Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
schwierigere Missionen zu erfüllen und immer weiter bis zum Panzerkommandeur befördert zu werden. Damit war es jetzt vorbei. Zumindest an diesem Abend.
Als sie die Hände in den Schoß fallen ließ, blickte sie rechts unten auf den Bildschirm, um zu sehen, was sie abgelenkt hatte. Es war ein kleines, blinkendes Fenster, das sich öffnete, wenn sie eine E-Mail erhielt. Sie wurde noch wütender, als sie daran dachte, dass es bestimmt wieder eine plumpe Werbung für eine Pornoseite oder für Viagra war. Doch als sie darauf klickte, besserte sich ihre Laune schlagartig – es war eine Nachricht von Mr Bob!
Jazz bekam eine Gänsehaut vor Aufregung. Seit über einem Monat hatte sie nichts mehr von Mr Bob gehört und schon gedacht, dass die Operation Winnow beendet sei. Während der vergangenen Wochen war sie so deprimiert gewesen, dass sie sogar in Versuchung gewesen war, Mr Bob unter der Notrufnummer anzurufen, die er ihr gegeben hatte, obwohl er klar und deutlich gesagt hatte, dass sie ihn wirklich nur in Notfällen anrufen dürfe. Und da es sich um keinen Notfall handelte, hatte sie der Versuchung widerstanden, doch je mehr Zeit ins Land gegangen und je tiefer ihre Laune gesunken war, desto mehr hatte sie mit diesem Gedanken gespielt. Schließlich hatte sie sogar überlegt, beim Manhattan General zu kündigen, obwohl Mr Bob sie extra gebeten hatte, sich dort um eine Stelle zu bewerben.
Der Grund, warum sie kündigen wollte, war ihr Verhältnis zur Stationsschwester, Susan Chapman, das bis zur Lächerlichkeit verkommen war. Wie übrigens auch das Verhältnis zu allen Kolleginnen der Nachtschicht. Jazz glaubte mittlerweile, dass dies die Schicht war, in der sich die Inkompetenten vor der Welt versteckten. Jazz hatte keine Ahnung, wie Susan es geschafft hatte, sich diesen verantwortungsvollen Posten unter den Nagel zu reißen, und dann auch noch in der Allgemeinchirurgie. Nicht nur, dass Susan eine fette Qualle war, sie hatte von nichts eine Ahnung, schikanierte Jazz, wo sie nur konnte, und fand immer einen Fehler. Das war allerdings nicht schwierig, da die anderen Schwestern wegen allem über sie herzogen, besonders wenn sie sich ins Schwesternzimmer verkroch, die Füße ein paar Minuten hochlegte und in einer Zeitschrift blätterte.
Und am schlimmsten war, dass Susan ihr mit größter Schadenfreude immer die übelsten Fälle zuschob. Susan besaß sogar die Frechheit, sich darüber zu beklagen, dass Jazz in den Krankenakten von Fällen herumstöberte, die ihr gar nicht zugewiesen waren, und sie zu fragen, warum sie in ihren Pausen immer auf die Entbindungsstation statt zum Essen gehe. Susan hatte behauptet, die Stationsschwester von dort habe sich darüber beschwert.
Jazz hatte sich auf die Zunge gebissen und der Versuchung widerstanden, ihr eine Abreibung zu verpassen, wie sie sie verdient hätte, oder, besser noch, ihr bis nach Hause zu folgen und sie ein für alle Mal mit ihrer Glock aus dem Weg zu räumen. Stattdessen hatte sich Jazz mit der Behauptung herausgeredet, sie wolle sich ständig fortbilden … bla, bla, bla. Alles Quatsch, aber es schien zu funktionieren. Zumindest vorübergehend. Das Problem war, dass Jazz fast jede Nacht in die Entbindungsstation und in die Neurochirurgie gehen musste, um sich darüber auf dem Laufenden zu halten, was in diesen Spezialabteilungen vorging. Auch wenn es keine Patienten gab, bei denen eine Sanktion durchzuführen war, musste sie weiterhin Kunstfehler melden, die meistens auf der Entbindungsstation passierten, etwa wenn Drogis behinderte Babys zur Welt brachten. Leider waren diese Meldungen keine große Herausforderung, und die Bezahlung war lächerlich im Vergleich zu dem, was für die Sanktionierung von Patienten heraussprang.
Jazz hielt den Atem an, als sie Mr Bobs E-Mail öffnete. »Ja!«, rief sie und stieß beide Fäuste in die Luft wie ein Radrennfahrer, der als Erster die Ziellinie überfuhr. Die E-Mail enthielt lediglich einen Namen – Stephen Lewis. Jazz hatte einen neuen Auftrag! Plötzlich erschien ihr die Arbeit gar nicht mehr so nervtötend. Mit Susan Chapman und den anderen Trotteln würde es nicht leichter werden, aber zumindest hatte sie jetzt einen Grund, sie zu ertragen.
Außer sich vor Aufregung, ließ sich Jazz rasch ihr Überseekonto anzeigen. Einen angenehmen Moment lang starrte sie nur auf den Kontostand. Achtunddreißigtausendneunhundertvierundsechzig Dollar und ein paar Zerquetschte. Und das Beste war: Morgen würden noch fünftausend
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