Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
ihrer Heirat hatte Angela erfahren, dass Michael eine sehr traditionelle Vorstellung in Bezug auf die eheliche Rollenverteilung besaß. Seine Rolle bestand darin, von der Arbeit nach Hause zu kommen, sich vor den Fernseher zu setzen und seine Familie mit neuesten Meldungen insbesondere aus der Welt des Sports zu versorgen. Aber nur an den Abenden, an denen er sich nicht zu angeblichen Geschäftsessen mit seinen Freunden im südlichen Manhattan treffen musste. Vorbei war es mit den romantischen Gesten und den Komplimenten. Angela wurde schwanger und fand sich mit ihrer scheiternden Beziehung ab, begleitet von der vagen Hoffnung, dass die Geburt ihres vermeintlich so lang ersehnten Kindes Michael wieder zu dem Menschen machen würde, der er während der Werbungsphase gewesen war. Doch nach Michelles Ankunft war Angelas Leben nur noch schwieriger geworden, weil sie verzweifelt versuchen musste, ihre Facharztausbildung zur Internistin und die täglichen Zwänge als Mutter eines Neugeborenen unter einen Hut zu bringen. Abgesehen von einigen wenigen, äußerst oberflächlichen Hilfeleistungen hatte Michael sich glatt verweigert. Er prahlte sogar öffentlich damit, dass er kein einziges Mal Michelles Windeln gewechselt hatte. Solche Aufgaben waren schlichtweg unter der Würde eines jungen, wilden und rasant aufsteigenden Investmentbankers.
»Hör zu«, sagte Angela und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu bleiben. »Lass uns nicht darüber streiten, aber ich kann dir versichern, dass nicht alle ihre Freundinnen eines haben, und dann wäre da ja noch das Infektionsrisiko.«
»Es besteht ein Infektionsrisiko?«
»Oh ja, in der Tat! Der entscheidende Punkt aber ist der: Wenn die Rede wieder einmal auf ein ähnliches Thema kommen sollte und du dir auch nur ansatzweise vorstellen kannst, dass ich dazu eine eigene Meinung haben könnte, dann sollst du mit mir reden, bevor du irgendetwas entscheidest.«
»Na gut«, sagte Michael und verdrehte die Augen. »Okay, jetzt hast du also deine Meinung zu dieser Piercing-Geschichte klargemacht. Sonst noch was? Das klang vorhin so, als hättest du noch mehr auf Lager.«
»So ist es«, erwiderte Angela und suchte nach Worten. »Ich möchte hiermit ganz unmissverständlich deutlich machen, dass es absolut inakzeptabel ist, wenn du Michelle erzählst, dass unsere Scheidung allein meine Schuld ist. Es ist absolut nicht in Ordnung, ein Problem zwischen uns beiden dazu zu benutzen, Michelle auf deine Seite zu ziehen. Das muss sofort aufhören.«
»He, ich war doch nicht derjenige, der die Scheidung eingereicht hat«, erwiderte Michael. »Ich wollte nicht geschieden werden.«
»Wer die Scheidung einreicht, ist keineswegs automatisch auch dafür verantwortlich«, zischte Angela zurück. »Der einzige Grund für unsere Scheidung war dein Verhalten.«
»Also gut, ich war betrunken und habe dich geschlagen. Ich habe mich dafür entschuldigt. Bist du vielleicht perfekt?«
»Ich habe keine Affären gehabt. Und du hast dich mehr als einmal betrunken und mich dann geschlagen.«
»Ich hatte keine Affären. Ich habe lediglich Dampf abgelassen. Das machen viele Typen so, vor allem im Sommer, wenn ihre Frauen sich in die Hamptons zurückziehen. Das hat nichts zu bedeuten. Man trinkt und hat ein bisschen Spaß dabei.«
»Wir leben in vollkommen unterschiedlichen Welten«, sagte Angela. »Aber ich bin nicht hierhergekommen, um mit dir zu streiten. Unsere Vergangenheit ist Vergangenheit, einmal abgesehen von Michelle und Angels Healthcare. Also bitte, um Michelles willen, sprich nicht über die Frage, wer die Schuld an unserer Scheidung trägt. Du kannst deine persönliche Meinung haben und ich meine. Aber bring das Kind nicht durcheinander, indem du mit dem Finger auf mich zeigst. Ich sage ihr immer nur, dass es eben nicht funktioniert hat. Ich versuche nicht auf ihre Beziehung zu dir irgendwie Einfluss zu nehmen. Was zwischen euch geschieht, geht nur dich und sie etwas an.«
»Also gut«, wiederholte Michael und verdrehte noch einmal die Augen. Letztendlich war es ihm sowieso egal. Aus seiner Sicht führte er heute ein sehr viel angenehmeres Leben als während seiner Ehe. Aber damals hatte es ihn gewurmt, dass Angela die Stirn hatte, einen Scheidungsantrag zu stellen und ihn bloßzustellen. Damit hatte er niemals gerechnet. Von den anderen Typen war keiner geschieden. Verdammt noch mal, manche hatten sogar eine feste Freundin, mit der sie sich in der Öffentlichkeit sehen ließen.
»Aber
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