Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
einmal war da die Angst vor der mangelhaften Hygiene in diesen Ländern, die die Gefahr einer Wundinfektion oder einer Ansteckung mit den unterschiedlichsten gefürchteten Infektionskrankheiten heraufbeschwor. Dazu kam die naheliegende Frage nach den Fähigkeiten der Chirurgen und des übrigen Personals einschließlich der Krankenschwestern. Dann die Frage nach der Qualität der Krankenhäuser und der Verfügbarkeit der notwendigen Hightech-Geräte. Und schließlich die Frage nach der Erfolgsstatistik der dort durchgeführten Operationen.
Als die vier sich dann mit dem Propagandamaterial der indischen Tourismusbehörde befassten, stellten sie schnell fest, dass darin genau auf diese Themen eingegangen wurde. Also fassten sie folgenden Beschluss: Cals neue Firma sollte Anzeigenkampagnen entwerfen, die dagegen angingen und sich dabei die Ängste der Menschen zunutze machten. Sie waren sich sicher, dass dieser Plan Erfolg haben würde. Anzeigenkampagnen funktionieren immer dann besonders gut, wenn sie bereits existierende Überzeugungen und Vorurteile aufgreifen und vertiefen.
Bedauerlicherweise sahen sie sich, kaum dass sie sich auf eine Strategie verständigt und angefangen hatten, Ideen zu entwickeln, einem schwerwiegenden Problem gegenüber. Ihnen war klar geworden, dass die indische Regierung, die eine Menge Geld und Mühe investierte, um ihren Medizintourismus voranzutreiben, mit Sicherheit aufmerksam würde, falls irgendjemand anfing, in die Gegenrichtung zu arbeiten. Sie würde Nachforschungen einleiten, und die würden unweigerlich eine Menge Probleme nach sich ziehen, falls die Anzeigenkampagne nicht mit Fakten untermauert werden konnte.
So war schnell klar geworden, dass sie echte Daten aus indischen Privatkliniken brauchten, besonders solche, die etwas über Operationsergebnisse, Sterblichkeitsraten und Komplikationen wie zum Beispiel die Infektionsquoten aussagten. Doch solche Daten waren nicht verfügbar. Die vier hatten das Internet durchforstet, medizinische Fachzeitschriften durchgeackert und sich sogar beim indischen Gesundheitsministerium erkundigt. Dort, das hatten sie schnell gemerkt, war man strikt gegen jede Veröffentlichung, ja, man wollte nicht einmal Auskunft darüber geben, ob solche Daten überhaupt existierten. In den Broschüren des Gesundheitsministeriums wurden keinerlei konkrete Zahlen genannt, sondern immer nur behauptet, dass die Ergebnisse genauso gut oder sogar noch besser waren als im Westen.
Nach einer Zeit der Ratlosigkeit hatten die vier erkannt, dass sie eine fünfte Kolonne in eben den indischen Privatkliniken brauchten, die ein Teil der hoch profitablen und wachsenden Medizintourismusindustrie waren. Am besten wären Buchhalter gewesen, doch die Durchführbarkeit dieses Plans erschien ihnen bestenfalls zweifelhaft. Stattdessen stürzten sie sich auf die Idee, Pflegekräfte einzusetzen, hauptsächlich deshalb, weil Santana gewusst hatte, dass es einen weltweiten Handel mit Krankenschwestern und -pflegern gab. Im Westen herrschte ein Mangel, im Osten, besonders auf den Philippinen und in Indien, dagegen ein Überschuss. Es gab viele junge Krankenschwestern, die aus wirtschaftlichen und kulturellen Gründen verzweifelt nach einer Möglichkeit suchten, in die Vereinigten Staaten auszuwandern, sich dabei jedoch erheblichen, fast unüberwindlichen Hindernissen gegenübersahen.
Nach ausgiebigen Recherchen und vielen Diskussionen hatten Cal & Konsorten beschlossen, eine Firma mit dem Titel Nurses International zu gründen und ins Pflegekräftegeschäft einzusteigen. Sie verpflichteten ein Dutzend junge und verletzliche, attraktive, leicht zu beeindruckende, frisch ausgebildete indische Krankenschwestern, bezahlten ihnen ein US-Gehalt und holten sie mit einem Touristenvisum in die Staaten, genauer gesagt nach Kalifornien. Dort erhielten sie einen Monat lang eine spezielle Ausbildung, die aus ihnen ein Team von pflichteifrigen und daher leicht zu manipulierenden Spionen machen sollte. Sie wurden außerdem gezielt und nach allen Regeln der Kunst verwöhnt, um sie möglichst gefügig zu machen und ihren Wunsch nach Emigration noch einmal zu verstärken. Zugleich wurden sie jeden Vormittag in Informatik unterrichtet, um sie gezielt mit verschiedenen Hackertechniken vertraut zu machen. Nachmittags wurden sie jeweils für ein paar Stunden als Krankenschwestern und -pfleger in einer SuperiorCare-Klinik eingesetzt, zum einen, damit sie ihr amerikanisches Englisch verbessern konnten, und
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