Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
wirkliche Indiz war. Neben der Tatsache, dass aus ihrem Zimmer überhaupt nichts fehlte.
»Gibt es vielleicht eine Nachricht? Irgendwelche Forderungen?«, erkundigte sich Laurie.
»Nichts«, gestand Neil. »Und das macht mir am meisten Angst.«
»Wurde die Polizei eingeschaltet?«
Neil lachte höhnisch. »Sie wurde eingeschaltet, aber genützt hat es gar nichts.«
»Wieso denn das?«
»Weil sie sich weigern, diesen First Information Report auszufüllen, bevor vierundzwanzig Stunden vergangen sind. Und dieses FIR-Formular muss ausgefüllt werden, bevor die Polizei überhaupt irgendetwas unternimmt. Das ist so was wie eine indische Katze, die sich selbst in den Schwanz beißt.«
»Aber warum wollen sie kein FIR ausfüllen?«
»Hört euch das an: Weil sie schon zu oft und besonders mit Amerikanern die Erfahrung gemacht haben, dass vermisste Personen, egal, ob angeblich entführt oder nicht, früher oder später wieder auftauchen. Und dann war der gesamte Aufwand, der zum Ausfüllen eines FIR erforderlich ist, umsonst. Diese faulen Arschlöcher wollen den Kidnappern vierundzwanzig Stunden Vorsprung lassen, weil ihnen der Papierkram zu anstrengend ist. Das macht mich wahnsinnig!«
»Wie hat denn das Hotel reagiert?«
»Absolut großartig. Die haben sich auch alle über die Polizei aufgeregt und haben ein ganzes Team von Privatdetektiven darauf angesetzt. Außerdem schauen sie sich sämtliche Überwachungsvideos von der Eingangshalle und dem Foyer an.«
»Also, ich kann nur beten, dass sie was entdecken, und zwar bald«, sagte Laurie. »Tut mir leid, dass wir nicht da sind.«
»Mir auch. Ich bin schon ganz krank vor Sorge.«
»Wenigstens haben wir die Urinproben bekommen«, sagte Laurie. »Ich hoffe, Sie sind nicht allzu enttäuscht darüber, dass die Urinproben mich im Augenblick einen feuchten Dreck interessieren.«
»Das kann ich voll und ganz verstehen«, sagte Laurie. »Mir geht es genauso. Ich habe es bloß erwähnt, weil wir so gleich morgen Früh nach Delhi zurückfliegen. Dann können wir gemeinsam versuchen, der Polizei Beine zu machen. Moment Mal, Jack will auch noch was sagen.«
»Hören Sie zu, Neil«, sagte Jack, nachdem Laurie ihm das Telefon überlassen hatte. »Wir müssen morgen unbedingt zusehen, dass wir in die US-Botschaft kommen und uns mit einem der zuständigen Konsularbeamten in Verbindung setzen. Der kann uns dann einen Kontakt zu einem zuständigen Polizeibeamten auf der regionalen Ebene machen. Die wissen, wie man mit den Behörden vor Ort umgeht. Sie haben vermutlich immer nur höchstens mit dem Dienststellenleiter einer Wache gesprochen. Aber wir müssen dafür sorgen, dass das FBI eingeschaltet wird. Solange es keine solche offizielle Einladung gibt, sind dem FBI die Hände gebunden.«
»Wann sind Sie denn wieder hier?«
»Ich habe gerade nachgesehen. Der erste Flug geht um 5.45 Uhr. Wir müssten also schon da sein, wenn Sie aufwachen.«
»Da würde ich nicht drauf wetten. Keine Ahnung, ob ich überhaupt ein Auge zukriege.«
Jack gab Laurie das Handy zurück.
»Den letzten Satz habe ich noch gehört«, erwiderte Laurie. »Sie müssen versuchen zu schlafen. Wir gehen dem Ganzen auf den Grund. Keine Angst.«
Nachdem sie sich verabschiedet hatte, legte sie auf. Sie schaute Jack an. »Das ist ja eine Katastrophe.«
»Ich fürchte, da hast du recht«, meinte Jack zustimmend.
Kapitel 37
Samstag, 20. Oktober 2007
3.00 Uhr
Neu-Delhi, Indien
G egen drei Uhr morgens war es im Bungalow endlich still. Noch vor einer Stunde hatte Veena den Flachbildfernseher im Wohnzimmer gehört, was darauf schließen ließ, dass da jemand nicht schlafen konnte. Aber wer immer es gewesen sein mochte, hatte das Gerät mittlerweile ausgeschaltet und sich in sein beziehungsweise ihr Zimmer zurückgezogen.
Ohne Licht zu machen, tastete Veena nach dem mit Kleidung gefüllten Kissenbezug, den sie, als sie um Mitternacht ins Bett gegangen war, auf ihr Nachttischchen gelegt hatte. Sie nahm ihn in die Hand und schlich dann zur Zimmertür. Zum Glück schlief Samira bei Durell. Auch ihretwegen hatte Veena große Bedenken gehabt, und während der drei Stunden, die sie nun schon wach im Bett lag, hatte sie bei jedem Geräusch befürchtet, dass Samira den Rest der Nacht doch in ihrem eigenen Bett verbringen wollte, das Veenas genau gegenüber stand.
Eine weitere große Sorge war der Schlüssel. Wenn er nicht da war, wo sie ihn vermutete, dann war schon alles vorbei.
Sie machte die Zimmertür
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