Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
hindurch, immer auf der Hut, um Miss Hernandez nicht in die Arme zu laufen. Dann betrat er das Hotel und ging, immer noch wachsam, zum Empfang.
»Guten Morgen, Herr Inspektor«, sagte Lakshay. Sumit war gerade im Gespräch mit einem Gast.
»Sie ist noch nicht aufgetaucht?«, wollte Naresh wissen, als könnte der Portier irgendetwas dafür.
»Soweit ich weiß, nein. Ich will kurz meinen Kollegen fragen.« Lakshay tippte Sumit auf den Arm und flüsterte ihm hinter vorgehaltener Hand diskret etwas zu.
»Nein, mein Kollege hat Miss Hernandez heute auch noch nicht gesehen.«
»Fällt Ihnen vielleicht ein Vorwand ein, um sie auf ihrem Zimmer anzurufen?«, sagte Naresh fordernd. »Ich will wissen, ob sie da ist.«
»Da fällt mir keiner ein«, meinte Lakshay.
»Geben Sie mir das Telefon«, herrschte Naresh ihn an. »Wie komme ich zur Vermittlung?«
Sobald er die Vermittlung am Apparat hatte, verlangte er Jennifer Hernandez. Es klingelte nur ein paar Mal, dann meldete sich eine verschlafene Stimme.
»Entschuldigung«, sagte Naresh. »Ich glaube, ich habe mich verwählt.«
»Schon okay«, erwiderte Jennifer und legte auf.
Naresh ebenfalls. Sie lag schlafend in ihrem Zimmer, und er fragte sich, was er jetzt machen sollte.
Sachin Gupta ließ seinen Fahrer, Suresh, zur Personaleinfahrt fahren. Dort gab es ein Tor und ein Pförtnerhäuschen. Sachin ließ das Beifahrerfenster herunter. Der Pförtner war von dem peinlich sauberen schwarzen Mercedes sichtlich beeindruckt.
»Wir haben eine Verabredung mit Bhupen Chaturvedi«, sagte Sachin. »Er arbeitet in der Hausmeisterei. Er hat heute Morgen seine Medizin zu Hause vergessen, und wir sollen sie ihm bringen.«
Der Pförtner klappte die Tür seines Häuschens zu. Sachin sah ihn telefonieren. Wenige Augenblicke später machte er die Tür wieder auf. »Da drüben an der Wand können Sie parken«, sagte er. »Bhupen kommt dann raus auf die Rampe.«
Sachin bedankte sich und wies Suresh an, direkt vor die Rampe fahren. Dort wartete Bhupen bereits auf sie und ließ den Wagen rückwärts in die angrenzende Garage fahren, die für die Hausmeisterei reserviert war. Der Hausausweis, den er in der Hand hielt, landete auf dem Armaturenbrett. Als einer der Vorarbeiter in der Hausmeisterei trug er eine frische dunkelblaue Uniform und dazu eine Art Baseball-Kappe. Er war untersetzt, hatte braune Haut und einen dicken Hals. Sachin und er waren alte Schulfreunde.
»Willst du das wirklich machen?«, erkundigte sich Sachin gerade. »Das Ganze wird einen ziemlichen Wirbel verursachen, und eine offizielle Untersuchung wird es auch geben: Amerikanische Touristin aus Fünf-Sterne-Hotel entführt!«
»Mich interessiert nur, ob du das Geld mitgebracht hast«, sagte Bhupen.
Sachin holte eine ansehnliche Rolle mit Rupienscheinen aus der Tasche und warf sie zu Bhupen hinauf. Dieser steckte sie hastig ein.
»Eigentlich müsstest du doch derjenige sein, der sich Sorgen macht. Mit so einem auffälligen Schlitten hier aufzukreuzen …«, sagte Bhupen.
»In Delhi fahren Tausende von diesen schwarzen E-Klasse-Modellen herum, und die Nummernschilder sind gefälscht. Ach, übrigens, was ist das eigentlich für ein Medikament, das ich dir angeblich bringen sollte?«
»Mein Asthmaspray.«
»Und, wie sieht es mit dem Mädchen aus? Ist sie noch da?«
»Das habe ich gleich nach deinem Anruf überprüft. Sie war auf ihrem Zimmer. Die Sicherungskette war vorgelegt. Wahrscheinlich hat sie der Jetlag erwischt.«
»Das nenne ich Glück. Dann machen wir’s einfach genau wie beim letzten Mal, oder?«
»Ganz genau. Ich habe den Rollwagen mit dem großen Werkzeugfach schon auf dem Stockwerk abgestellt. Ihr Zimmer liegt in der Nähe des Transportaufzugs. Hast du eigenes Klebeband mitgebracht?«
Sachin hielt eine frische Rolle in die Höhe, dazu Vinylhandschuhe, die er an seine beiden Handlanger weitergab. Bhupen hatte seine eigenen dabei.
»Sind wir so weit?«, wollte Bhupen wissen.
»Gehen wir«, sagte Sachin.
Sie nahmen den Transportaufzug. Niemand sagte ein Wort. Eine gewisse angespannte Nervosität hatte sie alle ergriffen. Als sie im neunten Stock ausstiegen, stellten sie fest, dass sie nicht alleine waren. Vor dem Personenaufzug standen vier Hotelgäste, doch bis Sachin und die anderen sich vor Zimmer 912 aufgebaut hatten, waren sie verschwunden. Bhupen hatte auch den Rollwagen aus der Nische neben dem Transportaufzug mitgebracht.
Jetzt überzeugte er sich, dass der Flur leer war, und legte
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