Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
deutete auf den Stuhl, der ihm direkt gegenüberstand, und Lou setzte sich.
»Tut mir leid, dass ich hier so in Ihr Spiel platze«, sagte Lou und betrachtete die einfache Kleidung und den übergewichtigen Körper seines Gegenübers. Er spielte offensichtlich nicht in Vinnie Dominicks Liga.
»Macht nichts. Was wollen Sie von Louie Barbera?«
»Ich möchte ihn etwas fragen.«
»Was denn?«
»Ob es zwischen den Lucias und den Vaccarros mehr als nur die üblichen Meinungsverschiedenheiten gibt.«
»Und warum wollen Sie das wissen?«
»Es geht das Gerücht um, dass es gestern Abend einen Auftragsmord gegeben hat. Na ja, und wenn so etwas passiert und das Opfer zufälligerweise zu einer der beiden Familien gehört, dann kann es ja durchaus sein, dass es zu offenen Feindseligkeiten kommt und das Chaos ausbricht. Wir vom New York Police Department haben gar nichts dagegen, wenn Ihr Profis euch gegenseitig um die Ecke bringt, aber wenn Unschuldige darunter leiden müssen, dann passt uns das gar nicht. Dann müssten wir hier in der Gegend nämlich ein bisschen intensiver nach dem Rechten sehen. Drücke ich mich verständlich aus?«
»Absolut verständlich«, meinte Louie. »Aber von einem Auftragsmord weiß ich nichts.«
»Sind Sie sicher? Ich meine, ich habe dabei wirklich Ihre ureigensten Interessen im Sinn. Für Ihre eigentliche Tätigkeit ist es doch viel besser, wenn der allgemeine Friede gewahrt bleibt. Und für meine auch.«
»Ich bin Restaurantbesitzer. Was meinen Sie mit meiner ›eigentlichen Tätigkeit‹?«
Lou dachte eine Minute lang nach. Er war versucht, dieser Knalltüte, die ihm da gegenübersaß, zu erklären, dass solche Spielchen reine Zeitverschwendung waren, riss sich aber zusammen. Also hustete er in seine geschlossenen Faust und sagte: »Dann lassen Sie es mich so ausdrücken: Sind Sie sicher, dass all Ihre Kellner, Kellnerlehrlinge und Küchenhilfen heute zur Arbeit erschienen sind, insbesondere diejenigen asiatischer Abstammung?«
Louie lehnte sich zurück und rief einem der Männer auf den Barhockern zu: »He, Carlo, sind heute alle zur Arbeit gekommen?«
»Alle da«, sagte Carlo.
»Da hören Sie’s, Lieutenant«, sagte Louie.
Lou stand auf und holte eine Visitenkarte aus der Tasche. Er legte sie auf den Tisch. »Sollten Sie unerwartet doch etwas über diesen Auftragsmord erfahren, dann rufen Sie mich an.« Er ging in Richtung Tür, drehte sich aber nach einigen wenigen Schritten noch einmal um. »Ich habe außerdem gehört, dass Paulie Cerino angeblich auf Bewährung entlassen werden soll. Richten Sie ihm herzliche Grüße aus, wir kennen uns schon eine Ewigkeit.«
»Wird gemacht«, sagte Louie.
Kaum hatte die Tür sich geschlossen, da kehrten die vier Ganoven an den Tisch zurück und nahmen ihre angestammten Plätze ein. Carlo Paparo, ein muskulöser Mann mit großen Ohren und einer Boxernase, saß rechts neben Louie. Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover, ein graues Seidensakko und schwarze Baumwollhosen.
»Kennst du diesen Komiker?«, wollte Carlo wissen.
»Cerino hat mir von ihm erzählt, aber ich habe ihn heute das erste Mal gesehen. Paulie hat einen solchen Hass auf ihn, dass es fast schon wieder Liebe ist. Anscheinend bekriegen sich die beiden schon so lange, dass sie einander mittlerweile richtiggehend respektieren.«
»Jedenfalls hat er ganz schön Eier in der Hose, hier so einfach aufzukreuzen. Von den Bullen in Jersey hätte sich das keiner getraut, ohne Partner und ohne Sondereinsatzkommando vor der Tür.«
Louie stammte aus Bayonne, New Jersey, und war angeheuert worden, um die Geschäfte der Vaccarros in Queens zu führen. In Bayonne hatte er ein vergleichbares, aber kleineres Unternehmen geleitet. Bei seinem Standortwechsel hatte er seine treuesten Untergebenen mitgebracht, darunter Carlo Paparo, der am längsten von allen für ihn arbeitete, Brennan Monaghan, Arthur MacEwan und Ted Polowski. Jeden Dienstag- und Donnerstagnachmittag spielten sie Karten um kleine Centbeträge, es sei denn, sie hatten gerade ein großes Ding am Laufen.
»Habt ihr vielleicht was davon gehört, dass Vinnie Dominick und sein Haufen Arschlöcher jemanden umgelegt haben?«
Allgemeines Kopfschütteln.
»Ich finde, das sollten wir rauskriegen«, sagte Louie. »Der Detective hat recht. Wir wollen keinen Ärger mit irgendwelchen herumschnüffelnden Bullen haben, schon gar nicht mit welchen aus der Innenstadt, und das ausgerechnet jetzt, da wir unsere Geschäfte ausdehnen wollen. Die
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