Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
festgelegt, was mit dem Leichnam geschehen soll, und jetzt sagt sie, dass sie möglicherweise eine Obduktion durchfuhren lassen will.«
»Warum denn das?«
»Das wissen wir auch nicht genau, abgesehen von ihrer festen Überzeugung, dass das Herz ihrer Großmutter sehr gut in Schuss war.«
»Ich will keine Obduktion«, stellte Ramesh kategorisch klar. »Sie würde uns in keiner Beziehung weiterhelfen. Wenn die Obduktion ohne Ergebnis bleibt, dann würde uns niemand entlasten, weil es ja nichts zu berichten gibt, und falls dabei doch ein Befund herauskommen sollte, den wir eigentlich kennen müssten, dann würde man uns kreuzigen. Nein, es wird keine Obduktion geben.«
»Um die Dinge noch komplizierter zu machen, hat Ms Hernandez anscheinend eine ehemalige Arbeitgeberin der Verstorbenen kontaktiert. Diese ist, genau wie ihr Ehemann, Kriminalpathologin. Sie sind beide bereits auf dem Weg hierher und sollen am Freitag in Delhi ankommen.«
»Du meine Güte«, sagte Ramesh. »Nun, wenn sie einen offiziellen Antrag auf eine Obduktion stellen sollte, dann sorgen Sie dafür, dass er von einem der Beamten bearbeitet wird, mit denen wir regelmäßig zusammenarbeiten.«
»Ich werde mein Bestes tun«, sagte Rajish, »aber ein Mann mit Ihren Beziehungen könnte unter Umständen sogar die Frage stellen, ob wir sie überhaupt hier im Land haben wollen.«
»Da hätte man mich früher warnen müssen. So können wir sie erst am Flughafen aufhalten, und das allein könnte zu einem echten Medienproblem werden, falls irgendjemand einen Zusammenhang zu den Todesfällen aus den CNN-Berichten herstellt. Die Pressefreiheit ist einfach unerträglich, und genau diese Klatsch- und Tratschgeschichten sind ja bei den Medien besonders beliebt.«
»Diese Hernandez stiftet auch noch in anderer Hinsicht Unruhe. Anscheinend hat sie heute Morgen Kontakt zur Ehefrau des verstorbenen Benfatti aufgenommen und sie überredet, die angemessene Beseitigung der Leiche ihres Mannes ebenfalls zu verschieben, so wie sie uns den Zugriff auf ihre tote Großmutter verweigert.«
»Nein!«, rief Ramesh ungläubig aus.
»Ich fürchte, doch. Und das, was die zuständige Patientenbetreuerin mir berichtet, lässt mich langsam, aber sicher zu dem Schluss kommen, dass sie uns absichtlich Ärger bereiten will. Ich fange sogar an zu glauben, dass sie unter Verfolgungswahn leidet und uns zur Verantwortung ziehen will, als hätten wir diese Tragödie absichtlich herbeigeführt.«
»Das reicht«, sagte Ramesh. »Wir dürfen das nicht länger zulassen.«
»Kann ich vielleicht irgendetwas tun, Sahib?«, erkundigte sich Rajish hoffnungsvoll.
»Vielleicht«, entgegnete Ramesh. »Wir können nicht einfach untätig herumsitzen und dieser Frau alle Freiheiten gewähren.«
»Ich bin ganz Ihrer Meinung.«
»Halten Sie mich über jede noch so kleine Entwicklung auf dem Laufenden«, sagte Ramesh.
»Auf jeden Fall«, erwiderte Rajish.
Ramesh legte auf und wandte sich seiner Computertastatur zu. Im Adressbuch entdeckte er die Handynummer von Inspektor Naresh Prasad, dem Leiter einer kleinen geheimen Einheit der Polizei von Neu-Delhi, der sogenannten Industrial Security Unit. Er griff erneut zum Hörer.
Die beiden Männer hatten seit fast sechs Monaten keinen Kontakt mehr gehabt und tauschten daher zunächst einige persönliche Dinge aus, bevor Ramesh auf den Grund seines Anrufs zu sprechen kam. »Wir haben hier in der Behörde für medizinischen Tourismus ein Problem, für dessen Lösung wir Ihre fachmännische Unterstützung brauchen.«
»Ich höre«, sagte Naresh.
»Passt es Ihnen gerade?«
»Könnte kaum besser passen.«
»Es gibt da eine junge Frau namens Jennifer Hernandez. Ihre Großmutter ist am Montagabend im Queen Victoria Hospital an den Folgen eines bedauerlichen Herzinfarktes verstorben. Irgendwie hat CNN von der Geschichte erfahren und sie in einem Beitrag dazu benutzt, unsere Sicherheitsstandards generell in Frage zu stellen.«
»Das ist nicht gut.«
»Und das ist noch untertrieben«, erwiderte Ramesh. Dann schilderte er Naresh das ganze Problem einschließlich der Einzelheiten des zweiten Todesfalls. Anschließend zählte er all die Dinge auf, die Jennifer getan hatte und noch tat und sie zu einer Persona non grata werden ließen. »Diese Angelegenheit wird allmählich zu einer ernsthaften Bedrohung unserer Anzeigenkampagne für den medizinischen Tourismus, und das könnte wiederum bedeuten, dass wir die Ziele, die wir uns gesteckt haben, nicht erreichen
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