Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
einer Woche das Problem mit dem Buchhalter aufgetaucht ist. Du hast gesagt, dass du Leute kennst, die ihn davon überzeugen könnten, dass das Acht-K nicht eingereicht werden muss.«
Nach einer kurzen Unterbrechung fuhr Angela fort: »Wir brauchen das Geld nur für drei Wochen, höchstens. Dann schwimmt Angels Healthcare im Geld, und das trotz dieser obszönen Summe, die wir an Morgan Stanley abtreten müssen.«
»Was gibt es denn an Morgan Stanleys Anteil auszusetzen? Sie sind schließlich das höchste Risiko von allen eingegangen, nach allem, was du erzählst, ist es sogar noch größer als gedacht.«
»Sprich noch einmal mit deinen Klienten. Biete ihnen alles an, was du willst. Ich hab’s schon bei der Bank probiert und habe Roger angefleht, aber da bin ich auf Granit gestoßen.«
»Ich kann nicht noch einmal mit meinem Klienten sprechen«, sagte Michael, und sein Tonfall machte klar, dass er nicht bereit war, darüber zu diskutieren.
»›Mit deinem Klienten‹? Ich dachte, es wären mehrere?«, hakte Angela nach. Sie war verwirrt. Er hatte immer nur von Klienten gesprochen, hatte sogar den Begriff Syndikat benutzt. Da war sie sich sicher.
»In Wirklichkeit ist es nur einer«, gab Michael zögerlich zu.
»Wieso kannst du nicht noch einmal mit ihm sprechen? Er besitzt doch so viele Aktien und Optionsscheine, dass er bestimmt keinen Ausfall der zu erwartenden, großzügigen Ausschüttung riskieren will.«
»So habe ich schon argumentiert, als ich ihn wegen der Viertelmillion angepumpt habe.«
»Dann sag ihm das Gleiche noch mal. Er ist ein kluger Mann, nehme ich an. Richte ihm wortwörtlich aus, was ich dir gesagt habe, nämlich dass alle Operationssäle in Betrieb sind.«
»Es ist wirklich ein kluger Mann, vor allem, was das Finanzielle angeht. Wenn ich ihn jetzt noch einmal anspreche, dann nimmt er an, dass wir in einer verzweifelten Lage stecken.«
»Wir sind in einer verzweifelten Lage.«
»Mag ja sein, aber das ist keine gute Verhandlungsposition. Es könnte sein, dass er als Gegenleistung eine Mehrheitsbeteiligung haben will.«
Jetzt war Angela diejenige, die zum Fenster hinaus auf den Fluss starrte. Die Vorstellung, nach all ihren Anstrengungen die Kontrolle über ihr eigenes Unternehmen zu verlieren, klang wie ein Fluch. Aber welche Wahl hatte sie sonst? Sie dachte kurz daran, wieder als praktische Ärztin zu arbeiten und ihr Leben als Unternehmerin aufzugeben. Aber nur kurz. Sie war Realistin genug und wusste, dass sie auf die Freiheiten, die ihr momentaner Lebensstil ihr ermöglichte – oder ihr zumindest vor diesem Liquiditätsengpass ermöglicht hatte –, nicht mehr verzichten konnte.
Unwillkürlich musste sie an die katastrophalen Erfahrungen, die sie mit ihrer Hausarztpraxis gemacht hatte, und an das gegenwärtige Vergütungssystem im Gesundheitswesen denken, auf das sie nicht den geringsten Einfluss hatte. Und außerdem, so sagte sie sich, war sie auf jeden Fall beharrlich. Sie würde nicht aufgeben, nicht jetzt, wo sie noch fünfzig Meter vom Ziel eines Zehntausend-Meter-Laufs entfernt war.
»Lass mich selbst mit deinem Klienten reden.« Angela unterbrach die Stille. Jetzt galt ihre ganze Aufmerksamkeit wieder Michael, der zurückgelehnt auf seinem Schreibtischsessel saß. An seinem Haaransatz hatten sich ein paar Schweißperlen gebildet.
»Oh, na klar, sicher!«, erwiderte Michael ironisch, als ob das der lächerlichste Vorschlag überhaupt sei.
»Warum nicht? Dann könnte er sich mit den Fragen, die er möglicherweise hat, direkt an mich wenden. Ich könnte ihn beschwichtigen. Mittlerweile habe ich eine Menge Erfahrung im Umgang mit Investoren.«
»Mein Klient hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass er ausschließlich mit mir über Geldanlagen sprechen will.«
»Ach, nun komm schon, Michael. Ich will dir doch deinen Klienten nicht wegnehmen. Jetzt werd doch nicht gleich paranoid.«
»Nicht ich bin paranoid, sondern er. Nur, um dir klarzumachen, wie das Ganze abläuft: Er hat als Puffer zwischen seiner Person und Angels Healthcare sowie anderen geschäftlichen Aktivitäten mehrere Kapitalgesellschaften eingeschaltet.«
»Warum diese Geheimniskrämerei? Gibt es da vielleicht etwas, was du mir nicht verraten willst?«
»Ich befolge lediglich seine Anweisungen.«
»Ist er dein wichtigster Klient?«
»Sagen wir mal, er spielt eine bedeutende Rolle. Genaueres kann ich nicht sagen.«
Angela sah ihren Ex scharf an. Diese Heimlichtuerei verstärkte ihr ungutes Gefühl.
Weitere Kostenlose Bücher