Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
bleiben, so änderte sie jetzt ihre Meinung. Sie dachte, sie könnte die Gelegenheit nutzen und nachsehen, ob Walter Osgood im Haus war. Ihr war eingefallen, dass sie sowieso noch im Institut für Infektionskrankheiten anrufen wollte, deshalb wollte sie sich erkundigen, ob Walter Osgood überhaupt erfahren wollte, ob die MRSA-Bakterien, die bei mindestens drei Klinikpatienten aufgetreten waren, dem identischen Subtyp entsprachen und somit auch alle aus derselben Quelle stammen mussten. Diese Frage hatte schon gestern Nachmittag an ihr genagt, als er versucht hatte, sich dafür zu rechtfertigen, dass nicht in allen Fällen eine genaue Bestimmung des Subtyps erfolgt war. Aus epidemiologischer Sicht wäre das absolut notwendig gewesen, ganz besonders in einer Situation, in der weder der Ursprung der Bakterien noch die Art ihrer Verbreitung bekannt waren.
Im dritten Stock angekommen, betrat Laurie das Labor und fragte die erste Labormitarbeiterin, die ihr über den Weg lief, ob Dr. Osgood schon da war.
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte sie. »Da müssen Sie sich an Dr. Friedlander wenden, den Leiter des Kliniklabors. Sein Büro liegt da hinten, direkt an der Wand. Sie können es gar nicht verfehlen.« Dabei deutete sie quer durch den Raum.
»Das habe ich doch schon mal gehört«, murmelte Laurie vor sich hin, während sie in die angezeigte Richtung ging. Doch entgegen ihrer Bedenken sah sie das Büro direkt vor sich liegen, genau, wie die Laborantin gesagt hatte. Als Laurie sich der offen stehenden Tür näherte, sah sie einen dünnen, bärtigen Mann in einem makellos weißen und sorgfältig gebügelten Labormantel über irgendwelche Papiere gebeugt am Schreibtisch sitzen.
»Verzeihung, bitte«, machte Laurie sich bemerkbar.
»Kann ich Ihnen helfen?«
»Ich suche Herrn Dr. Osgood. Können Sie mir sagen, ob er heute Morgen im Haus ist?«
»Nein, heute nicht. Heute ist er im …« Simon Friedlander ließ seinen Schreibtischstuhl herumschwingen und betrachtete die Tafel mit den Dienstplänen an der Wand in seinem Rücken. »Im Angels Heart Hospital. Hier im Haus ist er immer nur montags und donnerstags.«
»Danke«, sagte Laurie.
»Kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen? Ich leite das pathologische Labor.«
»Ich glaube, ich muss mit Herrn Dr. Osgood persönlich sprechen«, erwiderte Laurie, obwohl sie für einen kurzen Augenblick überlegt hatte, ob sie Dr. Friedlander bitten sollte, ihre Frage an Osgood weiterzuleiten.
»Ist es etwas Dringendes? Wir können ihn auch jederzeit anrufen. Normalerweise ist er auf dem Handy erreichbar.«
»Es geht um diese MRSA-Fälle.«
»Ich würde sagen, dann ist es etwas Dringendes. Wer genau sind Sie denn eigentlich?«
Laurie stellte sich vor, und Dr. Friedlander rief Osgood an. Sobald dieser sich meldete, teilte er ihm mit, dass eine Frau Dr. Montgomery hier vor ihm stehe und mit ihm sprechen wolle. Laurie wollte schon nach dem Hörer greifen, da hob Dr. Friedlander die Hand zum Zeichen, dass sie warten solle. Sie konnte Osgoods Worte nicht hören, aber Dr. Friedlander fixierte sie mit seinem Blick, während er mehrere Male »Ja« und schließlich »Ich verstehe« sagte. Dann legte er den Hörer zurück auf die Gabel, wandte sich erneut Laurie zu und sagte: »Es tut mir leid, aber ich fürchte, Dr. Osgood hat im Augenblick zu tun. Er hat darum gebeten, dass Sie ihn im Lauf des Tages in seinem Büro in der Zentrale anrufen. Ich kann Ihnen die Nummer geben.« Er griff nach einer seiner eigenen Visitenkarten, kreiste die Telefonnummer von Angels Healthcare ein und reichte sie Laurie über den Schreibtisch hinweg.
Leicht verärgert angesichts der Tatsache, dass Osgood sie so unpersönlich hatte abblitzen lassen, obwohl sie ihm doch eigentlich einen Gefallen erweisen wollte, machte Laurie auf dem Absatz kehrt und verließ das fensterlose Büro.
Jetzt ist es definitiv ein Notfall, dachte Walter Osgood. Beim ersten Mal hatte er nur ein unbestimmtes Gefühl gehabt, das in erster Linie darauf beruht hatte, dass diese Dr. Montgomery seine Erklärungsversuche für die nicht erfolgte, genaue Bestimmung des MRSA-Bakterienstammes nicht akzeptieren wollte. Aber jetzt hatte die Lage sich geändert. Sie war schon wieder im Angels Orthopedic Hospital, und das, obwohl die Unternehmensleiterin ihr praktisch eine Art Hausverbot erteilt hatte, und dann wollte sie auch noch ausgerechnet ihn sprechen.
Walter kramte wieder die Notfallnummer hervor und rief in Washington an. Dieses Mal
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