Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
ist, unter zwei Komma zwei Prozent. Der Direktor hat gesagt, wir würden etwas unternehmen, falls der Referenzwert von drei Prozent erreicht werden sollte. Alle haben zugestimmt, und sie bezweifeln kein bisschen, dass diese Fälle lediglich unglückliche und unvermeidbare Komplikationen in dem riskanten Umfeld eines medizinischen Dienstleistungszentrums sind. Mit anderen Worten, die Fälle liegen innerhalb der statistischen Schwankungsbreite. Aber das nehme ich denen nicht ab. Für mich stecken sie bloß die Köpfe in den Sand.«
»Als Sie sich mit den Fällen beschäftigt haben, ist Ihnen da irgendwas aufgefallen?«
»Nichts. Die Patienten lagen in unterschiedlichen Abteilungen mit unterschiedlichem Personal und unterschiedlichen Ärzten. Aber ich habe nicht aufgegeben.«
»Gut«, freute sich Laurie. »Ich bin froh, dass Sie die Sache verfolgen und dass ich die Möglichkeit hatte, dem Ruf meines Gewissens zu folgen.« Laurie erhob sich, bereute es aber sofort. Es wäre ihr allerdings peinlich gewesen, sich wieder hinzusetzen. Das Problem war Jack. Eigentlich schien in letzter Zeit das Problem immer Jack zu sein. Sie hatte es genossen, mit Roger zu reden, aber damit ging es ihr gar nicht gut. »Na dann, vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben«, meinte sie und streckte in dem Versuch, sich wenigstens ein bisschen unter Kontrolle zu bekommen, ihre Hand in Rogers Richtung. »Es war nett, Sie kennen gelernt zu haben. Wie gesagt, ich warte erst mal auf die Kopien der Krankenakten, und unsere besten Toxikologen sind ebenfalls an der Sache dran. Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn sich was Neues ergibt.«
»Ich wäre Ihnen dankbar.« Roger schüttelte ihre Hand, hielt sie aber fest. »Aber jetzt darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
»Natürlich«, entgegnete Laurie.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, sich noch einmal zu setzen?«, fragte Roger, ließ Lauries Hand los und deutete auf ihren Stuhl. »Wenn Sie sitzen, brauche ich vielleicht nicht zu befürchten, dass Sie gleich abhauen.«
Verwirrt von Rogers Bemerkung, dass sie möglicherweise »abhauen« wolle, setzte sich Laurie wieder hin.
»Ich muss zugeben, dass es einen tieferen Grund dafür gibt, dass ich ihre persönlichen Fragen so offen beantwortet habe, was sonst nicht meine Art ist. Wenn es Ihnen also nichts ausmacht, möchte ich Ihnen ebenfalls ein paar persönliche Fragen stellen, da Sue betont hat, dass Sie allein stehend und ungebunden sind. Stimmt das?«
Laurie bekam feuchte Hände. War sie ungebunden? Dass sie von einem attraktiven, interessanten Mann auf eine Antwort festgenagelt werden sollte, ließ ihren Puls in die Höhe schnellen. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte.
Roger beugte sich vor und neigte den Kopf, um Laurie in die Augen schauen zu können. Sie hatte den Blick gesenkt.
»Entschuldigen Sie, wenn ich Sie durcheinander bringe«, sagte Roger.
Laurie richtete sich auf, holte tief Luft und lächelte schwach. »Sie bringen mich nicht durcheinander«, log sie. »Ich habe eine solche Frage bloß nicht erwartet, besonders nicht auf dieser Kamikazemission, auf der ich mich eigentlich befinde.«
»Dann wäre eine Antwort doch nett«, beharrte Roger.
Laurie lächelte wieder, aber vor allem über sich. Sie kam sich wie ein Teenager vor. »Ich bin allein stehend und zum größten Teil ungebunden.«
»Ein interessanter Ausdruck – ›zum größten Teil‹ –, aber ich nehme ihn erst mal so hin. Wir leben schließlich alle in einem sozialen Netz. Wohnen Sie in der Stadt?«
Ein peinlicher Schnappschuss ihrer winzigen Wohnung mit dem schäbigen Eingang blitzte in Lauries Kopf auf. »Ja, im Zentrum.« Und um ihre Antwort besser klingen zu lassen, als es den Tatsachen entsprach, fügte sie hinzu: »Nicht weit vom Gramerey Park entfernt.«
»Klingt gut.«
»Und Sie?«
»Ich bin ja erst knapp über drei Monate wieder hier, deswegen war ich mir nicht sicher, wo man hier derzeit am besten wohnt. Ich habe für ein Jahr eine Wohnung an der Upper West Side gemietet – in der 70 th Street, um genau zu sein. Mir gefällt es dort. Sie liegt nah am neuen Sports L. A. Club, dem Museum und dem Lincoln Center, außerdem ist der Park gleich in Reichweite.«
»Klingt auch gut«, stimmte Laurie zu. Sie und Jack hatten über die Jahre hinweg in dieser Gegend mehrere Restaurants besucht.
»Meine nächste Frage wäre, ob Sie heute Abend mit mir essen gehen würden.«
Laurie lächelte innerlich darüber, wie der Satz »Pass auf, was du dir wünschst,
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