Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
Vaccarros zwar alles andere als freundschaftlich war, dass aber in nächster Zeit auch kein Bandenkrieg zu erwarten war.
Dann schaute Lou in der Vermisstenabteilung vorbei. Vielleicht hatten die ja inzwischen Fortschritte bei der Identifizierung der Wasserleiche gemacht. Hatten sie aber nicht, und Lou gewann den Eindruck, als würden sie einfach auf eine Vermisstenmeldung warten, die ihnen die Arbeit abnahm. Zwar versuchte er deutlich zu machen, dass ein wenig Eigeninitiative in diesem Fall von großer Bedeutung sein konnte, doch das Ergebnis seiner Bemühungen war gleich null.
Er hatte sich sogar dazu durchgerungen, beim FBI vorbeizuschauen, was ihm normalerweise vollkommen zuwider war – dieses unerträgliche überlegene Getue, als wären sie die Aristokratie und die Beamten des Police Department lediglich ein Haufen unwissender Bauerntölpel. Im Gegensatz zur Vermisstenabteilung hatten die Leute hier noch nicht einmal etwas von dem Fall gehört. Lou versuchte zwar sein Möglichstes, um ihr Interesse zu wecken, bekam aber lediglich zu hören, dass man lieber auf offiziellem Weg darüber unterrichtet werden wolle. Das bedeutete nichts anderes als: »Lass uns in Ruhe. Wir haben viel zu viel zu tun, als dass wir uns um deinen kleinen und vollkommen unbedeutenden Fall kümmern könnten.«
An diesem Punkt hatte Lou eine Idee: Er wollte noch einmal nach Queens fahren und Louie Barbera einen Besuch abstatten. Als er die Queensboro Bridge überquerte, musste er sich eingestehen, dass er sich auf einen einzigen Fall fixiert hatte und alle anderen offenen Ermittlungen darüber vernachlässigte, aber so war er nun einmal. Jedes Mal, wenn er es mit einer vermeintlich leichten Aufgabe zu tun bekam, die sich dann als keineswegs so leicht herausstellte, nahm er das persönlich. So war es auch jetzt; als er das andere Ende der Brücke erreicht hatte und nach Queens hineinfuhr, war er wild entschlossen, das Geheimnis der Wasserleiche vollständig zu lüften, komme, was da wolle.
Das Venetian in der Elmhurst Avenue war problemlos zu finden. Es lag eingeklemmt zwischen Fred’s DVDs und Gene’s Liquor Store in einer relativ neuen, kleinen Ladenzeile. Lou stellte seinen Wagen auf dem kleinen, dazugehörigen Parkplatz ab. Zwei Parkbuchten weiter stand der übliche schwarze Cadillac, und Lou musste lächeln. Die Mafiosi der mittleren Ebene unternahmen alle möglichen Anstrengungen, um sich unauffällig zu geben, fuhren aber alle das gleiche Auto. Das ergab doch keinen Sinn, obwohl Lou sich in diesem Fall dadurch ernsthafte Hoffnungen machen konnte, dass Louie Barbera tatsächlich zu sprechen war.
Was ihm beim Betreten des Lokals als Erstes auffiel, waren die vielen, auf schwarzer Seide gemalten Stadtansichten von Venedig. Er konnte sich erinnern, dass er solche Gemälde in seiner Jugend in etlichen italienischen Restaurants gesehen hatte, aber das war schon eine ganze Weile her. Auch die rotweiß karierten Tischdecken kamen ihm vor wie aus einer anderen Zeit. Das Einzige, was es im Venetian nicht gab, waren diese zu Kerzenhaltern umfunktionierten und mit einer jahrealten Wachsschicht überzogenen Chiantiflaschen.
»Wir haben geschlossen«, sagte eine Stimme aus dem düsteren Innenraum. Er war nur sehr spärlich beleuchtet, und Lou, der aus der Sonne kam, musste sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Als es so weit war, erkannte er fünf Männer, die an einem runden Tisch voller Espressotassen und überquellender Aschenbecher saßen und Karten spielten.
»Das habe ich mir gedacht«, sagte Lou. »Ich suche Louie Barbera. Man hat mir gesagt, ich könnte ihn hier finden.«
Einen kurzen Augenblick lang saßen alle fünf regungslos da. Schließlich sagte einer, der Lou direkt gegenübersaß: »Wer sind Sie?«
»Detective Lieutenant Lou Soldano vom New York Police Department. Ich bin ein alter Freund von Paulie Cerino.« Lou hatte das Gefühl, als sei bei diesen Worten ein kurzes Zucken durch das Grüppchen gegangen, aber vielleicht hatte er sich das nur eingebildet.
»Den Namen habe ich noch nie gehört«, sagte der Mann.
»Na ja, ist ja auch egal«, erwiderte Lou. »Sind Sie Louie Barbera?«
»Könnte sein.«
»Ich würde mich gerne kurz mit Ihnen unterhalten.«
Louie machte eine knappe Kopfbewegung, und die vier Männer, die bei ihm gesessen hatten, standen auf. Zwei stellten sich an den verlassenen Tresen. Die anderen beiden traten an die dem Tresen gegenüberliegende Wand. Jeder hatte seine Spielkarten mitgenommen. Louie
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