Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
Reise gewesen war und ob Jennifer mit ihrem Zimmer und dem Hotel zufrieden und ob die Fahrt hierher angenehm verlaufen sei. Bereits nach diesen wenigen Sätzen war ihr Lächeln weitgehend verschwunden, abgesehen von einigen wenigen, absolut notwendigen Zuckungen an den richtigen Stellen.
Nun setzte Kashmira eine äußerst ernste Miene auf und sprach Jennifer ihr Beileid, das der Ärzte und sogar des gesamten Krankenhauspersonals aus. »Es war ein vollkommen unvorhergesehenes tragisches Ereignis«, fügte sie hinzu.
»Das war es«, sagte Jennifer, musterte die Frau und spürte, wie der Ärger von heute Morgen erneut in ihr hochkochte. Nicht genug damit, dass sie den wichtigsten Menschen in ihrem Leben verloren hatte, man hatte sie außerdem aus einem der vermutlich wichtigsten Kurse ihres gesamten Medizinstudiums gerissen. Ihr war klar, dass ihr bescheuerter Vater wahrscheinlich genauso viel Schuld an dieser ganzen Situation hatte wie alle anderen, aber im Augenblick richtete sich ihre ganze Wut auf das Queen Victoria Hospital im Allgemeinen und Kashmira Varini im Besonderen, zumal Jennifer stark den Eindruck hatte, dass deren Mitleid nicht wirklich von Herzen kam.
»Was meinen Sie«, sagte Kashmira, ohne sich im Geringsten über Jennifers schlechte Verfassung im Klaren zu sein, »wo sollen wir die unangenehmen Dinge besprechen? Wir können ins Café gehen oder in mein Büro. Die Entscheidung liegt ganz bei Ihnen.«
Jennifer ließ sich Zeit, schaute zuerst auf die offene Tür hinter dem Informationsschalter, aus der Kashmira gekommen war, drehte sich anschließend um und musterte das Café hinter der Glasfront. Was letztendlich den Ausschlag gab, war ihre Befürchtung, dass sie ohne Kaffee womöglich wieder einschlafen würde. Als sie Kashmira ihre Entscheidung mitteilte, reagierte die Patientenbetreuerin erfreut. Sie lächelte kurz und dachte, dass Jennifer vermutlich leicht zu beeinflussen war.
Jennifer bekam ihren Kaffee, der praktisch keine Wirkung zeigte, und musste schnell erkennen, dass ihr nichts übrig blieb, als ins Hotel zurückzukehren und sich hinzulegen. Sie rechnete kurz nach und stellte fest, dass es in L.A. jetzt bald Zeit gewesen wäre, ins Bett zu gehen – eine weitere Erklärung für ihren miserablen körperlichen Zustand.
»Mrs Varini«, unterbrach sie ihre Gastgeberin, die gerade über die nicht existierende Leichenhalle der Klinik sprach. »Es tut mir sehr leid, aber ich habe so wenig Schlaf bekommen, dass ich mich wirklich kaum konzentrieren kann. So kann ich mit Sicherheit auch keine wichtigen Entscheidungen treffen. Ich fürchte, ich muss mich noch einmal zurückziehen und mich für ein paar Stunden hinlegen.«
»Bitte entschuldigen Sie, aber wenn überhaupt, dann ist das mein Fehler«, erwiderte Kashmira wenig überzeugend. »Ich hätte Ihnen etwas mehr Zeit lassen sollen. Aber wir können das Ganze abkürzen. Wir benötigen lediglich eine einfache Entscheidung von Ihrer Seite, den Rest erledigen wir. Wir müssen lediglich wissen, ob Sie die Einbalsamierung oder die Einäscherung des Leichnams wünschen. Sie brauchen es nur zu sagen. Wir richten uns nach Ihren Wünschen.«
Jennifer rieb sich die Augen und seufzte hörbar. »Das hätte ich auch von L.A. aus machen können.«
»Das stimmt«, pflichtete Kashmira ihr bei.
Jennifer schlug die Augen auf, blinzelte, bis das Fremdkörpergefühl verschwunden war, und richtete ihren Blick auf die erwartungsvoll dasitzende Mrs Varini. »Okay, ich möchte meine Großmutter sehen. Darum bin ich ja hergekommen.«
»Sind Sie sicher?«
»Aber selbstverständlich bin ich sicher!«, zischte Jennifer, noch bevor sie sich zusammenreißen konnte. Sie hatte eigentlich nicht so unbeherrscht sein wollen. »Sie ist doch hier, oder?«
»Ja, sie ist hier. Ich war mir aber nicht ganz sicher, ob Sie sie wirklich sehen wollen. Es ist ja bereits am Montagabend geschehen.«
»Sie liegt doch in einem Kühlraum, oder etwa nicht?«
»Ja, natürlich. Ich dachte nur, ein junges Mädchen wie Sie möchte vielleicht nicht so gerne …«
»Ich bin sechsundzwanzig und im letzten Jahr meines Medizinstudiums«, fiel ihr Jennifer gereizt ins Wort. »Ich glaube, um meine Empfindlichkeiten brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen.«
»Also gut«, meinte Kashmira. »Dann bringen wir Sie zu Ihrer Großmutter, sobald Sie Ihren Kaffee ausgetrunken haben.«
»Ich habe genug Kaffee intus. Ich fange ja schon an zu zittern.« Jennifer schob die halb volle Kaffeetasse samt
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