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Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes

Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes

Titel: Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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nicht weiter verwunderlich war, da er in seiner augenblicklichen Rolle alles mit emotionslosem Blick betrachtete. Als er noch jünger gewesen war, und auch noch während seiner Collegezit, da hatte er die große Stadt bei zahlreichen Gelegenheiten und jedes Mal mit großer Aufregung besucht, zusammen mit seiner Verlobten. Aber als er jetzt die Eighth Avenue mit ihren kitschig bunten Geschäften entlangfuhr, da kam es ihm vor, als sei das in einem anderen Leben gewesen, und in gewisser Weise war es ja auch so. Damals war Adam ein völlig anderer Mensch gewesen. Er hatte sein Leben sogar in zwei Phasen unterteilt: v.I. und n.I. – »vor Irak« und »nach Irak«.
    Adam Williamson v.I. war ein eher zurückhaltender, wohlerzogener, stiller, intelligenter junger Mann mit gepflegtem Äußerem, ein vorbildlicher Repräsentant des Lebensstils der Oberschicht in Neu-England. Er hatte eine renommierte Privatschule besucht, hatte gute Manieren gelernt und in Ehren gehalten und war nach Harvard gegangen, genau wie sein Vater, sein Großvater und alle Generationen davor bis zurück in die Zeit, als das Beiboot der Mayflower bei Plymouth, Massachusetts, knirschend auf den Sandstrand geglitten war.
    Die Übergangsphase zwischen v.I. und n.I. war nicht durch eine Geburt eingeleitet worden, sondern durch die schrecklichen Ereignisse des elften September, die Adams behagliche und berechenbare Welt so sehr erschüttert hatten, als wäre ein Planet aus seiner Umlaufbahn geschleudert worden. Als das erste Flugzeug in den Nordturm des World Trade Center gerast war, hatte Adam gerade im Waschraum des Studentenwohnheims der Harvard Business School gestanden und sich die Zähne geputzt, um sich anschließend wieder dem kleinen und großen Einmaleins der Betriebswirtschaftslehre zu widmen. Schließlich sollte er in absehbarer Zeit einmal die Leitung des im Familienbesitz befindlichen Finanzdienstleistungsunternehmens übernehmen.
    Gegen den ausdrücklichen Wunsch seiner Eltern sowie seiner Verlobten, einer Jurastudentin, meldete sich Adam unter dem Einfluss eines plötzlich aufflackernden, patriotischen Eifers freiwillig zum Militärdienst, um seinen Beitrag für Amerika und die Demokratie zu leisten. Er war ein begabter Sportler, hatte schon in der höchsten USamerikanischen Lacrosse-Liga gespielt und war leidenschaftlicher Polospieler. Außerdem besaß er die Eigenschaft, alles, was er anpackte, mit hundertprozentigem Einsatz anzugehen. Folgerichtig setzte er, der vor seinem Eintritt in die Armee nicht das Geringste über das Militär gewusst hatte, alles daran, Mitglied der Sondereinsatztruppen zu werden, und als er das erreicht hatte, gab er immer noch keine Ruhe, bis er in die Delta Force aufgenommen wurde, eine weitgehend geheime Spezialeinheit mit den Einsatzschwerpunkten Terrorismusbekämpfung und Geiselbefreiung.
    Die anspruchsvolle Ausbildung hatte Adam großen Spaß gemacht, fast so, als ob schon allein das Training der Sache der Demokratie förderlich war. Doch trotz alledem war er eher ein Kopfmensch geblieben, sodass die eigentlichen Kampfeinsätze für ihn eine alles erschütternde Erfahrung wurden. Bei seinem zweiten Nachteinsatz im Irak war er gezwungen, ein anderes lebendes, atmendes menschliches Wesen mit dem Messer umzubringen, und seine Reaktion darauf schockierte und beschämte ihn. Er empfand eine geradezu überirdische Schuld und Traurigkeit, die er vor seinen Kameraden jedoch versteckte. Um das, was ihm als Schwäche und Versagen erschien, zu überwinden, legte er bei den folgenden Tötungsmissionen eine besonders große Einsatzbereitschaft an den Tag. Mit der Zeit – zutiefst erschrocken und erleichtert zugleich – akzeptierte er sein Tun genauso wie die Tatsache, dass er sich in eine Tötungsmaschine ohne oder zumindest fast ohne Gefühlsregung verwandelt hatte. Er war weder stolz darauf noch glücklich darüber. Es war einfach nur das, was, wie er glaubte, von ihm erwartet wurde.
    Am Columbus Circle bog Adam nach rechts ab, und Bachs Brandenburgische Konzerte passten wunderbar zum plötzlichen Anblick des Central Parks mit seinen zart blühenden Bäumen, die eine willkommene Abwechslung zu der harten, rechtwinkligen und überwiegend betonierten Stadt boten. Adam wollte am Südrand des Central Park entlang bis zur Madison Avenue fahren, um dann nach Norden abzubiegen. Anschließend musste er nur noch einmal um den Block fahren, um zu seinem Ziel zu gelangen, dem Hotel Pierre, einem Wahrzeichen New Yorks seit dem

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