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Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen

Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen

Titel: Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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einen Spaltbreit auf. Es war still im Haus, und der beinahe volle Herbstmond tauchte das Innere in bemerkenswert helles Licht. Lautlos, die Schuhe in der einen und den Kissenbezug in der anderen Hand, schlich Veena vom Gästeflügel mit den Zimmern der Krankenschwestern ins Zentrum des Hauses. Sie hielt sich im Schatten, so gut es ging. Kurz vor dem Wohnzimmer verlangsamte sie ihre Schritte und warf unsicher einen Blick hinein. Sie wusste nur allzu gut, dass man in einem Haus mit sechzehn Bewohnern und fünf Dienstboten jederzeit, ob Tag oder Nacht, jemandem über den Weg laufen konnte.
    Das Wohnzimmer war leer. Bestärkt hastete Veena unhörbar den mit Teppich ausgelegten Flur bis zur Bibliothek entlang. Auch sie war, wie das Wohnzimmer, dunkel und leer. Ohne einen Augenblick Zeit zu verlieren, rannte sie zum Kamin. Sie legte den Kissenbezug und ihre Schuhe auf den Boden und griff nach der indischen Pappmaschee-Schachtel auf dem Kaminsims. Der Deckel saß so fest, dass sie etliche Minuten brauchte, um ihn zumindest so weit anzuheben, dass sie die Fingernägel in den entstehenden Schlitz stecken konnte. Als er dann schließlich aufklappte, entstand ein schmatzendes Geräusch, so laut, dass Veena erstarrte. Sie lauschte ins Haus. Alles blieb ruhig.
    Sie legte den Deckel auf den Kaminsims und griff mit angehaltenem Atem in die Schachtel. Erleichtert spürte sie das übergroße Ding fast sofort und schickte ein spontanes Dankgebet an Vishnu. Dann ließ sie den Schlüssel in ihre Hosentasche gleiten und nahm sich sogar noch die Zeit, den Deckel wieder auf die Schachtel zu stülpen und sie an ihren Platz zurückzustellen.
    Mitsamt den Schuhen und dem Kissenbezug verließ sie die Bibliothek und hetzte wieder durch den Flur, dieses Mal auf dem Weg in den Wintergarten. Genau in diesem Augenblick hörte sie das dumpfe Klappen der Kühlschranktür. Ohne lange zu überlegen, duckte sie sich und erstarrte. Und das war auch gut so. Einen Augenblick später ging Cal mit einem frischen Kingfisher-Bier in der Hand durch den Flur. Direkt an ihr vorbei steuerte er den Gästeflügel an.
    Das war so knapp gewesen, dass Veena in Panik geriet. Sie hatte den Abend über versucht, sich so normal wie möglich zu benehmen, aber sie wusste, dass Cal misstrauisch war. Es hatte sich mehr als einmal erkundigt, ob bei ihr alles in Ordnung sei. Später, nachdem sie zu Bett gegangen war, war er sogar unter irgendeinem fadenscheinigen Vorwand in ihrem Zimmer aufgetaucht. Und jetzt, wo er wieder in diese Richtung ging, musste sie davon ausgehen, dass er sie noch einmal kontrollieren wollte.
    Kaum war er aus ihrem Blickfeld verschwunden, lief Veena los. Jetzt stand sie auch noch unter Zeitdruck. Leise trat sie vom Wintergarten aus in den Garten, zog die Schuhe an und sprintete über den Rasen. Dort, wo die Bäume anfingen, gelangte sie auf die Garagenzufahrt und musste wegen der Dunkelheit ihre Schritte verlangsamen. Wenige Minuten später hatte sie die Garage erreicht.
    Sie schloss die obere Tür auf und ließ sie offen stehen, um das spärliche Mondlicht zu nutzen, das durch die in der nächtlichen Brise raschelnden Blätter fiel. Am unteren Ende der Treppe war es dann fast völlig dunkel. Veena warf einen Blick nach oben, aber mehr als ein Lichtschimmer war nicht zu erkennen.
    Sie klopfte mit dem Schlüssel an die Tür. »Miss Hernandez«, rief sie. »Ich bin’s, Schwester Chandra.« Erst dann nahm sie den Kampf mit dem Türschloss auf. Die Tür schwang auf, und dahinter war nichts als totale Finsternis. »Miss Hernandez«, rief Veena noch einmal. »Ich will Sie hier rausholen. Das ist kein Trick, aber wir müssen uns beeilen. Ich habe Ihnen Kleider und Schuhe mitgebracht.«
    Da spürte sie eine Hand auf ihrer Brust. »Wo sind die Schuhe?«, fragte Jennifer. Trotz Veenas Versprechen war sie misstrauisch.
    »Die Schuhe und die Kleider sind in einem Kissenbezug. Gehen wir nach oben, da haben wir wenigstens ein bisschen Licht durch den Mond.«
    »Okay«, sagte Jennifer.
    Veena ging die Treppe hinauf, dem schwachen, flackernden silbergrauen Schimmer entgegen. Sie konnte Jennifer, die barfuß hinter ihr herkam, kaum hören. Als sie in die kühle Nacht hinaustrat, warf sie einen Blick auf das Haus. »Oh, nein!«, rief sie. Zwischen den Bäumen waren Lichter zu erkennen. Eine Sekunde später hörte sie etwas, das ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Cal brüllte ihren Namen in die Nacht hinaus.
    Da steckte Jennifer den Kopf zum Treppenhaus heraus

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