Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
weil Sie Wasser immer noch über den Schlauch bekommen, eine Klingel, um nach uns Sklaven zu rufen … jede Art von Komfort, wie zu Hause. Was wollen Sie mehr?«
Lauries Blick war unwillkürlich Jazz’ Beschreibungen gefolgt, und jetzt musste sie ein zweites Mal hinschauen. Stand dort auf dem Nachttisch tatsächlich ein Telefon? Warum hatte sie nicht vorher schon daran gedacht? Der Pfleger hatte es doch erwähnt. Dieses Telefon war ihr Rettungsanker. Mit zusammengebissenen Zähnen stützte sie sich auf dem Ellbogen ab und begann, über den Spalt hinüberzurutschen.
»Sehr gut«, sagte Jazz. »Sie haben sich also entschlossen mitzuarbeiten. Das freut mich für uns beide.«
Sobald Laurie im Krankenhausbett lag, hob Jazz den Drainagebehälter hinüber und deckte die Patientin zu. Dann kontrollierte sie Lauries Blutdruck und Puls. Laurie beobachtete Jazz dabei, die jedoch jeglichen Augenkontakt vermied.
»Also gut«, meinte Jazz und blickte Laurie schließlich in die Augen, während sie das Seitengitter mit einem Ruck nach oben zog. »Alles scheint in Ordnung zu sein, nur Ihr Puls ist ein bisschen zu hoch. Ich zisch mal ab und schau an der Schwesternstation nach, was für Sie angeordnet wurde. Sie sollen bestimmt je nach Bedarf Schmerzmittel bekommen. Brauchen Sie welches, oder geht’s im Moment ohne?«
Laurie wunderte sich über den Mangel an menschlicher Wärme in Jazz’ Stimme und Verhalten. Vordergründig gab es nichts Bestimmtes, worüber sich Laurie hätte beschweren können, außer darüber, dass ihre Wünsche ignoriert wurden, doch diese Frau wirkte in Besorgnis erregender Weise gleichgültig und distanziert, was in Anbetracht ihres Berufs völlig fehl am Platz war. Irgendetwas stimmte nicht mit Jasmine Rakoczi.
»Haben Sie die Sprache verloren?«, fragte Jazz mit einem sarkastischen Grinsen und breitete die Hände aus. »Für mich ist das in Ordnung. Sie müssen nichts sagen, wenn Sie nicht wollen. Ehrlich gesagt, erleichtern Sie mir die Arbeit damit. Aber sollten Sie sich anders besinnen, drücken Sie den Notknopf. Wenn Sie das tun, kann es aber sein, dass ich gerade mit jemandem beschäftigt bin, der etwas kommunikativer ist.« Mit einem letzten unverschämt gleichgültigen Lächeln verließ Jazz das Zimmer.
Ganz langsam und vorsichtig streckte Laurie den Arm zum Nachttisch aus und hob das Telefon an. Sie musste den Bauch anspannen, und mit vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen schaffte sie es, das Telefon neben sich aufs Bett zu stellen. Vor Angst und auch wegen der Medikamente, die ihr verabreicht worden waren, erinnerte sie sich zunächst nicht mehr an Jacks Mobilnummer, doch nach einem kurzen Moment fiel sie ihr schlagartig wieder ein. Beruhigt griff sie zum Hörer und hielt ihn ans Ohr.
Laurie wurde von Entsetzen gepackt. Sie hörte kein Freizeichen! Energisch drückte sie immer wieder auf die Trenntaste in der Hoffnung, den vertrauten Ton doch noch zu hören. Nichts. Die Leitung war tot. Ebenfalls sehr energisch drückte sie nun den Notknopf, gleich mehrmals hintereinander.
Der Oberarzt Dr. Henry Wo war gerade dabei, einen Herzkatheter zu setzen. So war Jack gezwungen, wieder nervös im Flur auf und ab zu gehen und auf die Uhr zu blicken. Shirley stand in stoischer Ruhe daneben, ohne eine Bemerkung über Jacks Ruhelosigkeit fallen zu lassen.
Es war schon fast drei Uhr, als Dr. Wo – ein rundlicher Asiat mit makelloser Haut und dunklem, kurz geschnittenem Haar – aus dem Zimmer kam, die Latexhandschuhe mit einem schnappenden Geräusch von den Händen zog und die Gesichtsmaske abnahm. Er griff nach Jacks Hand und schüttelte sie überschwänglich, nachdem Shirley die beiden einander vorgestellt hatte. Shirley erklärte ihm das Dilemma mit dem EKG-Ausschnitt, während Jack ihm Sobczyks Krankenakte zeigte.
»Ich verstehe, ich verstehe«, sagte Henry kopfnickend und lächelte, während er sich das EKG betrachtete. »Sehr interessant. Ist das alles, was wir haben?«
»Leider ja«, antwortete Jack. Er wiederholte die kurze Geschichte, soweit er sie kannte, betonte aber den missglückten Wiederbelebungsversuch und wie hilfreich schon eine reine Vermutung sein könnte.
»Es ist gefährlich, zu viel zu sagen, wenn man nur so wenig in der Hand hat«, machte Dr. Wo erneut klar, während er das EKG betrachtete. Plötzlich blickte er zu Shirley. »Dr. Mayrand, vielleicht können Sie uns sagen, was Sie davon halten?«
Shirley wiederholte, was sie bereits Jack über die verschiedenen Wellen,
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