die Bombe mit einer Seitwärtsbewegung aus dem Handgelenk in den Lüftungsschacht. Sie landete kurz vor der Stelle, an der der Kanal in einem rechten Winkel abknickte. Mike sah, daß die Bombe bereits Rauch entwickelte. Eine ganze Menge sogar.
Jetzt brachte er die Abdeckung wieder an, verließ die Kabine und trat hinaus auf den Flur. Am Fahrstuhl angelangt, drückte er auf den Knopf und wartete. Im Nu war er wieder unten im Erdgeschoß. Genau in dem Augenblick, in dem er den Fahrstuhl verließ, ertönte der Feueralarm. Gleichzeitig verkündete eine Tonbandaufnahme über die Lautsprecheranlage: »Bitte verlassen Sie über die nächste Treppe das Gebäude.« Die Ansage wurde pausenlos wiederholt.
Beflügelt von dem angenehmen Gefühl, etwas geschafft zu haben, verließ Mike zusammen mit ein paar anderen Leuten das Gebäude. Denjenigen, die in das Innere wollten, wurde der Eintritt verwehrt; sie müßten warten, teilte man ihnen mit, bis man die Ursache des Feueralarms ergründet habe. Die Menschentraube auf dem Platz vor dem Wolkenkratzer wurde immer größer. Die Wartenden zündeten sich Zigaretten an und begannen miteinander zu reden. Während die Minuten verstrichen, strömten immer mehr Menschen aus dem Gebäude. Mike mischte sich in das Gedränge, hielt sich aber eher am Rand in Straßennähe.
Nach fünf Minuten ertönte in der Ferne Sirenengeheul. Einen Augenblick später bogen zwei Löschwagen um die Ecke und hielten direkt vor dem Haupteingang des Bundesverwaltungsgebäudes. Auf der Seite des ersten Feuerwehrwagens stand in Goldbuchstaben ›FEUERWEHR NEW YORK LÖSCHZUG 7‹.
Mike warf einen Blick auf die Uhr. Es war eine Minute vor halb zehn. Als er wieder aufsah, erblickte er Curt, der gerade aus dem vorderen Löschfahrzeug sprang. Er trug seine komplette Feuerwehrmontur: eine Jacke aus feuersicherem Nomex und Kevlar, die dazugehörige Hose, Lederhelm und Stiefel. Sein Atemgerät, an dem in Reichweite eine Gesichtsmaske befestigt war, hatte er sich auf den Rücken geschnallt. In der Hand hielt er eine schwarze gummierte Leinentasche. Steve, der auf der Rückbank gesessen hatte, sprang ebenfalls aus dem Wagen. Er hatte eine rote hochkantige Tasche in der Hand und rannte, allen anderen Feuerwehrmännern voran, zusammen mit Curt auf den Haupteingang zu.
Mike drehte sich um und ging zur U-Bahn-Station, um nach Hause zu fahren. Er war stolz; daß er seinen Teil zu einer Operation beigetragen hatte, mit der sie laut Curt vielleicht ihr Land retten konnten.
25. KAPITEL
Donnerstag, 21. Oktober, 10.15 Uhr
»Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?« fragte Laurie.
»Nicht den blassesten Schimmer«, erwiderte Jack. Er streckte sich und gähnte. »Ich glaube, ich bin irgendwann eingeschlafen. Hast du auch geschlafen?«
»Ich glaube, ja«, meinte Laurie. »Ist es nicht seltsam, daß man gar nicht mehr abschätzen kann, wie die Zeit vergeht, wenn man in so
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